Die Geschichte des BFC (BVB Fan Club)
Mit Heft 16 der Stadionzeitung "Borussia aktuell", zum Heimspiel gegen Hansa Rostock, startet der Mehrteiler über die Geschichte der Dortmunder Fanszene im Westfalenstadion. Im 1. Teil erfahrt ihr, wie es 1974 zu der Gründung des BFC - BVB Fan Club kam, der innerhalb kürzester Zeit zur ersten Dortmunder Fanbewegung wurde.
Der BVB, dass Westfalenstadion und seine Fans, eine Erfolgsgeschichte, die in der Bundesliga seines gleichen sucht. Im Jahr 1974 stand der BVB am Abgrund. Man kickte in der 2. Liga (damals Regionalliga Nord) und lebte sprichwörtlich von der Hand im Mund. Manch einer rieb sich nimmer noch verwundert die Augen. Was war nur aus dem stolzen BVB geworden. Gerade einmal acht Jahre war der bis dahin größte Erfolg der Vereingeschichte alt (Europapokalsieger 1966 gegen den FC Liverpool) und nun stand der BVB am Abgrund.
Ein Rückblick
Der BVB stand kurz vor dem Stadionwechsel. Das Westfalenstadion wartete auf seine Einweihung. Das Stadion Rote Erde, Ort der bis dahin größten Erfolge des BVB hat viel vom Glanz der alten Erfolge eingebüßt. Nur selten fanden noch mehr als 5.000 Zuschauer den Weg ins altehrwürdige Stadion. Die jungen Fans standen zu dieser Zeit überwiegend auf der Nordkurve, die älteren BVB Anhänger bevorzugten dagegen die Südkurve, so berichteten Manfred Lücke aus Lünen (Freundeskreis Hostedde) und Peter Grürmann von Borussias ältesten Fanclub, Dröschederfeld (gegründet 1968), einstimmig. Vor allem die jungen Fans nutzen zu dieser Zeit (bei den niedrigen Zuschauerzahlen in Stadion Rote Erde war das möglich) oftmals die Chance, in der Halbzeit die Seiten zu wechseln.
Immer wieder kam es dabei zu Ausschreitungen mit Gästefans. Trauriger Höhepunkt, der 30. Januar 1970. Dieser Spieltag ging als ?schwarzer Tag? in die Geschichte des BVB ein. Borussia verlor nicht nur sein Heimspiel gegen den 1.FC Kaiserslautern mit 0:2, sondern auch viele Sympathien. Dortmunder wüteten zuerst in der Nordkurve und später vor den Gittern der Kabinenzugänge, zerstörten Werbebanden auf der Laufbahn und bedrängten Lauterer Spieler sowie den Schiedsrichter. Die Appelle des Stadionsprechers an die Vernunft dieser Leute blieben ungehört. Der Imageschaden für den Verein war enorm.
Borussia befand sich im freien Fall. In der Saison 71/72 stieg der Europapokalsieger von 1966 aus der 1. Bundesliga ab. Für viele Dortmunder ging eine Welt unter. Was folgte war der graue Regionalligaalltag. Der BVB war zu diesem Zeitpunkt sportlich und finanziell am Boden. Wäre damals nicht das Westfalenstadion gebaut worden, der BVB hätte wohl einen ähnlichen Weg genommen wie Rot Weiß Essen. Anfang 1974 stand der BVB kurz vor dem Konkurs. Heinz Günther hatte das Amt des Vereinspräsidenten übernommen und holte Trainer Otto Knefler zum BVB.
Eine Idee wurde geboren
Im Februar 1974 nahm ein gewisser Jürgen Sonntag, als einer von fünf Gewinnern des BVB-Fußball-Quiz "Wer ist Borussen Kenner?" der Stadionzeitung Borussen Echo, an einem Prominententreffen mit Horst Betram teil.
Dieser Jürgen Sonntag, der mit richtigen Namen eigentlich Peter Noisten (das "Borussen Echo" hatten einen falschen Namen notiert) heißt, war damals ein 18 jähriger Abiturient aus Dortmund-Holzwickede. Bei der gemütlichen Plauderei mit Bertram und den anderen Anwesenden kam man auch auf die Fans des BVB zu sprechen, die in den Monaten davor dem Verein viel Sorgen bereitet hatten. Man war sich schnell einig, dass sich die Ausschreitungen am ehesten vermeiden ließen, wenn die Fans in Ihren Reihen selbst für Ruhe sorgen würden.
Peter Noisten, der jedes Heim- und Auswärtsspiel des BVB begleitete, war sofort von der Idee, einen BVB Fan Club zu gründen, begeistert.
Wenige Tage später meldete sich Noisten bei der Redaktion des "Borussen Echo" und teilte dort mit, dass er bereits 30 junge BVB Anhänger für den Fan Club gewinnen konnte. Der BVB Fan Club, kurz BFC genannt, war geboren.
Die Erfolgsgeschichte des BFC beginnt
Borussia brauchte 1974 nicht nur Unterstützung auf den Rängen sonder konnte jede Mark zusätzlich dringend gebrauchen. Deshalb kam man beim BVB Fan Club auf die Idee die vielen jungen Fans als Vereinsmitglieder zu integrieren und durch die Mitgliedsbeiträge die Einnahmen des Vereins zu erhöhen.
Zusammen mit Rudolf Herget, Peter Wendel, Wilfried Heimann, Friedrich-Wilhelm Becker, Heinz-Werner Bracht, Werner Stuck u.a. machte sich Peter Noisten daran, neue Mitglieder für den BFC zu gewinnen. Bei dem Aufbau des BFC hatten sich die Macher an anderen Clubs orientiert und konstituiert.
Nur eins war anders: Wer Mitglied im BVB Fan Club werden wollte, musste Vereinsmitglied beim BVB werden, so einfach und wirkungsvoll war die Idee. Schon nach kurzer Zeit konnte der BVB 2000 DM Mehreinahmen verbuchen.
Überzeugungsarbeit an der Basis
Noisten hielt den Kontakt zu den Vorstandsmitgliedern des BVB. Anfangs hatte der BFC schwer mit dem Vorstand zu kämpfen. Man beobachtete die Entwicklung skeptisch. Doch die jungen Fans zeigten sich unbeeindruckt und verfolgten Ihre Ziele konsequent. Vor allem durch die Umsetzung auf den eigenen Rängen für Ruhe zu sorgen (nur noch kleine Ausschreitungen, keine Feuerwerkskörper und andere Wurfgegenstände mehr auf dem Platz), sorgte mit der Zeit für immer mehr Anerkennung und Vertrauen beim Vorstand.
In einem Gespräch mit dem Verein überzeugte der BFC die Verantwortlichen des BVB, den Fans etwas Gutes zukommen zu lassen (verbilligte Fahrten zu den Auswärtsspielen). Der Vorstand stimmte zu und es folgten Verhandlungen mit der Dortmunder Stiftsbrauerei. Der damalige Werbeleiter, Friedhelm Cramer, unterstützt die Aktivitäten und stellte Busse für verbilligte Fahrten zur Verfügung. Die Gemeinnützigkeit des BFC wurde dann mit einer großen Tombola zugunsten der Kinderferienparty unter Beweis gestellt. Es folgte später noch eine Posteraktion und für die Mitglieder des Fan-Club gab es T-Shirts mit dem BVB Emblem.
Der BFC wächst in rasender Geschwindigkeit
Im März 1975 gründete man Arbeitskreise, die sich mir den Themen Mitglieder Werbung, Stammtische, Spielstube (späterer Kinderhort), Behindertenplätze im Stadion und deren Betreuung, Busfahrten und vieles mehr beschäftigten. So wurden z.B. später auch Freikarten und Auswärtsfahrten für Waisenkinder gestellt. Einige der Ideen haben heute noch Bestand im Westfalenstadion. Der vom BFC gegründete Kinderhort (eine Idee von Paul Fabian) ist heue noch ein gern genutzter Service, der Vätern und Müttern die Chance gibt, Heimspiele live zu erleben, da sie sonst wegen der Kinder nicht ins Stadion könnten.
Ein weiterer Arbeitskreis mit dem Thema: Ordnung im Stadion sorgt für Ruhe auf den Rängen. Peter ?Erbse? Erdmann, Sohn von ehemaligen BVB Spieler Werner Erdmann (1931-1950), war dort sehr aktiv und ist noch heute einer der bekanntesten Fans des BVB.
Der BFC hielt engen Kontakt zu Vorstand, Trainer und Spielern. Vor allem der Trainer und die Spieler nahmen in regelmäßigen Abständen an den Stammtischen teil um sich mit den Fans auszutauschen. Der BFC beschränkte sich nicht nur auf die Gewinnung neuer Mitglieder im Dortmunder Umfeld. Auch außerhalb des Ruhrgebiets schlossen sich BVB Fans dem BFC an. In Berlin, Hamburg, Trier, in Reuthe/Busching (Allgäu), in der ganzen Bundesrepublik (später gründeten sich sogar Fan Clubs im Ausland) bildeten sich Stammtische und gewannen weitere Mitglieder.
Bereits sechs Monate nach seinem Start zählt der BVB Fan Club rund 200 Mitglieder und es sollten noch viel mehr werden.
Die Geschichte der BVB Fanszene im Westfalenstadion
Die Geschichte der BVB Fanszene im Westfalenstadion (Teil 2)
Geschrieben von
wade