Die Geschichte der BVB Fanszene im Westfalenstadion (Teil 2)
Lest im 2.Teil der Fangeschichte, wie es mit dem BFC - BVB Fan Club weiterging, als der BVB 1976 wieder ganz oben war. In der Dortmunder Fanszene gab es durch den BFC eine Entwicklung, die man bis heute noch als einzigartig und vorbildlich bezeichnen darf.
Viele sprachen Mitte der 70er Jahre von dem Wunder in Dortmund und meinten damit wohl auch die treuen BVB Fans, die in Scharen unterwegs waren um ihren BVB den Rücken zu stärken. Der 1974 noch hoch verschuldete BVB war aufgestiegen und konnte sich aufgrund der unglaublichen Zuschauerzahlen im Westfalenstadion (Schnitt Saison 76/77 42.400) wieder aus dem Vollen schöpfen. Nach seiner Gründung 1974 hatte der BFC hervorragende Arbeit an der Fanbasis geleistet. Die Arbeit in den Arbeitskreisen und Stammtischen des BVB Fan Club trug weiter Früchte. War der BVB anfangs stolz drauf, dass Dortmund den ersten Fan-Club mit vielen guten Ideen hatte, so änderte sich das Ende 1976 schlagartig.
Anfangs erschienen Artikel über den BFC in der Stadionzeitung „Borussen Echo“, die im Juni 1976 von der monatlichen Mitgliedeszeitung „BFC-aktuell“ abgelöst wurde. Während dieser Zeit kam es zu ersten Unstimmigkeit mit dem Präsidenten Heinz Günther. Der damalige Dortmunder Vereinsboss hatte den, bei den Fans sehr beliebten, Trainer Otto Knefler („Ooootto, lass die Löwen los…!“ forderten die BVB-Fans mit diesem Schlachtruf von Trainer Knefler vor jedem Spiel) unter dubiosen Umständen gefeuert. Knefler, der eine neue Mannschaft aufgebaut hatte und mit ihr kurz vor der Rückkehr in das Fußballoberhaus stand, hatte sich gegen die Einmischung des Präsidenten in die sportlichen Belange zur Wehr gesetzt. Günther, wenig kritikfähig, setzte den erfolgreichen Trainer Anfang 1976 vor die Tür und holte Horst Buhtz. Doch auch Buhtz blieb nicht lange im Amt, ihm folgte im Juni 1976, als dritter Trainer in der Saison 75/76, Otto Rehagel (Otto II). Rehagel machte mit zwei Siegen in den beiden Entscheidungsspielen gegen den 1.FC Nürnberg den Wiederaufstieg klar und ging somit als Aufstiegstrainer in die Geschichtsbücher des BVB ein. Die Fans jedoch wussten, wem sie den Aufstieg zu verdanken hatten und es machte sich erstmals Kritik unter ihnen in Richtung Vorstand breit.
Die Wogen glätteten sich wieder etwas, der Erfolg unter Trainer Rehagel verdrängte die ersten dunklen Wolken am Fanhimmel. Doch der Vorstand beobachtet nun den BVB Fan Club misstrauisch. Immerhin war aus einer potentiellen Randalierergruppe ein Machtfaktor beim BVB geworden. Mitte 1976 hatte der BFC schon ca. 700 Mitglieder. Die deutschen Medien beschäftigen sich ausführlich mit der Fanbewegung. Der WDR widmete dem Projekt eine eigene Sendung: „Das friedliche Stadion“. Der Kicker schrieb: „Die Fan-Clubs, die Frieden wollen“ und weitere Artikel in diversen Zeitungen begleiten die Arbeit des BFC positiv. Sogar Fanlieder wurden vertont. Der „BVB Walzer“ wurde Mitte 1976 von „Erbse“ Erdmann gesungen und auf Platte gepresst. Alles hatte, bis zum Dezember 1976, den Anschein als würde diese Erfolgsgeschichte immer noch um ein Kapitel reicher werden.
Dann kam der 13. Dezember 1976. An diesem Tag fand die Jahreshauptversammlung des BVB statt. Der BVB-Vorstand hatte mittlerweile erkannt, was für eine Macht innerhalb des Vereins herangewachsen war. Der anfänglichen Idee, aus den Mitgliedern des BFC auch gleichzeitig Mitglieder beim BVB zu machen, stellte sich als schwer kalkulierbares Risiko für den Vorstand heraus. Im Dezember 1976 war die Mitgliederzahl beim Fan Club auf über 900 angestiegen und somit war der BFC, zumindest theoretisch, in der Lage bei der Bestellung des Vorstandes ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Bei der Jahreshauptversammlung, die aufgrund der gestiegen Mitgliederzahl erstmals in der Halle II am Rheinlanddamm stattfinden musste, sah sich der Vorstand plötzlich in der Kritik. In einer hektischen Versammlung warfen BFC Mitglieder dem Vorstand vor, neun Millionen Jahresumsatz verschwendet zu haben. Auch die Trainerwechsel in der Saison 75/76 wurden von den Fans heftig kritisiert.
Präsident Günther und andere Vorstandsmitglieder sahen in dieser Kritik Vereinsschädigendes Verhalten und fühlten sich in ihrer Meinung, der BFC sei ein „Verein im Verein“ endgültig bestätigt. Der BVB-Vorstand handelte. Das Ziel: Der BFC durfte in dieser Form nicht weiter bestehen. Im Januar 1977, der Fan Club hatte gerade sein neues Büro in Dortmunder Stadtteil Hörde bezogen, begann eine unwürdige Schlammschlacht gegen die Gründer, speziell Peter Noisten, des BVB Fan Clubs.
Als Medium diente dem Verein die Vereins- und Stadionzeitung. Aus den monatlichen Mitteilungsblättern „BFC-aktuell“ wurde die „BVB-Aktuell“, die kurz darauf zur offiziellen Vereins- und Stadionzeitung „BVB-Report“ wurde. Bereits in der Januarausgabe der „BVB Aktuell“ begann man gezielt gegen die Macher des BFC zu schreiben. Es wurde über angebliche Unzufriedenheit der Stammtische berichtet. Dabei zielte der BVB-Vorstand mit seiner Meinungsmache besonders auf die Außenbezirk-„Stammtische“, die sich vor Ort kein eigenes Bild machen konnten. Die Vorwürfe: Die Macher würden selbstherrlich und unkritisch den Fan Club führen und sich immer mehr den Unmut der Fans zuziehen. Man empfahl den Gründern des BFC sich aus der aktiven Arbeit zurückzuziehen, um nicht sich, dem BVB und dem Fan Club noch größeren Schaden zuzufügen. Der BVB-Vorstand forcierte eine Umstrukturierung des BFC, mit dem Ziel kleinere Fanclubs aus einem großen zu machen.
Sicher hatte der BFC nicht nur Führsprecher in den eigenen Reihen. Einige Fangruppen hatten mittlerweile schon eigene Fanclubs gegründet und standen dem BFC ehr kritisch gegenüber, wie zum Beispiel die Schwarz Gelben Adler. Peter Noisten und andere brachten im Januar 1977 die „BFC-aktuell“ in eigener Regie heraus. Ein weiterer Dorn im Auge des BVB-Vorstandes. Im April 1977 wurde dem BFC, in Person von Peter Noisten, in der Stadionzeitung vorgeworfen, mit den Einnahmen der „BFC-aktuell“ die eigene Geschäftsstelle in Hörde zu finanzieren, anstatt wie angegeben die Einnahmen für den Kinderhort, Schwerbeschädigten-Transport oder Busfahrten zu verwenden. Eine Behauptung, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Der BVB warf Peter Noisten aus dem Verein und untersagte dem BFC sich weiterhin BVB Fan Club zu nennen und das Emblem des BVB zu nutzen. Noisten wurde zur Zielscheibe der vorstandstreuen Fans und zog sich enttäuscht und entnervt zurück.
Die Meinungen im Verein über die weitere Vorgehensweise im Bezug auf Fanclubs waren sehr unterschiedlich. Während BFC Mitglieder wie „Erbse“ Erdmann, wegen ihres hohen Bekanntheitsgrads in der Fanszene, weiter eingebunden blieben, orientierten sich andere Mitglieder der ersten Stunde, wie Peter Wendel, neu. Zusammen mit Peter Hagemann, Dirk Franke, u.a. startete man im Dezember 1977 das „Dortmunder Modell“. Hagemann und Co. gründeten die Interessengemeinschaft BVB Fans Dortmund, die einen Gestattungsvertrag mit dem Verein abschlossen, der regelte, welche Tätigkeiten der Verein der IG gewährte.
Der BFC verlor weiter an Bedeutung. Viele Stammtische gründeten eigene Fanclubs. Im Herbst 1978 wurde auch „Erbse“ Erdmann vom BVB aus dem Verein geworfen, nachdem er zusammen mit Edeltraud Schipper u.a. versucht hatte über eine neue Mitgliederzeitung, dem „BFC-Report“ Stimmung gegen Präsident Günther zu machen.
Den 1. Teil findet ihr hier!
Die Geschichte des BFC (BVB Fan Club)
Geschrieben von
wade