Wenn der Block brennt
Der Tag ist gekommen. Es klingt noch etwas surreal und so recht mag ich es kaum glauben, aber morgen ist es soweit: Wir stehen wieder gemeinsam im Block.
Wir singen wieder gemeinsam unsere Lieder. Wir verzweifeln wieder gemeinsam an schlecht ausgespielten Konterchancen. Wir fallen uns wieder gemeinsam in die Arme, wenn der Ball endlich die Linie überwindet. Wir schreien es wieder gemeinsam raus, auf dass die ganze Welt uns hört!
Auf den Rängen
Wenn der BVB morgen zum Heimspiel antritt, ist es 763 Tage her, dass das Westfalenstadion für 81.365 Zuschauerinnen und Zuschauer die Tore öffnete. Der Blick richtet sich am Samstag also vor allem auf die Ränge. Die aktive Fanszene wird die Rückkehr zur Vollauslastung bereits vor Spielbeginn mit einem Fanmarsch Richtung Stadion zelebrieren. Wichtig für alle, die dabei sein wollen: Der Treffpunkt hat sich geändert! Um 15:30 Uhr geht’s am Westpark / Möllerbrücke los.
Viele werden einfach da weitermachen, wo sie 2020 aufgehört haben, andere müssen sich auf neue Anfahrten einstellen. Die durchaus wichtigen Sonderzüge von abellio wird es nicht mehr geben, diese fuhren von Duisburg über Essen und Bochum bis zum Stadion durch. Eine Alternative für diese Ruhrgebietsstrecke bspw. seitens der Deutschen Bahn scheint nicht eingeplant zu sein.
Wenn der Anpfiff dann näher rückt, sich die Südtribüne so langsam füllt, dann kehrt auch das Kribbeln wieder zurück. In den letzten Jahren hat sich einiges verändert: Die Zwangspause hat die Entfremdung vom Profifußball weiter vorangekurbelt und viele Fans haben festgestellt, dass ein Leben ohne Fußball sehr wohl möglich ist und durchaus auch sinnvoll sein kann. Und dennoch möchte ich zumindest für diesen einen Samstag all die negativen Begleiterscheinungen ausblenden. Klar, zu 100 % wird es nicht möglich sein, denn Leipzig lässt sich nun mal nicht wegbeamen und den VAR kann man von der Tribüne leider auch nicht verhindern. Aber ich möchte für diese 90 Minuten nicht daran denken, was alles den Fußball kaputt macht. Für 90 Minuten möchte ich daran erinnert werden, was den Fußball ausmacht: die Fans, der Verein, die Emotionen. Ich möchte einfach nur mit meinen Freunden im Block stehen, meine Mannschaft anfeuern, die Gänsehaut spüren und gemeinsam eskalieren. Genau das, wonach wir uns seit 763 Tagen sehnen.
Auf dem Trikot
Zur Feier des Tages läuft der BVB zudem mit einem Sondertrikot auf, das die Fanclubs ehren soll. Grundsätzlich natürlich erstmal eine schöne Idee, auch auf dem Trikot sichtbar eine Bindung zu den Fans zu schaffen. Für meinen Geschmack wirkt das Ganze dann aber doch etwas unkreativ und ja – geradezu lieblos. Da hätte man sich durchaus mehr einfallen lassen dürfen, als die Namen der 987 Fanclubs derart deplatziert unter das Sponsoren-Logo zu hauen. Manch einem mag dieses Design vielleicht ja sogar gefallen. Mindestens ein fader Beigeschmack bleibt jedoch, wenn man bedenkt, dass der BVB auf diesem Wege noch versucht, (unattraktive) Restbestände des Heimtrikots zum Saisonende loszuwerden – natürlich auch weiterhin zu einem stolzen Preis von 64,99 € und inklusive Personalisierung bis zu 84,99 €.
Auf dem Rasen
Sportlich handelt es sich nicht nur aufgrund der Anstoßzeit um ein Topspiel: Sowohl der Ballspielverein aus Dortmund als auch das Marketingkonstrukt aus Leipzig qualifizieren sich regelmäßig für die Champions League. Dass dieses Spiel (außerhalb der 90 Minuten) dennoch keinen großen Spannungsbogen bietet, liegt daran, dass der BVB den Leipzigern bereits 12 Punkte enteilt ist – und das, obwohl nur zwei Plätze die beiden Teams in der Tabelle trennen. Natürlich gibt es dennoch genug Anreiz für die Borussia, alles in die Waagschale zu werfen:
In einer Saison, in der man sich nicht gerade in die Herzen der Fans gespielt hat, kann man die Rückkehr eben dieser mit einem ansprechenden Sieg über einen gehassten Gegner feiern. Gegen Leipzig zu verlieren ist nie eine Option. Es wäre nicht nur Balsam für die Seele vieler Schwarzgelber. Gleichzeitig würde man RaBa wichtige Punkte nehmen, auf die diese durchaus angewiesen sind. Denn im Gegensatz zum BVB kann man in Leipzig nicht auf ein sicheres Punktepolster zurückblicken. Freiburg (45, punktgleich) und Hoffenheim (44) befinden sich in Lauerstellung.