Eine Reise gegen das Vergessen
Es ist der 1. März 1943, noch früh am Morgen, als ein Güterzug den Dortmunder Südbahnhof verlässt. Sein Ziel liegt in Polen, es ist das Konzentrationslager Auschwitz. In einem der Viehwagen sind der 17-jährige Jude Hans Frankenthal und seine Familie eingepfercht. Wie viele andere Millionen Menschen werden sie von den Nazis in die osteuropäischen Konzentrationslager deportiert und müssen dort unter unmenschlichen Bedingungen leben. Als einer der wenigen überlebt Hans Frankenthal den Holocaust. 70 Jahre später machen wir uns gemeinsam mit rund 40 anderen Borussen auf den Weg nach Oswiecim, wo die Nazis im Zweiten Weltkrieg das Zentrum der europäischen Judenvernichtung errichteten.
Oswiecim, so lautet der Name der Kleinstadt, die viele nur als „Auschwitz" kennen. Die Bewohner Oswiecims verwenden „Auschwitz" allerdings nur noch, wenn sie von den Konzentrationslagern sprechen. Dem möchten wir uns anschließen.
Die diesjährige Fahrt wurde von den Fanbeauftragten, dem Fanprojekt, der Fanabteilung, Mitgliedern der Ultras-Gruppierung „The Unity" sowie der BVB-Stiftung „leuchte auf" organisiert. Schon zum dritten Mal haben der BVB und seine Fans auf diese Art ein deutliches Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und die Verfolgung und Unterdrückung von Minderheiten gesetzt. Es ist eine bunte Mischung junger, interessierter BVB-Fans, die sich aus Ultras, nicht organisierten Fans, Fanclubmitgliedern sowie Mitgliedern der Young Generation des Fanprojekts zusammensetzt. Wir setzten uns in drei Etappen intensiv mit dem organisierten Massenmord der Nationalsozialisten im Dritten Reich auseinander und versuchten, dieses dunkle Kapitel der Geschichte zu ergründen.
Auschwitz I, das Stammlager: Kälte, Krankheiten und Strafen
1940 wurde aus einer ehemaligen Militärkaserne das Konzentrationslager Auschwitz, dieser Teil ist heute als das Stammlager oder Auschwitz I bekannt. Durch die spätere Erweiterung um das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und das Arbeitslager Auschwitz-Monowitz entwickelte sich ein riesiger Lagerkomplex, in dem zwischen 1940 und 1945 mehr als 1,1 Millionen Menschen ermordet wurden.
Bereits recht früh nach unserer Ankunft in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte, die uns vier Tage lang Unterkunft und Raum für Seminare und Austausch bietet, machen wir uns zu Fuß auf den Weg ins nahe Stammlager. Mit einer Gänsehaut gehen wir durch das berühmte Lagertor mit der zynischen Aufschrift „Arbeit macht frei" und das flaue Gefühl im Magen vermittelt das Bewusstsein, einen geschichtsträchtigen Ort zu betreten. Wir folgen der Lagerstraße und befinden uns inmitten zahlreicher zweistöckiger Steinbaracken, die in drei Reihen den Kern des Lagers bilden. Die Baracken sind gut erhalten und beinhalten heute viele verschiedene Ausstellungen, welche die schrecklichen Lebensumstände im Lager, die Grausamkeiten und einige Hintergründe zeigen. Uns wird dabei aber schnell klar, dass es uns nicht möglich sein wird, zu verstehen, wie man anderen Menschen solches Leid antun kann.
"Der einzige Weg hieraus führt durch den Schornstein des Krematoriums." Mit diesen Worten wurden die Neuankömmlinge im Lager begrüßt. Ihre Bedeutung bekamen die Häftlinge schnell am eigenen Leib zu spüren. In verschiedenen Arbeitskommandos mussten sie bis zu zwölf Stunden pro Tag und unter Aufsicht brutaler Kapos schuften. Sie wurden von den Nazis unter anderem dazu ausgenutzt, den Lagerkomplex zu erweitern. Nachts hausten sie in den unisolierten, stets überbelegten Baracken, ohne Schutz vor Kälte und Krankheiten. Die SS regierte das Lager mit drastischen Strafen und ließ kaum eine Gelegenheit aus, ihre Macht gegenüber den Gefangenen zu demonstrieren. So versuchten nicht wenige der Insassen, ihrer Lage durch Suizid zu entfliehen. Doch wen die Wachen dabei erwischten, der wurde von ihnen nicht etwa in Frieden gelassen, sondern zur Strafe gefoltert. Die Botschaft, die dahinter steckte: „Du bist unser Besitz und dein (Ab-)Leben liegt allein in unseren Händen." Ein sadistisches Machtspiel.
Im Stammlager selbst befand sich eine Gaskammer, in der bald die ersten Tests mit dem Gas „Zyklon B" an Menschen durchgeführt wurden. Auf Basis dieser Versuche realisierten die Nationalsozialisten später in Birkenau die unfassbare Massenvernichtung von Männern, Frauen und Kindern. Die meisten von ihnen waren Juden.
Den Nazis gelang es, das Lager mit einem vergleichsweise geringen Verwaltungsaufwand zu führen. Dank eines Systems, mit dem sie die Häftlinge gegeneinander ausspielten. Bewusst schufen sie eine Lagerhierarchie, in der sie – ganz im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie – manche Gefangene höher stellten als andere und ihnen Privilegien zur Kontrolle und Bestrafung der Mithäftlinge verliehen. Außerdem gab es im Lager stets viel zu kleine Nahrungsrationen. Wer überleben wollte, musste die anderen Mithäftlinge bestehlen.
Bedrückt, aber nicht ohne Hoffnung
Besonders beeindruckt uns die neu eröffnete israelische Ausstellung zur Shoah (hebräisch für Holocaust) in Baracke 27. In nur wenigen, sehr schlicht gestalteten Räumen schafft sie es, uns tief zu bewegen. Nachdem uns viele Videos und Fotos zuerst das noch unbeschwerte jüdische Leben in vor dem Holocaust in Europa vermitteln, trifft uns später die Wucht der Bilder und Tondokumente, die den Antisemitismus und Rassenhass dokumentieren, beinahe unvorbereitet und umso heftiger. Unvorstellbar erscheint es uns, wie es den Nationalsozialisten möglich sein konnte, durch ihre perfide und menschenverachtende Ideologie große Teile des deutschen Volkes gegen Juden und andere Minderheiten aufzuwiegeln.
Während die nackten Opferzahlen weiterhin schwer greifbar bleiben, sind es in der Ausstellung Videos von Zeitzeugeninterviews, die dem unvorstellbaren Leiden ein Gesicht geben und uns ein ums andere Mal schwer schlucken lassen. Kinderzeichnungen aus den Kinderbaracken im Lager, die in einem ansonsten vollständig weiß getünchten Raum rekonstruiert wurden, machen uns aufs Neue bewusst, dass die Nazis auch vor Kindern keinen Halt machten. Die Ausstellung schließt mit dem „Buch der Namen", einem riesigen und beeindruckenden Buch, in dem alle Opfer der Shoah verzeichnet sind. Außerdem finden wir dort eine Galerie mit Bildern von Überlebenden, die nie die Hoffnung aufgegeben und Jahre später ins Leben zurück gefunden haben. Hier schließt sich der Kreis der Ausstellung und wir verlassen die Baracke bedrückt, aber nicht ohne Hoffnung.
Auschwitz II (Birkenau): Ein Ort, der für sich selbst spricht
Bestimmt habt ihr schon einmal das berühmte Schwarz-Weiß-Foto gesehen, das die Schienen und den Eingangsbereich des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zeigt. Ein merkwürdiges Gefühl, dieses Bild mit eigenen Augen zu sehen. Schon beim Betreten werden wir durch die unglaubliche Größe – Birkenau erstreckt sich über 175 Hektar – erschlagen. Auch während unseres viereinhalbstündigen Rundgangs durch das Lager sind die Ausmaße nur schwer zu fassen. Anders als im fast komplett erhaltenen Stammlager Auschwitz I stehen hier nur noch wenige der Häftlingsbaracken und hauptsächlich Ruinen. Birkenau ist kein Museum mit Erklärungen und Tafeln, sondern ein Ort, der für sich selbst spricht.
Das Vernichtungslager war einer der wichtigsten Bausteine für die „Endlösung der Judenfrage", mit der die Nazis die komplette Vernichtung aller jüdischen Menschen erreichen wollten. Sechs Millionen von ihnen töteten sie während des Holocausts, ungefähr eine Million davon in Auschwitz-Birkenau. Mit der Zeit entstand hier, wie auch in vielen anderen Vernichtungslagern in Osteuropa, ein mörderisches System: Teilweise waren die Menschen zwei Wochen unter unwürdigen Bedingungen mit bis zu 3000 anderen Menschen im Güterzug unterwegs. Die neu angekommenen Häftlinge mussten sich dann einer Selektion unterziehen. Nach ihrer Ankunft entschieden SS-Ärzte nach dem äußeren Erscheinungsbild, oft aber auch scheinbar wahllos, über die Arbeitsfähigkeit einer jeden Person.
Bis zu 80 Prozent der neu angekommenen Menschen, darunter vor allem Alte, Frauen und Kinder, sortierten die Nazis bereits hier aus und schickten die Unwissenden in den grausamen Tod. Die Häftlinge, denen vorgemacht wurde, sie würden geduscht, mussten sich vollständig entkleiden und wurden in die mit Duschattrappen ausgestatteten Gaskammern geschickt, wo sie durch das Gas „Zyklon B" einen qualvollen Tod erlitten. Die ersten dieser Vernichtungsaktionen wurden im März 1942 durchgeführt, die größten ab Sommer 1944.
Für diese Prozedur, die anfangs außerhalb des Lagers und ab 1944 an der sogenannten „Rampe" in Auschwitz-Birkenau selbst durchgeführt wurde, finden wir bis heute keine angemessenen Worte. Während unser Guide uns von den verschiedensten Schicksalen berichtet, scheint uns die warme Sonne ins Gesicht und wir können nur schwer begreifen, dass wir uns tatsächlich genau an dem Ort befinden, an dem einst so viele Menschen dieses Leid erleben mussten.
Gemeinsames Gedenken: ein bewegender Moment
Kaum zu ermessen ist das Leid der Häftlinge, die in den sogenannten Sonderkommandos arbeiten mussten. Sie waren es, die durch ihre Arbeit in den Gaskammern und Krematorien direkt bei der Vernichtung ihres Volkes von den Nazis zur Mithilfe gezwungen wurden. Den wenigen Überlebenden der Sonderkommandos verdanken wir unser heutiges Wissen über die breit angelegten Vernichtungsaktionen. Die SS versuchte kurz vor der Befreiung des Lagers im Januar 1945, die Spuren zu verwischen und sprengte die Gaskammern.
Wer bei den oben geschilderten Selektionen nicht aussortiert, sondern ins Lager überführt wurde, hatte aber keineswegs bessere Überlebenschancen. Sie, so der Wille der Nazis, sollten sich eben zu Tode arbeiten. Die Lebensbedingungen waren ebenso schlecht wie im Stammlager. An Körperhygiene war in den viel zu kleinen Holzbaracken nicht zu denken, viele starben durch Krankheiten, Hunger oder Strafen der Aufseher.
Auch wenn diese Fakten für uns nicht neu sind, wird uns hier vor Ort in Auschwitz-Birkenau doch erst das Ausmaß der verübten Verbrechen bewusst. Die schon angesprochene, beinahe nicht greifbare Größe des Lagers und die vor Ort erkennbare Systematik und Logistik, die hinter dem Massenmord stecken, bedrücken uns sehr. Wir hören unserem Guide gebannt zu, der einen, so scheint es, unerschöpflichen Wissensfundus besitzt und uns den Lageralltag und die Vernichtungsmaschinerie erläutert.
Zwischen den beiden größten Krematorien, am Mahnmal der Gedenkstätte, erleben wir später einen äußerst bewegenden Moment. Wir legen gemeinsam Blumen und einen schwarz-gelben Schal zum Gedenken an die Opfer nieder und halten für ein paar Momente inne. Jeder für sich. An dem Ort, der, so sagt eine schlichte Gedenktafel, „allzeit ein Aufschrei der Verzweiflung und der Mahnung an die Menschheit sei".
Am Abend lassen wir den Tag gemeinsam Revue passieren. Manche unterhalten sich noch länger über das Gesehene und Gehörte, andere wollen bei einem Bierchen einfach abschalten. Am nächsten Tag steht schließlich der nächste Teil unserer Spurensuche auf dem Programm.
Auschwitz III (Monowitz): Sklaventreiberei im 20. Jahrhundert
Eingangs haben wir euch von Hans Frankenthal erzählt, der aus Dortmund nach Auschwitz deportiert wurde. Er kam nach langer Fahrt im Konzentrations- und Arbeitslager Monowitz an. Ein Lager mit besonderer Geschichte.
1925 schlossen sich viele deutsche Chemieunternehmen zum damals weltweit größten Chemieunternehmen, der IG Farben, zusammen. Schon vor der Machtübernahme Hitlers gab es Kontakte zu der NSDAP, die sich in der Zeit bis zum Kriegsausbruch festigen. Der Grund dafür ist simpel: Der von der IG Farben hergestellte Kunstkautschuk Buna und synthetische Treibstoffe wurden als wichtig für den Verlauf des Krieges erachtet.
1941 begann die IG Farben mit dem Bau eines riesigen Chemiewerkes in der Nähe von Oswiecim nahe des Dorfes Monowice, um die Versorgung mit Buna und Treibstoff zu sichern. Von Anfang an wurden beim Bau des Werkes Häftlinge eingesetzt. Mussten diese zu Beginn noch den weiten Weg vom Stammlager bis zur Baustelle zu Fuß antreten, entschlossen sich die Nazis Anfang 1942, ein Arbeitslager für die auf der Baustelle zur Arbeit gezwungenen Häftlinge zu errichten. Selbstverständlich nicht, um die Lebensbedingungen für die Zwangsarbeiter zu verbessern, sondern um den Baufortschritt zu gewährleisten. Als Ort wählten sie das Dorf Monowice, das dafür dem Erdboden gleich gemacht wurde. Im Oktober eröffneten sie dort das Lager Auschwitz III.
Ungefähr so groß wie das Stammlager, mussten es 1944 etwa 11.000 männliche Häftlinge dort aushalten. Die Bedingungen waren natürlich auch hier nicht besser als in den anderen Lagern, reihenweise verstarben die Häftlinge im Lager und bei der schweren Zwangsarbeit.
Die Häftlinge wurden bei ihrer Ankunft in verschiedene Arbeitskommandos eingeteilt. Von dieser Einteilung waren dann auch die Überlebenschancen der Häftlinge abhängig. Kam man zur richtigen Zeit in Monowitz an und hatte vor dem Krieg einen Handwerksberuf erlernt, der gerade auf der Baustelle benötigt wurde, konnte man in seinem erlernten Beruf auf der Baustelle in sogenannten Facharbeiterkommandos arbeiten und so seine Überlebenschancen erhöhen. Traf das nicht zu, wurde man einem der Baukommandos zugeteilt, in denen man unter Schlägen und Tritten der Aufseher schwerste körperliche Arbeiten verrichten musste. Das Zementkommando musste beispielsweise 50 Kilogramm schwere Zementsäcke von Zügen zu teilweise mehreren hundert Metern entfernten Bestimmungsorten schleppen. Bedenkt man, dass die Häftlinge selbst innerhalb kürzester Zeit im Lager auf unter 50kg abgemagert waren, eine eigentlich nicht zu bewältigende Arbeit.
Mindestens elf Stunden nicht zu bewältigender Zwangsarbeit
Wie in den anderen Lagern wurde auch auf der Baustelle der IG Farben eine Häftlingshierarchie geschaffen. Den Kapos, selbst Häftlinge, die den Arbeitskommandos vorstanden, wurden fast unerreichbare Arbeitspensen vorgegeben, die diese aus Angst vor Strafen an die untergeordneten Häftlinge weitergaben. So durfte im Zementkommando der Weg zurück zum Zug etwa nicht gegangen werden, um zu verschnaufen, sondern musste im Laufschritt absolviert werden.
Die Lagerhäftlinge hatten pro Tag mindestens elf Stunden Zwangsarbeit zu verrichten, teilweise mussten sie nach diesen Schichten auch noch für den Ausbau des Lagers Monowitz sorgen. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass in Monowitz bis zu 25.000 Häftlinge ihr Leben ließen. Viele starben während der Arbeitszeit an Ort und Stelle, andere aufgrund der Lebensbedingungen im Lager, wieder andere wurden bei regelmäßig im Lager stattfindenden Selektionen als nicht mehr arbeitsfähig eingestuft und in Auschwitz-Birkenau getötet.
Bei unserem Besuch ist vom ehemaligen Lager kaum etwas zu sehen, denn die vertriebenen Bewohner Monowices bauten ihr Dorf nach dem Rückzug der Nazis an gleicher Stelle wieder auf. Nur ganz wenige der alten Lagergebäude stehen heute noch, manche werden von den Menschen in Monowice als Wohnräume oder Gartenhäuschen benutzt. Die ehemalige Lagerstraße ist heute die Hauptstraße des Dorfes, einige Bunker, die selbstverständlich nur dem Schutz der SS-Aufseher dienen sollten, sind heute noch zu sehen. Aus heutiger Sicht mag es merkwürdig oder sogar pietätlos erscheinen, innerhalb eines ehemaligen Konzentrationslagers zu leben, die Lebensumstände der polnischen Bevölkerung ließen in der Zeit direkt nach dem Weltkrieg aber sicher keine Alternative. Aufbau und Aussehen des Konzentrationslagers können wir bei unserem Besuch nur erahnen.
Anders ist das beim ehemaligen Industriegebiet, in dem die IG Farben während des Zweiten Weltkriegs Kunstkautschuk und andere synthetische Stoffe herstellen lassen wollte. Obwohl die Produktion aufgrund des Kriegsverlaufs nie gestartet wurde und die Sowjetunion nach Kriegsende Teile der Industrie demontierte, wird beim Durchfahren des Gebiets deutlich, über welch riesige Fläche sich die damaligen Firmen und Fabriken erstreckt haben müssen.
Späte Gerechtigkeit
Die Nachkriegsgeschichte der IG Farben, später in mehrere Einzelunternehmen entflochten (u. a. Bayer, BASF, Agfa und Hoechst), zeigt, dass die Aufarbeitung des Holocausts in Deutschland oftmals nicht mit der nötigen Entschlossenheit verfolgt wurde. 13 der insgesamt 23 angeklagten ehemaligen Führungskräfte der IG Farben wurden im Rahmen der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse 1947 wegen „Versklavung" und anderer Tatbestände verurteilt. Doch die meisten wurden schon bald wegen „guter Führung" vorzeitig entlassen oder begnadigt. Und obwohl weitere Gerichte die IG Farben in der Folge mitverantwortlich für die Verbrechen der Nazis machten, erklärte sich ihre eigens eingerichtete Abwicklungsgesellschaft erst nach langen Verhandlungen zu geringen Entschädigungszahlungen bereit.
Dass es überhaupt Entschädigungszahlungen gegeben hat, ist auch der Verdienst von Hans Frankenthal, der als Aktionär der Abwicklungsgesellschaft mehrfach auf den Aktionärsversammlungen sprach, die überfällige Entschädigung für die ausgebeuteten Zwangsarbeiter forderte und somit den nötigen Druck ausübte.
Hans Frankenthal kehrte 1945 mit seinem Bruder nach Schmallenberg zurück. Später zog er nach Dortmund, in die Stadt, aus der er viele Jahre zuvor deportiert worden war. 1999 starb er, ebenfalls in Dortmund.
Eine Stärkung im Kampf gegen das Vergessen
Was uns bleibt, ist Danke zu sagen: Danke an die Organisatoren der Fahrt, die es uns ermöglicht haben, diese wichtigen Erfahrungen machen zu können. An Borussia Dortmund für die Unterstützung und an unsere Guides, die uns an ihrem Wissen teilhaben ließen. An die Betreuer, an Andreas und das Team der Begegnungsstätte für die gute Organisation vor Ort. Und nicht zuletzt ein Dank an alle anderen Teilnehmer der Fahrt, die sie zu einer besonderen Woche gemacht haben.
Ein Fazit zu ziehen, fällt heute noch schwer. Die Erlebnisse sind frisch, die Gedanken kreisen seit unserer Rückkehr vermehrt um das Thema, Freunde und Bekannte fragen nach unseren Erfahrungen in Oswiecim und in den Lagern und wir geben gerne Auskunft. Eins steht aber fest: Auch für die Zukunft hat uns diese Reise nach Polen in unser Überzeugung gestärkt, weiter gegen das Vergessen zu kämpfen. Was in Auschwitz passiert ist und stellvertretend für die vielen Verbrechen der Nazidiktatur im Dritten Reich steht, darf nie wieder passieren. Nicht so, nicht so ähnlich. Nicht hier und nicht woanders. Gar nicht! Umso besser, dass der BVB sein Engagement in Form solcher Gedenkstättenfahrten auch im nächsten Jahr fortsetzen möchte.
Primo Levi, ein italienischer Jude, der, so wie Hans Frankenthal, das Lager Auschwitz-Monowitz überlebte, formulierte eine Warnung:
„It happened, therefore it can happen again: this is the core of what we have to say."
Eine ausführliche Fotostrecke folgt.
Link: Bericht der ersten Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz 2011.
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