Champions League-Reform 2024 …und was, wenn sie kommt?
Unsere Autorin hatte ein Gespräch nach dem wunderbaren Champions League Abend gegen Newcastle, das ihr nicht aus dem Kopf geht, es stellte sich die Frage "Was ist, wenn sie wirklich kommt?" Ihr Senf zur Reform der Champions League:
Nach einem guten Spiel, einem Sieg, quatscht man ja gerne noch darüber. Viel Adrenalin in der Blutbahn, die Euphorie noch hoch, irgendwann waren auch die Proteste nach der Halbzeitpause Thema. Und dann stellte sich plötzlich die Frage, auf die man eigentlich keine Antwort finden will…
Und was ist, wenn sie dann wirklich kommt?
Gerade noch hatte ich die ersten Bilder vom gelungenen Protest angeschaut, legte mir diese Frage eine eiskalte Hand um mein Fan-Herz. Ich war doch noch hoffnungsvoll, dass die Proteste erfolgreich sein könnten. Insbesondere, wenn sich vielleicht noch viel mehr anschließen würden. Warum so pessimistisch?
Zugegeben, wenn es um Fußball und meinen Verein geht, bin ich immer - nahezu krankhaft - optimistisch. Aber mit ein bisschen Abstand habe ich begriffen, dass ich mir Gedanken machen muss. Ich brauche einen Plan für das Worst Case Scenario, denn auch wenn die einfache Antwort schnell gegeben ist:
Haben die Fans selbst in der Hand! Abos kündigen und CL Spiele boykottieren.
Es ist doch etwas komplizierter.
Die minimalen und schwierigen Optionen
PayTV-Abos:
Nun, einerseits, weil nicht jede:r sich Abos leisten kann, die sich kündigen lassen - dazu gehöre ich. Und es ist schwierig, weil so ein Abo nicht unbedingt nur Champions League beinhaltet. Natürlich wäre das ein starkes Zeichen, wenn das Interesse, das man ja eigentlich glaubt, mit dem Kappes steigern zu können, durch Zahlen messbar einbrechen würde. Und die, für die das eine Option ist, sollten es sich ernsthaft überlegen.
Fußballkneipe:
Unsere Kneipen hatten es schon lange schwer genug. Ständig neue Anbieter und Abos, schräge Berechnungsgrundlagen. Einige haben ihr Angebot bereits eingeschränkt oder sogar aufgegeben, insbesondere unter der Pandemie. Der Lieblingskneipe also schaden, indem man sie zusammen mit der Champions League boykottiert? Nicht wirklich fair.
Im Stadion:
Dort sind die Voraussetzungen ebenfalls sehr unterschiedlich. Die Karten, die nicht verkauft werden, kauft jemand anderes. Ob wir da vom Ticket-Shop oder Dauerkarten-Optionen reden, es wird sich jemand finden. Für viele ist der Traum verständlicherweise noch größer als die Bedenken gegenüber der Reform. Einzig ein positiver Nebeneffekt könnte sich ergeben, wenn die Nachfrage etwas zurück ginge: Der verdammte Schwarzmarkt könnte leiden.
Gestern stand ein sehr netter Newcastle-Fan neben uns. Allerdings musste der Fan satte 145 Pfund für das Ticket bezahlen. Ich hab mir das Ticket zeigen lassen: Originalpreis EUR 18,50.
Eine Karte bezahlen, um sie verfallen zu lassen, macht überhaupt keinen Sinn. Das ist dann auch wieder eine finanzielle Frage, einmalig kann man das "für die Sache" vielleicht noch rechtfertigen. Aber alle drei Heimspiele einer Dauerkarte mit Champions-League-Option? Da kommt ja dann hinzu, dass es immer noch die No-Show-Rate gibt. Ich selbst könnte zum Stadion, durch den Scanner und wieder raus gehen, ich habe "keine" Anreise. Aber schon in anderen Regionen von Dortmund sieht das anders aus, von "außerhalb" gar nicht anzufangen! Diese Fans würden möglicherweise riskieren, ihre Dauerkarte vielleicht komplett zu verlieren.
Die Mannschaft, das Team
Und es kommt ja noch dazu, dass Stadiongänger:innen sich als Support für ihre Mannschaft verstehen, nicht nur als Zuschauer. Das ist ein ganz eigenes, weiteres Dilemma und war mit den Montagsspielen schon mal mein Thema. Aber um unsere Jungs geht es ja schließlich auch:
Die Statistiken in diesen paar Minuten sind schon krass. Und ja, am Ende entscheidet jeder Spieler selbst, wie er mit seinem Körper umgeht… Nur, ist das eventuell unsere willkommene, billige Ausrede, um nicht weiter darüber nachzudenken, dass wir größtenteils gar nicht von Erwachsenen sprechen? Noch eine unangenehme Frage und eine Antwort ist: Die Bahnen sind in Kindertagen längst vorgezeichnet.
Es wird jedenfalls keinem Spieler schaden, wenn wir für die Fußballwelt deutlich machen, dass wir keinen Wert auf noch mehr Spiele legen.
Findet eure Lösung
Was ich damit meine: Es gibt keine Lösung, die für uns alle funktioniert. Ich möchte euch aber dringend bitten, darüber nachzudenken! Jetzt schon. Nicht erst, wenn es so weit ist.
So bleibt jetzt Zeit für Protest und ihr habt den Plan in der gedanklichen Schublade, falls die Champions-League-Reform 2024 umgesetzt wird.
Ja, ja, ich habe noch (zu viel) Hoffnung, aber auch nur, weil mir nichts anderes bleibt.
Mein Plan nach einer Reihe Gedankenspiele ist also: Ich gehe hin.
Okay, kein Aufatmen bei der UEFA, da ist ja egal, wer die Hütte voll macht.
ABER, es wird anders werden. Wer mich persönlich kennt, bitte setzen: Ich werde kein gelb tragen, keine Fan-Kleidung, nur schwarz. Ich werde keinen Schal mitnehmen. Ich glaube, dass Sichtbarkeit am besten funktioniert und Sichtbarkeit für Einzelne wie mich noch den größten, der minimalen Unterschiede macht. Ich hinterlasse keine Lücke, wenn ich nicht dort bin.
Und sichtbar sind halt die Bilder. Die Bilder, mit denen sie sich schmücken wollen. Die Bilder, die den Fernsehzuschauer:innen die Stimmung, die Begeisterung vermitteln sollen.
Also, kein Schal oben beim YNWA, keine Aufstellung, kein Singen, kein Klatschen, keine Anfeuerung, kein Jubel. Stille. Das wird ekelhaft, anstrengend und unangenehm für mich. Insbesondere, weil auch das kaum einen Unterschied machen wird, falls alle anderen weitermachen, als wäre nichts geschehen. Mir ist bewusst, dass ich mit einem Zahnstocher zum Speerwerfen gehe. Das ist jedoch alles, was ich tun kann und was ich tun muss, wenn ich die Reform und die Entwicklung nicht akzeptieren will.
Ich kann nicht aufgeben.
#ReclaimTheGame