Schwarzgelbe Seilschaften mit Absturzgefahr
Nach dem 15. Spieltag steht der BVB auf einem gesicherten sechsten Tabellenplatz. Bevor es in den Wüstenstaat geht, Zeit für einen emotionalen Ausbruch, den ihr mir hoffentlich verzeiht.
Seit Jahren ist unser BVB eine Wundertüte mit unkalkulierbarem Inhalt. Es fällt inzwischen schwer, alle Trainer beim Namen zu nennen, die wir seit dem Doublegewinn verschlissen haben. Geblieben sind die Verantwortlichen, die sich im Austausch mit Spielern und Zahlen beschäftigen und gleichzeitig dafür sorgen, dass Positionswechsel im engen Rahmen stattfinden. Leiden wir wirklich an sportlichen Schwächen oder an einem Systemfehler des BVB?
Wir sind stolz auf unser Nachwuchskonzept und können dies auch sein. Aber was nutzt uns dieses Konzept, wenn wir immer unsere Sahnestückchen an finanzstärkere Vereine verlieren und damit Einkäufe finanzieren, denen das schwarzgelbe Blut in den Adern fehlt. Dass es anders geht, zeigt uns unter anderem der SC Freiburg. Seit Jahren gehen wir mit teuren Neuverpflichtungen in die neue Saison und hoffen auf eine Wende. Nach kurzer Zeit enttäuscht uns dann sehr schnell der Saisonverlauf und wir müssen zusehen, wie ehemalige Spieler in anderen Vereinen zur Hochform auflaufen. Wie selbstkritisch geht man eigentlich in den Führungsetagen damit um? Ich habe das Gefühl gar nicht, da ist es einfacher, nach einem neuen Trainer zu schielen.
Jetzt werden sicher einige kommen und sagen die Bayern und Spitzenclubs in Spanien und in der Premier League spielen finanziell in einer anderen Liga. Diese Einstellung kann ich nur bedingt akzeptieren. Dieser ständige Kauf und Verkauf von Spielern führt möglicherweise zu einem finanziellen Gewinn, er führt allerdings zu keiner funktionierenden Mannschaft. Und schaut man sich bestimmte Fehleinkäufe an, so schmälert dies sicher auch den gesamten Gewinn. Aber noch einmal, Fußball ist ein Mannschaftssport und kein KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis). Das Spielfeld ist kein Börsenplatz.
Wir starten nicht bei Null, wir starten bei Minus
Das Spiel gegen die Fohlen und die schmerzliche Niederlage haben es gezeigt. Eine der lauffaulsten Mannschaften der Liga ist an diesem Abend fast zehn Kilometer mehr gelaufen als unser Team. Spitzenreiter sind die ehemaligen Borussen Julian Weigl und Jonas Hofmann. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich bei uns einige Spieler zwischenparken, die genau wissen, dass sie diese Millionenverträge eine Etage höher bei den Spitzenclubs nie bekommen würden. Da träumt man doch lieber von Millionen auf dem Rasen im Westfalenstadion und macht sich mit den Händen in den Taschen in der Halbzeitpause warm. Das zieht man auch dann locker bis zum Ende des Vertrages durch.
Liegt dies alles auch an diesen komfortablen Vertragszeiten? Kritisches Hinterfragen muss erlaubt sein. Warum scheitern sämtliche Trainer beim BVB? Es kann doch nicht nur an deren Arbeit liegen. Kaum sind sie entlassen, glänzen sie an anderer Stelle. Liegt es an dem Ego der Führungsspitze? Ich weiß bis heute nicht, welche Rolle einige Personen in diesem Verein einnehmen. Auf jeden Fall kann es keine tragende Rolle sein, denn ansonsten hätte sich an der jetzigen Situation irgendwann ja mal etwas geändert. Bleibt die saisonübergreifende Verletztenmisere, die ich gar nicht ansprechen möchte.
Also schauen wir nach dem nächsten Trainer. Ich habe hohen Respekt vor Edin Terzic, dass er sich auf diesen Job eingelassen hat. Allein von der Historie her hat er eigentlich auf Dauer keine Chance. Und dann werden sie wieder zusammensitzen und beraten, ohne sich selbst in Frage zu stellen.
Das ist kein Team, sondern ein loser Zusammenschluss von Spielern. Wir müssen uns auf gemeinsame Ergebnisse konzentrieren anstatt auf persönliche Anerkennung.
Vielleicht sollte der ein oder andere einmal das Buch von Patrick Lencioni „Mein Traum-Team“ lesen, das sich mit der Kunst, Menschen zu idealer Zusammenarbeit zu führen, auseinandersetzt. Der US-Bestseller könnte dann vielleicht wirklich etwas bewirken. Ziele werden gemeinsam durch alle erreicht und für Niederlagen sind alle verantwortlich, auch die Führungsetage.
So hoffe ich, dass die bevorstehende JHV nicht nur Lobeshymnen an den Tag bringt. Es ist an der Zeit, dass sich alle Beteiligten hinterfragen. Vielleicht ist es auch an der Zeit, den Hut an andere weiterzugeben. Immer nur den Trainer dafür verantwortlich zu machen, ist auf die Dauer etwas zu einfach. Es muss mehr als knirschen, damit es irgendwann kracht. Als Fan bleibt man seinem Verein treu und gibt die Hoffnung nicht auf. Als Verantwortlicher ist Treue auf dem Führungssessel manchmal kontraproduktiv. Wir werden immer Borussen sein, bei vielen anderen ist schwarzgelb schon verblasst.