Ein Sieg ohne Süd
Der BVB gewinnt gegen VW mit 3:0. So weit, so normal. Doch an einem Spieltag an dem die Süd aufgrund einer DFB-Kollektivstrafe leer bleiben musste, ist natürlich überhaupt nichts normal. Dieser Tag war in vielerlei Hinsicht emotional, wobei das sportliche Geschehen von den Begleitumständen leider stark in den Hintergrund gedrängt wurde.
Ausgangslage
Ein Spiel im Westfalenstadion ohne Südtribüne. Wie würde sich das anfühlen? In den letzten Wochen ist man als BVB-Fan ohnehin schon durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen. Vor dem Spiel gegen RaBa Leipzig eskalierte der Mob vor der Roten Erde und man ging mit dem unguten Gefühl ins Stadion, dass die Fanszene der Borussia gerade dabei war, ein gigantisches Eigentor beim Protest gegen das Marketingkonstrukt zu schießen, das als Fußballzombie auf dem Weg zur Vizemeisterschaft zu sein scheint. Die Tragweite der Transparente, die anschließend auf der Süd gezeigt wurden, hat wohl im Stadion kaum jemand überblickt, wenn man sie denn überhaupt wahrgenommen hat. So war nach dem gewonnenen Spiel und der großartigen Stimmung, die während der 90 Minuten im Tempel geherrscht hatte, erstmal allgemein eine große Zufriedenheit zu spüren. Die Mannschaft hatte sich mal wieder in einem „großen“ Spiel zu einer Leistung
aufgeschwungen, die ihren Ansprüchen gerecht wurde und auch auf den Tribünen hatte man das Gefühl, seinen Beitrag zu diesem guten Spiel geleistet zu haben. Der Sturm, der nun über den BVB hinwegfegen sollte und der letztlich zur Aussperrung von knapp 25.000 Fans führte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen oder vielleicht hat man es als Stadionbesucher auch einfach nicht mitbekommen, dass man sich schon im Auge des Hurrikans befand.
Um es auch hier nochmal klarzustellen: Mit Gewalt habe ich nichts am Hut und die Transparente gegen RaBa fand ich zumeist platt und teilweise auch ziemlich geschmacklos. Jedes Opfer von Gewalt rund um Fußballspiele ist eins zu viel. Aber was aus 6 Verletzten und einigen Beleidigungen unter der Gürtellinie in der Medienöffentlichkeit gemacht wurde, war die eigentliche „neue Dimension“, denn so eine Berichterstattung habe zumindest ich in über dreißig Jahren Fandasein noch nicht mitbekommen, Vorkommnisse wie vor der Roten Erde und insbesondere Beleidigungen niederster Art hingegen leider schon öfter. Spätestens als Bundesinnenminister und Bundestrainer sich zu Wort meldeten, wurde deutlich, dass es hier nicht mehr um die übliche Berichterstattung ging.
Der DFB-Präsident rief dann zum „Aufstand der Anständigen“ und die angesprochenen BVB-Fans fragten sich, wie dieser Aufruf zu verstehen war. Denn eine Erklärung, wie man diesen Aufstand konkret umsetzen sollte, gab es leider in der Folge nicht. Das wäre ja auch etwas komplizierter gewesen, als eine wohlfeile Parole ohne Substanz unters Volk zu bringen. Die Südtribüne dürfte unter Berücksichtigung gewisser demografischer Faktoren, wie einem gegenüber der Gesamtgesellschaft höheren Männeranteil, einen guten Querschnitt unserer Bevölkerung repräsentieren. Dass sich unter 25.000 einige gewaltaffine Personen befinden, der weit überwiegende Teil damit aber absolut nichts zu tun hat, sollte eigentlich nicht überraschen. Wie sollte der Aufstand dieser Anständigen also nach Meinung des DFB-Präsidenten aussehen? Gewalt mit Gewalt zu bekämpfen, konnte ja kaum die Intention gewesen sein. Blieb also eigentlich nur der Versuch, ein positives Zeichen zu setzen.
Bis zum nächsten Pokalspiel gegen Berlin blieben nur ein paar Tage. Es gab also keine Möglichkeit, Absprachen zu treffen oder gar einen Konsens von allen Stadionbesuchern auszuloten. Wir von schwatzgelb.de entschlossen uns daher, dazu aufzurufen, den kleinsten gemeinsamen Nenner der großen Mehrheit ins Stadion zu tragen und dort zu präsentieren: „Gegen Gewalt!“ Tausendfach wurde unsere Vorlage ausgedruckt und zum Einlaufen der Mannschaften präsentiert. Dazu gab es noch an allen Ecken und Enden des Stadions Transparente mit ähnlicher Aussage. Der Shitstorm der in diesen Tagen über den BVB hinweg fegte, wurde durch dieses deutliche Zeichen allerdings kaum abgeschwächt. Mit positiven Aktionen kommt man offenbar nicht gegen das Bild an, das sich in den Köpfen der Medienschaffenden und großen Teilen ihres Publikums festgesetzt hatte und immer weiter verbreitet und zementiert wurde.
Auch der DFB nahm die Meinungsäußerung der sogenannten „Anständigen“ anscheinend überhaupt nicht oder allenfalls schulterzuckend zur Kenntnis. Der Kontrollausschuss lieferte die Strafforderung, die allgemein erwartet wurde: Sperrung nicht nur eines Teilbereichs sondern der gesamten Südtribüne. Dass sich das für die Menschen, die man eben noch zum Aufstand aufgefordert hatte, wie ein Schlag in die Fresse anfühlte, spielte offenkundig keine Rolle. Auch der Nebeneffekt, dass die „Anständigen“ die man gerade noch zur Distanzierung drängen wollte, nun Seite an Seite mit denjenigen, die für die Ausschreitungen und Beleidigungen verantwortlich waren, ausgesperrt vor dem Stadion stehen würden, spielte bei der Strafforderung anscheinend keine Rolle. Nicht dass man etwas anderes erwartet hätte, aber Enttäuschung und Wut über solche Ignoranz bleiben trotzdem.
Der BVB akzeptierte diese Strafe nach einigen Tagen Bedenkzeit vermutlich auch, weil man nach einer Woche im Kreuzfeuer der Kritik schlicht müde war und keinen Sinn darin sah, das Thema noch länger am Kochen zu halten. Auf rein menschlicher Ebene ist es auch nachzuvollziehen, wenn man an dieser Stelle den Kopf einzieht und darauf hofft, dass der Sturm endlich vorbeiziehen möge. Geschäftsführer Aki Watzke war in übelster Art und Weise zum Hassprediger hochstilisiert worden, andere BVB-Angestellte sowie profilierte Köpfe der Fanszene wurden in angeblich seriösen Medien diffamiert und selbst schwatzgelb.de wurde vom WDR kollektiv als „verstrahlt“ beleidigt und in eine Reihe mit Hooligans gestellt. Dass der Urheber dieser Einschätzung offenbar keinen Widerspruch darin erkennt, sich einerseits über Beleidigungen zu empören und andererseits im gleichen Atemzug Menschen zu beleidigen, von denen er offenbar nicht mehr weiß, als dass sie BVB-Fans sind, die eine Webseite mit Artikeln über ihren Verein betreiben, stimmt einen jedenfalls nachdenklich. Wie groß der Druck auf die Entscheidungsträger beim BVB gewesen sein muss, kann man sich wahrscheinlich nicht einmal im vollen Ausmaß vorstellen. Der Kotau von Watzke und Rauball in Leipzig sprach in dieser Hinsicht auch Bände. Umso bemerkenswerter ist, dass der Verein in seiner Stellungnahme zum Verzicht auf einen Einspruch gegen die Strafe, ausdrücklich darauf hinweist, dass er nicht einmal bereit ist, die zuletzt vielgescholtenen Ultras pauschal zu verurteilen. Für die Zukunft ist es sehr wichtig, dass in dieser Situation keine Brücken innerhalb der BVB-Familie eingerissen werden, auch wenn manche in letzter Zeit mehr als wacklig geworden sein dürften.
Der Spieltag
Gegen Wolfsburg sollte es also soweit sein. Das Spiel mit der gesperrten Süd. Dortmund präsentierte passend zur allgemeinen Stimmungslage einen grauen, regenverhangenen Tag und das Herz war einem schon direkt nach dem Aufwachen schwer. In den letzten Tagen hatte man schon mitbekommen müssen, wie Freunde, die seit Jahrzehnten ihren festen Platz auf der Süd haben und selbstverständlich überhaupt nichts mit der Ursache der Sperrung zu tun hatten, plötzlich anfingen sich alternative Möglichkeiten zu suchen, das Spiel gemeinsam zu gucken. Nach und nach wurde klar, dass auch der eigene Spieltagsablauf komplett anders sein würde als üblich, weil die Menschen, die man sonst vor und nach jedem Spiel rund um das Stadion trifft, diesmal zu großen Teilen fehlen würden. Auch viele Inhaber von Sitzplatzkarten entschlossen sich dazu, dem Spiel solidarisch fern zu bleiben. Für mich war allerdings unabhängig davon, dass ich mich vor Monaten schon für den Spielbericht eingetragen hatte, direkt klar, dass ich ins Stadion gehen würde. Denn letztlich sehe ich nicht, dass ich mit meinem Fernbleiben ein Zeichen setzen könnte, dass außerhalb meines unmittelbaren Bekanntenkreises wahrgenommen würde und außerdem gebietet es auch das Selbstverständnis als Supporter, die Mannschaft an einem solchen Tag, vielleicht sogar „jetzt erst recht“ zu unterstützen. Ich kann mich auch nicht davon frei machen, dass ich im Vorfeld eine gewisse Neugier verspürt habe, wie das wohl sein wird, so ein Spiel ohne Süd. Am Spieltag selbst wird
dieses Gefühl allerding von der Traurigkeit überlagert, dass der Stadionbesuch, der eigentlich immer ein Höhepunkt der Woche ist, diesmal ganz anders sein wird als sonst. Einfach weil ein Großteil der Leute fehlen wird, der den Stadionbesuch zu mehr macht als 90 Minuten Fußball. Normalerweise ist der ganze Tag ausgefüllt mit Ritualen und Begegnungen, die diesmal wegfallen werden. Bevor es losgeht Richtung Tempel fühle ich mich unsicher und bedrückt.
Auf dem Weg ins Stadion fällt auf, dass deutlich weniger Leute die Lindemannstraße hoch gehen als sonst. Aus den Zügen und Bussen kommen ähnliche Meldungen. Wo sonst gehüpft und gesungen wird und das Bier in Strömen fließt, herrscht heute bedrückende Leere. Auch für die Dortmunder Wirtschaft ist die Sperrung der Tribüne ein solch harter Schlag, dass Donald Trump vermutlich direkt Strafzölle für sämtliche Importe aus Frankfurt und Umgebung eingeführt hätte. Am Bratwurststand stapeln sich die Würste, das Bier findet ebenfalls kaum Abnehmer und selbst die Schwarzmarkthändler telefonieren aufgebracht während sie vergeblich ihre Tickets in die Höhe recken. Dann aber auch schöne Bilder, die illustrieren, wie besonders Dortmund und Borussia sind. Rund um das Stadion Omis, Rentner und Kinder, die mit Transparenten deutlich machen, wer hier heute ohne jede Rechtfertigung ausgesperrt wird. Hoffentlich erreichen diese Bilder auch den Frankfurter Elfenbeinturm.
Im Stadion ist die gelbe Wand verwaist und grau. Doch beim Blick in Richtung Norden macht sich klammheimliche Freude breit. Im Unterrang wehen im eigentlichen Gästesteher die Fahnen der Dortmunder Ultrasgruppen. Diejenigen, die für die Vorkommnisse gegen RaBa verantwortlich gemacht werden, hatten es also trotzdem ins Stadion geschafft. Das ist zwar kein Trost für die tausenden, definitiv unschuldigen Fans, die heute draußen bleiben mussten, aber es verdeutlicht erneut, wie sinnlos die Kollektivstrafe der DFB-Funktionäre in Wahrheit ist. Diejenigen, die man gerne draußen hätte, sind trotzdem im Stadion, während Tausende draußen bleiben müssen, die man eigentlich für den proklamierten Aufstand der Anständigen gebrauchen könnte, wenn der denn wirklich mehr als eine hohle Phrase eines abgehalfterten Politikers werden sollte. Auch DFB-kritische Banner wurden reichlich präsentiert, obwohl der Ordnungsdienst das sicher gerne unterbunden hätte. Ein Banner äußerte sich auch differenziert sowohl gegen Gewalt, wie auch gegen Kollektivstrafen. Dem kann ich mich nur anschließen. Es trifft immer die Falschen und das ist absolut zum Kotzen.
Die Verabschiedung Kubas war dann der nächste Stich ins Herz. Der verdiente Borusse, der für den Verein in über 250 Spielen die Knochen hingehalten hatte und vor der Saison leider durch die Hintertür verschwinden musste, konnte erneut nicht gebührend verabschiedet werden. Die anwesenden Fans gaben sich zwar alle Mühe, den polnischen Publikumsliebling nach Kräften zu feiern, aber ohne Südtribüne kann der Westfalenstadion-Roar einfach nicht zum Erklingen gebracht werden. Nobby Dickel versuchte bei seinem Aufwärmprogramm zwar, wie gewohnt für
Stimmung zu sorgen. Er begrüßte diesmal alle Ecken des Stadions gesondert und animierte die Fans zum Mitmachen, aber alle Gesänge verhallten wie in einer leeren Kathedrale, weil der kalte Stein im Süden nur störende Echos zurücksandte. Ich finde es auch unverständlich, dass der BVB sich dafür entschieden hat, soweit es geht auf „Business as usual“ zu machen. Weder wurde die Süd irgendwie bespielt, um auf die Absurdität der Strafe Aufmerksam zu machen, noch verzichtete man auf die üblichen Stimmungslieder wie „You’ll never walk alone“ zur Einstimmung. Hier wäre meiner Meinung nach ein wenig mehr Fingerspitzengefühl gefragt gewesen, um den Ausgesperrten zu vermitteln, dass sie zwar nicht dabei, aber auch nicht vergessen sind.
Vom Norden aus wurde dann versucht Stimmung zu machen, aber das gelang nur mäßig, einmal wegen dem angesprochenen Hall im halbleeren Stadion und außerdem, weil die Gesänge nicht bei allen Fans ankamen, weshalb die Südecken immer wieder andere Lieder anstimmten als der Stimmungskern der Ultras. Die Motivation der anwesenden Fans auch auf den Sitzplatztribünen, für ihre ausgesperrten Freunde zu supporten, war aber immer zu spüren. So gab es zwar nicht den professionell koordinierten Gesang wie sonst, aber die Mitmachquote auf den Tribünen war zumindest zu Beginn des Spiels außergewöhnlich hoch. Die paar VW-Kunden in der Ecke waren allerdings trotz der heutigen Schwäche des Westfalenstadions auf Höhe der Mittellinie nie zu vernehmen. Das Motto „Wenn Sperre, dann gegen einen Werksverein“ schien sich zu bewahrheiten. Allerdings wurde auch deutlich, dass heute zwei unterschiedliche Stimmungszentren in weiten Teilen gegeneinander angesungen haben. Einerseits die Ultras auf der Nord, die bemüht waren, ihr Ding einfach so
durchzuziehen, als ob es keine Südsperre geben würde und andererseits die sehr aktiven Südecken, die immer wieder eigene Gesänge anstimmten, was auf der Nord entweder komplett überhört oder sogar ignoriert wird. So ergab sich häufig eine Kakophonie unterschiedlicher BVB-Gesänge. Manchmal machte es gar den Eindruck eines normalen Fußballspiels in einem normal lauten Fußballstadion mit Gästefans im Norden, denn die Wolfsburger blieben ja stumm.
Ich stellte mehr und mehr fest, wie egal mir das Spiel auf dem Rasen heute war. Das verursachte einerseits Schuldgefühle, denn schließlich war ich drin und andere, denen es vielleicht mehr bedeutet hätte, blieben ausgesperrt. Andererseits zeigte es mir aber auch zum ersten Mal, dass es auch für mich eine Grenze geben könnte, ab der ich den ganzen Zirkus rund um den Fußball nicht mehr mitgehen würde. Selbst als der BVB in Führung ging, zucke ich mehr oder weniger nur mit den Schultern. Auch in der zweiten Halbzeit blieb die Stimmung zunächst selbst nach BVB-Toren mau. Als das Spiel entschieden war, raffte sich das verwundete Stadion dann aber doch noch zu einer ordentlichen Lautstärke auf. Die Ultras übernahmen mal etwas, das aus der Ecke angestimmt wurde und alle Tribünen zogen mit. Die Verkündung der Zuschauerzahl ging in einem Pfeifkonzert unter. Am Ende schwappten dann sogar Wellen durchs Stadion, die ohne Süd natürlich nicht so wirklich beeindruckend wirkten, aber die übrigen Tribünen kurzfristig in echte Wallungen versetzten.
Sportliches
Ach ja, Fußball wurde auch noch gespielt. Da Aubameyang derzeit wohl keinen Gelenkbus treffen würde, benötigte der BVB ein Slapstick-Eigentor der Wolfsburger zur Führung. Nach der Pause erhöhte Piszczek. Aubame verstolperte weiter alles, was nach Torgefahr roch und so blieben die Wolfsburger mehr oder minder ohne eigenes Zutun länger im Spiel als nötig. Bis auf die dämliche Friese von Didavi hat sich dieser Verein inzwischen wirklich auf die Graustufe der Stadt runtergedimmt, die er repräsentieren soll und das bevor die finanziellen Sparzwänge von VW sich im Budget niedergeschlagen haben. Blässe, wem Blässe gebührt. Nach einer Stunde Spielzeit machte Dembele mit einem Kopfballaufsetzer den Deckel drauf. Der größte Moment des Spiels war aber definitiv die 75. Minute als Jakub Kuba Blaszczykowski eingewechselt wurde und das ganze Stadion ihn lautstark feierte. Wie übel Aubame derzeit die Scheiße am Fuß klebt zeigte sich direkt im Anschluss nochmal als er aus Abseitsposition traf. Es sah verdächtig danach aus, als ob der Ball von Pulisic auch ohne sein Zutun ins Tor gegangen wäre und der Treffer dann gezählt hätte. Aber nix für ungut, Aubame! Irgendwann fallen die Murmeln auch wieder in den Kasten und dann ruft ganz bestimmt Real Madrid an. Mindestens.
Fazit
Bisher habe ich die ganze Untergangsstimmung, die in weiten Teilen der aktiven Fanszene herrscht, eher belächelt und hochemotionale Abschiedsreden von langjährigen Vielfahrern eher kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen. Für mich ging es doch in allererster Linie um das Spiel unten auf dem Rasen und sonst nichts. Heute reifte in mir die Überzeugung, dass irgendwann auch für mich Schluss sein könnte mit Borussia. Das wird dann wohl eher ein leiser Abschied und ich sehe ihn aktuell auch noch nicht wirklich kommen, aber solche Spiele wie heute möchte ich mir nicht regelmäßig antun. Irgendwas in meiner kindlichen Begeisterung für den BVB scheint in den letzten Wochen zerbrochen zu sein. Hoffentlich lässt sich das nochmal kippen, denn die Lücke in meinem Leben wäre wirklich schwer zu füllen. Irgendwann ertappe ich mich aber doch dabei, Reus nach einem Fehlpass oder Aubameyang nach einer vergebenen Chance zu bepöbeln. Negative Emotionen sind mir allemal lieber, als wie betäubt im Stadion zu sitzen und nichts zu spüren. Beim dritten Tor kommt dann auch bei mir so etwas wie Freude auf und als das Westfalenstadion dann auch lauter wird, fühle ich mich schon fast wieder wie zuhause.
Letztlich bleibt einem aber nur die Hoffnung, dass die Leuchten in Frankfurt mal ihr Gehirn einschalten und erkennen, in was für ein gefährliches Fahrwasser sie sich mit einer solchen Strafe selbst bringen. Ganz abgesehen davon, dass sie mit ihrem Prinzip Gießkanne immer und ausschließlich
die Falschen im Regen stehen lassen, sägen sie damit auch konsequent am goldenen Ast, auf dem sie mit ihren fetten Ärschen sitzen. Denn wenn der Fußball an gesellschaftlicher Relevanz einbüßt, weil er immer weniger Menschen in ihrem Innersten bewegt, dann interessiert sich erst recht niemand mehr für irgendwelche grauen Anzugträger aus der Otto-Fleck-Schneise. Mein Aufstand als Anständiger wird jedenfalls so aussehen, dass ich versuchen werde, bis Saisonende wieder zu meiner alten Fußballleidenschaft zurück zu finden und wenn das nicht klappt, muss ich halt meine Prioritäten im Leben neu sortieren.
Ganz am Ende haut er mich dann doch wieder mit voller Wucht um, der Fußball. Der traurige kleine Prinz aus Polen läuft nach dem Spiel eine Ehrenrunde und mir verschwimmt der Blick, weil die Augen feucht werden. Da sind sie wieder, die großen Gefühle derentwegen ich in diesen Tempel pilgere und der Borussia hinterher fahre. Es könnte so einfach sein. Bratwurst, Bier, Borussia. Warum fühlt sich Fußball derzeit nur so kompliziert an? Die Aussage des Tages traf dann auch Kuba „Fußball ohne Fans – Das ist kein Fußball.“ Nuff said!
Die Fotostrecke zum Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg findet Ihr wie gehabt auf unserer BVB-Fotoseite unter diesem Link.
Web, 18.02.2017