
Frank Mill wurde in Essen geboren und wuchs mit dem Ruhrpott-Fußball auf. Seine Karriere war eine dieser Geschichten, die es heute kaum noch gibt: Rot-Weiß Essen, Borussia Mönchengladbach, Borussia Dortmund, Fortuna Düsseldorf – alles Stationen in einem Radius von kaum 100 Kilometern. Und doch war Mill ein Großer. Nicht unbedingt in der öffentlichen Wahrnehmung, aber auf dem Platz: da konnte er glänzen
Im Sommer 1986 wechselte er für die Summe von 1,3 Millionen DM nach Dortmund. Ein feiner Techniker mit Drang zum Tor, manchmal unkonventionelt – aber fast immer wirkungsvoll. 47 Bundesligatore erzielte Mill in Schwarzgelb – und es hätten 48 sein können. Aber wer sich an den legendären Pfostenschuss gegen die Bayern erinnert, der weiß: Auch das Verfehlen des Tores kann Kult sein.
Seine Art zu spielen war unverwechselbar: Dribblings, die zunächst planlos erschienen, aber oft in kluge Pässe oder gefährliche Aktionen mündeten. Sein Torinstinkt war schwer greifbar, aber immer wieder da – ebenso wie der Wille, sich in jedem Spiel zu beweisen.
Sein größter Moment im BVB-Trikot war zugleich ein historischer für den Verein: das Pokalfinale 1989 in Berlin gegen Werder Bremen. Kopfballtor zum 2:1, Vorlagengeber für Dickels Tore, Retter auf der Linie – ohne ihn hätte es den ersten großen Titel nach 23 Jahren nicht gegeben. Doch statt als "Held von Berlin" in die Vereinsgeschichte einzugehen, überließ er Norbert Dickel das Rampenlicht – unfreiwillig. Bis heute blieb ein gewisser Groll über die ungleiche Würdigung jener Nacht im Olympiastadion.
Bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul führte er das DFB-Team als Kapitän zur Bronzemedaille. 1990 wurde Frank Mill Weltmeister, ohne eine einzige Minute auf dem Platz zu stehen. Zum Turnier sagte er später: „Eigentlich bin ich kein Weltmeister.“
Auch im Verein hatte Mill seine Probleme. Als Mannschaftskapitän war er umstritten, Trainer wie Reinhard Saftig oder Horst Köppel stellten seine Führungsqualitäten infrage. Immer wieder sorgte er für Reibung, nicht alles blieb intern. Das Bild vom schwierigen Profi haftete ihm an, und doch bleibt festzuhalten: Ohne seine Tore, seine Präsenz, seine Leistung hätte der BVB in jenen Jahren nicht die Basis legen können, auf der später die ganz großen Erfolge gebaut wurden.
1994 verließ Mill Dortmund. Hitzfeld setzte auf die jüngeren Spieler Chapuisat und Povlsen, Mill wechselte nach Düsseldorf. Zwei Jahre später war Schluss mit dem Profifußball.
In seiner Biografie offenbarte er später auch die Schattenseiten seiner Karriere. Medikamentenmissbrauch, gesundheitliche Spätfolgen, die Einsicht, dass auch die „gute alte Zeit“ nicht nur romantisch war. Frank Mill war ein Spieler, der nicht in jedes Raster passte. Vielleicht ist das der Grund, warum er nie eine ganz große Legende wurde – obwohl er es sportlich verdient hätte.
Dass Frank Mill in Dortmund Spuren hinterließ, zeigte sich nicht nur auf dem Rasen. An der Hohen Straße in Dortmund gab es jahrelang einen Kiosk, der ihm förmlich geweiht war: Innen hingen ausschließlich Frank-Mill-Poster, Fotos und Autogrammkarten. Er war nie der Superstar – aber in Dortmund hatte er seinen Platz im Herzen vieler Fans.
Jetzt ist Frank Mill gestorben – und es bleibt mehr als nur ein YouTube-Video vom Pfostentreffer. Es bleibt die Erinnerung an einen Spieler mit Ecken und Kanten – der gerade deshalb unvergessen ist.
Mach’s gut, Frankie!
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