Marco Bülow, MdB: Erst die Fußballfans, dann die Wirtschaftsinteressen
Am 9. Juni hat Sascha in seinem Artikel „Fußballfan und Wähler“ einen kritischen Artikel über die SPD geschrieben. Viele Punkte, die dort angesprochen wurden, teile ich – auch als SPD-Mitglied. Ich gelte im Bundestag ein wenig als Rebell gegen die eigene Führung, weil ich sehr kritisch bin anstatt es mir bequem zu machen. Bequem will ich es mir auch hier nicht machen.
Eines vorweg: Für mich gilt der Fan mehr als die vermeintlichen Wirtschaftsinteressen und auch ich lehne pauschale Vorverurteilungen ab. Schnellgerichte möchte ich ebenso wenig, wie stehplatzfreie Stadien oder personalisierte Tickets.
Als BVB-Fan und Dortmunder SPD-Abgeordneter möchte ich gerne auf einige Punkte näher eingehen. Anmerken möchte ich auch, dass die SPD in und rund um Dortmund viele tausend Mitglieder hat, die auch Anhänger des BVB sind und dennoch ganz anders ticken, als der Eindruck, den einige Funktionäre in letzter Zeit hinterlassen haben.
Es gibt immer mehr Verbote und Einschränkungen
Die Aussagen, die von einigen Politikern nach Randalen reflexartig getätigt werden, weil sie zum Beispiel als Innenminister etwas dazu sagen müssen, bringen meist keine Lösungen. Im Gegenteil – ich habe die Befürchtung, unsere Freiheit wird immer weiter beschnitten. Es gibt immer mehr Verbote und Einschränkungen. Eine Entwicklung, die übrigens auch bundespolitisch beim Staatstrojaner, bei der Vorratsdatenspeicherung und anderen Sicherheitsgesetzen sichtbar wird.
Es findet kaum noch Differenzierung statt
Ich war auch kein Freund davon, dass die komplette Süd gegen Wolfsburg gesperrt wird. Diese Sperre kam aufgrund einer Debatte, die 98 Prozent der Fans zu Unrecht traf. Auch da hat die Politik eine nicht unerhebliche Rolle gespielt und hohen Druck auf die DFB/DFL-Gremien ausgeübt. Differenzierung scheint es nicht mehr zu geben, die wäre aber dringend notwendig.
Fußball muss bezahlbar bleiben
Ich möchte keine stehplatzfreien Stadien. Die Entwicklung in England muss uns ein warnendes Beispiel sein. Astronomische Kartenpreise sorgen dafür, dass nur noch Leute mit großem Geldbeutel ins Stadion gehen können: Opernpublikum. Der Weg zur Klatschpappe ist vorgezeichnet. Das macht die Stimmung kaputt und verhindert, dass auch Menschen mit geringeren finanziellen Möglichkeiten ins Stadion kommen. Die Süd muss die Süd bleiben.
Fußball muss bezahlbar bleiben. Auch für die Fans, die nicht im Stadion schauen. Die Entwicklung im TV-Bereich ist bedenklich. Sky, Eurosport, DAZN teilen sich zukünftig den Markt auf. Wenn man alle Spiele des BVB schauen will, muss man immer tiefer in die Tasche greifen. Viele Kneipen zeigen die Spiele nicht mehr, weil das alles zu teuer geworden ist. Keine gute Entwicklung. Wie soll das bloß weitergehen? Was kann Politik machen, damit nicht noch mehr an dieser Schraube gedreht wird? Was kann die DFL machen?
Das richtige Maß finden
Der ehemalige NRW-Innenminister Jäger hat von den Fans zum Teil zurecht viel Kritik für seine Äußerungen und sein Vorgehen gegenüber den Fans bekommen. Auch ich habe ihn kritisiert. Ich glaube auch, dass die Äußerungen vom niedersächsischen Innenminister Pistorius nicht weiterhelfen. Wir müssen sicherlich darüber reden, wie die richtige Antwort bei Pyro oder Randale im Stadion lauten soll. Was passiert, wenn Menschen angegriffen werden? Wenn Spiele abgebrochen werden? Ohne Strafen wird das nicht gehen. Aber was ist das richtige Maß? Auch verbal?
Politik muss lernen, auf die Fans zuzugehen
Nicht nur die SPD muss begreifen, dass die Lösungen all dieser Fragen auch mit denen diskutiert werden muss, die in diesen Fällen immer Hauptansprechpartner sein sollten: den Fans. Wenn, dann wird meist nur mit den Vereinsführungen gesprochen. Wir müssen uns mit den Argumenten der Fans auseinanderzusetzen, sie ernst nehmen, miteinander sprechen, argumentieren. Ich bin immer wieder in Kontakt mit der Dortmunder Fanabteilung, habe mich zum Beispiel auch für die Kennzeichungspflicht für Polizisten eingesetzt, die die SPD eingeführt hat, aber die neue CDU/FDP-Landesregierung wieder abschaffen will.
In den letzten Jahren hat es viele Probleme zwischen Fans und Politik oder Fans und Polizei gegeben. Wir brauchen aber gerade in großen Fußballstädten wie Dortmund eine kontinuierliche und transparente Kommunikation zwischen Fans, der Politik und auch, ja der Polizei, damit die Probleme diskutiert und am besten gelöst werden. Ich hatte schon mal angeboten, zwischen Polizeipräsident und Fans zu vermitteln und würde mich auch jetzt gern wieder anbieten, - auch nach der Wahl - das Gespräch zu organisieren. Zudem möchte ich mich für die oben genannten Punkte einsetzen.
Einladung nach Berlin
geschrieben von Marco Bülow, MdB
Marco Bülow ist seit 2002 SPD-Bundestagsabgeordneter für Dortmund (Direktkandidat für Dortmund I – Wahlkreis 142). Seine Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Transparenz & Lobbyismus sowie Umwelt.
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