Die Zukunft beginnt jetzt - Kaderverstärkungen für 2016
Aktuell spielt der BVB die zweiterfolgreichste Bundesligasaison seiner Vereinshistorie. Nach 17 Spielen stehen 38 Punkte auf dem Konto, der Abstand zu Platz 3 und Hertha beträgt solide 6 Zähler. Es müsste in der Rückrunde und den verbleibenden Partien schon mit dem Teufel zugehen, sollte man sich in dieser Spielzeit nicht für die Champions League qualifizieren. Mit einem Jahr Pause, das man mit noch unbekanntem Ausgang aktuell in der Europa League verbringt, wäre die direkte Rückkehr auf die ganz große europäische Bühne eine starke Reaktion auf die letzte Saison, welche somit endgültig als ein einmaliger Ausrutscher gewertet werden könnte.
Die Weihnachtstage sind Geschichte, das neue Jahr steht vor der Tür. Im Nirvana der fußballlosen Wintertage denkt der halbwegs gelangweilte Fan schon mal an nächste Saison. Neven Subotic, Jonas Hofmann und Adnan Januzaj sind drei der Namen, welche aufgrund von mangelnder Spielpraxis und daraus entstehender Unzufriedenheit als Kandidaten für einen bevorstehenden Vereinswechsel gehandelt werden. Ob nun erst im Sommer 2016 oder schon diesen Winter: mit langfristigem Blick auf die nächste Saison auf internationalem Parkett und den potentiellen Abgängen muss der zweite Anzug zurechtgerückt werden. Getreu dem Motto „Zurück in die Zukunft“, gibt es deshalb einen verspäteten Wunschzettel an Michael Zorc mit potentiellen Kaderverstärkungen für 2016.
Hatem Ben Arfa
Der 28-jährige französische Offensivspieler ist zumindest für einige Fußballliebhaber kein gänzlich unbekannter Mann. Der linksfüßige Flügelstürmer erlebte seine besten Jahre in Frankreich bei Olympique Lyon unter Trainerlegende Gerard Houllier. 2004 aus der eigenen Jugendabteilung in die Profimannschaft berufen, wirbelte der technisch hochveranlagte Ben Arfa vier Jahre lang neben Größen wie Juninho und wechselte 2008 zum Rivalen nach Marseille. 15 Millionen Euro ließen sich die Südfranzosen die Dienste des Mannes tunesischer Abstammung kosten. Trotz erfolgreicher Saison zerstritt Ben Arfa sich mit dem damaligen Trainer Didier Deschamps und wechselte zunächst auf Leihbasis zu Newcastle United nach England. Zum großen sportlichen Karriereknick kam es dann am 3. Oktober 2010. Im Spiel gegen ManCity brach sich der französische Nationalspieler Schien - und Wadenbein. Trotz der schweren Verletzung vertrauten die Magpies jedoch weiterhin seinen Fähigkeiten und verpflichteten ihn 2011 für 6 Millionen Euro fest. Das Blatt wendete sich jedoch schnell: im Januar dieses Jahres wurde der Vertrag in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst und der Spieler war vertragslos. Zum jetzigen Zeitpunkt spielt Ben Arfa wieder in Frankreich bei Nizza. Kritiker unterstellen ihm zwar einen leichten Hang zum Egoismus und zur überschwellenden Eigensinnigkeit. Worüber sich jedoch nicht streiten lässt ist die Tatsache, dass der Mann aus Clamart in der Hauts-de-Seine mit seinen Qualitäten auf dem Platz für jede Mannschaft immer noch eine große Verstärkung wäre. So machten auch die zuletzt kursierenden Gerüchte über ein konkretes Interesse seitens des BVB an einer Verpflichtung durchaus Sinn. Einsetzbar vor allem auf dem rechten Flügel als Linksfuß und in vorderster Front als Spitze, würde Ben Arfa der Borussia eine Reihe neuer Offensivmöglichkeiten eröffnen. Abgesehen davon, dass der BVB momentan über keinen offensiven Linksfuß außer Adnan Januzaj verfügt, könnte der im Angriff auf sich allein gestellte Pierre-Emerick Aubameyang entlastet werden. Mit Blick auf die Champions League bekäme man zudem einen international erfahrenen Mann, dem es auch mit Blick auf eine Rückkehr in die französische Nationalmannschaft nicht schaden würde, sich auf der großen europäischen Bühne zu präsentieren.
Fazit: Sollte sich eine realistische Möglichkeit für eine Verpflichtung mit einem relativ geringem finanziellen Risiko eröffnen, sollte man die Chance nutzen. Fraglich bleibt jedoch, ob Ben Arfa selbst nicht lieber vorerst in Frankreich bleiben möchte und nicht eher darauf hofft, durch ansprechende Leistungen die Aufmerksamkeit europäischer Schwergewichte wieder auf sich zu lenken und vorerst abzuwarten.
Andrija Živković
Gemessen am fußballerischen Talent seiner Spieler, müsste die serbische Nationalmannschaft als eine der absoluten Größen im Weltfußball fungieren. Während die Leistungen der A - Nationalmannschaft jedoch regelmäßig Land und Leute enttäuschen, gelang der U-20 diesen Sommer eine mittelgroße Sensation. Im Finale der WM gegen Brasilien gewann Serbien nach Verlängerung mit 2:1. Der Triumph war der erst zweite Titel des Landes seit der Unabhängigkeit. Ein mit dem riesigen Erfolg unmittelbar verknüpfter Name, ist der des 19-jährigen Andrija Živković. Nicht nur seit seinem entscheidenden Assist zum anschließenden Siegtor im Finale lasten die Hoffnungen einer ganzen Nation auf den Schultern des „serbischen Messi“. Der jüngste serbische Nationalspieler aller Zeiten debütierte mit 17 Jahren und 92 Tagen im Dress der Nationalmannschaft im Oktober 2013 gegen Japan, und bei Partizan Belgrad wurde das Supertalent in der Saison 2013 / 14 zum besten jungen Spieler gewählt. Zudem schrieb sich der Serbe in die Geschichtsbücher von Partizan ein, indem er im Alter von 17 Jahren und 7 Monaten zum jüngsten Kapitän der Vereinshistorie ernannt wurde. In dieser Spielzeit macht Zivkovic vor allem in der Europa League auf sich aufmerksam, und weckt damit logischerweise das Interesse großer europäischer Topklubs.
Einsetzbar als vornehmlich offensiver Rechtsaußen, zeichnen den Jungnationalspieler vor allem seine gefährlichen Standards aus. Zudem stellt er mit der Kombination aus Reaktionsschnelligkeit und technischer Beschlagenheit seine Verteidiger regelmäßig vor praktisch unlösbare Probleme. In Sachen mangelnder Körperlichkeit lässt sich zwar die größte Schwachstelle von Zivkovic ausmachen, doch mit erst 19 Jahren gibt es in dem Bereich auch das größte Potenzial zur Entwicklung. Für den BVB dürfte im Falle von Abgängen im offensiven Bereich eine Verpflichtung durchaus Sinn machen, gemessen an dem Hype um Zivkovic und dem Potenzial des Spielers erscheint jedoch die Möglichkeit eines relativen günstigen Deals derzeit in weite Ferne zu rücken. Mit Chelsea und vor allem Benfica Lissabon gibt es mehr als namhafte Konkurrenz im Kampf um das Ausnahmetalent.
Fazit: Spielerisch scheint das Entwicklungspotenzial von Andrija Živković grenzenlos zu sein. Es müsste jedoch schon sehr vieles richtig laufen, damit der BVB den Serben verpflichten kann. Ein Spieler solcher Klasse wird zudem mit großer Sicherheit erwarten, sofort als Stammkraft fungieren zu können. Ob es dazu bei der momentanen und mittelfristigen Dortmunder Offensivpower kommen wird, darf man sehr bezweifeln. Nichtsdestotrotz wäre eine Verpflichtung nicht nur ein dickes Ausrufezeichen in Sachen Image, auch die sportliche Qualität der zweiten Garde würde einen deutlichen Satz nach vorne machen.
Daniele Rugani
Die nächste große italienische Hoffnung auf der IV - Position. Der aktuell bei Juventus Turin unter Vertrag stehende 21-jährige ist ein Emporkömmling der Fußballschule des FC Empoli, einem der größten Klubs der Toskana. Noch tätig für die Jugendmannschaft von Empoli, wurde Juve 2012 schnell auf den jungen Mann aufmerksam und verpflichtete ihn leihweise für die eigene Jugendabteilung (Primavera). Rugani überzeugte, und die Turiner kauften nach typischer Juve-Methode zunächst die Hälfte der Transferrechte. Einsätze in der Profimannschaft waren jedoch zunächst äußerst unrealistisch, und so wurde der Innenverteidiger zu Co-Eigentümer Empoli in die Serie B zurückverliehen. Er absolvierte jedes Spiel, 40 an der Zahl, wurde zum besten jungen Spieler der Saison ernannt und verhalf Empoli als Zweitplatzierten zum Aufstieg in die Serie A. Aktuell spielt der junge Italiener für die U21 seines Landes, durchlief zuvor jedoch schon sämtliche U-Nationalmannschaften. Nach der Saison 2014 / 15 verbot der italienische Fußballverband die vor allem bei Juve gängige Methode der Teilung der Transferrechte. Juve löste daraufhin die Co - Eigentümerschaft auf und überweist Empoli 3,5 Millionen Euro über die nächsten vier Jahre.
In dieser Saison kommt Rugani bei Juventus so gut wie gar nicht zum Zug. Der Abwehrverbund um Chiellini, Bonucci und Barzagli, das Prunkstück des italienischen Rekordmeisters, sitzt absolut fest im Sattel und ausgenommen einer schwerwiegenden Verletzung bei einem der Akteure, scheint die Chance auf baldige und regelmäßige Spielpraxis für Rugani in weite Ferne zu rücken. Die Qualität des Jungnationalspielers gilt in Italien als unbestritten, und bei Juve hofft man auf einen fließenden Übergang hin zur Verjüngung der Abwehrreihe. Verständlich jedoch, dass ein junges und vielversprechendes Innenverteidigertalent in seiner Blüte nur sehr ungern länger auf der Bank Platz nimmt. Bei einem möglichen Abgang von Neven wäre das die Chance für den BVB. Ob vorerst per Leihe oder fest, durch Rugani würde die Defensive um einen in Italien herausragend ausgebildeten, jungen und hungrigen Innenverteidiger bereichert werden. Für die Borussia wäre das Risiko, sollte Juve keine horrenden Ablösesummen a la Athletic Bilbao in den Raum werfen, relativ überschaubar. Möglich wäre in dem Fall eventuell auch eine Reinvestition der generierten Subotic-Ablöse.
Fazit: Die Chancen einer Realisation dieses Transfers sind schwierig einzuschätzen. Sportlich hegt Rugani sicherlich die Ambition, sich langfristig bei Juventus durchzusetzen, zumal er seit den Kinderschuhen ein Bianconeri-Anhänger ist. Der gerade Weg führt andererseits nur selten zum Erfolg, und gerne kann der junge Italiener auf seinem sportlichen „Umweg“ den Halt BVB einlegen. Profitieren würden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit beide Parteien.
Unter dem Radar:
Jerry St. Juste
In Europa noch relativ unbekannt, ist der erst 18-jährige Niederländer vom SC Heerenveen zuletzt durch starke Leistungen in der Eredivisie aufgefallen. Der Innenverteidiger gab Ende Januar dieses Jahres sein Debüt bei den Profis und überzeugte auf Anhieb. Beobachter loben vor allem seine bereits überragende Ruhe am Ball. Mit 1,82 Meter Körpergröße auf seiner Position eher benachteiligt, macht St. Juste diesen Makel durch gutes Timing und Positionsspiel immer wieder wett. Zurzeit erscheint Heerenveen für den jungen Niederländer als idealer Ort und Verein zur Weiterentwicklung. So verlängerte er erst kürzlich seinen Vertrag um drei weitere Jahre. Jedoch scheint auch beim „Niederländischen Varane“, wie er jetzt schon anerkennend in Fachkreisen genannt wird, das Entwicklungspotenzial enorm zu sein. Eher unrealistisch also, dass die Fans von Heerenveen sich noch sehr lange an seinem Spiel erfreuen dürfen. Es würde also auch dem BVB nicht schaden sich mal wieder im Nachbarland nach potenziellen Verstärkungen umzuschauen.
Persönlicher Geheimtipp:
Elmir Nabiullin
Wer? Genau. Da der Autor dieses Textes seine familiären Wurzeln im großen und schönen Russland hegt und dort jährlich einige warme Sommerwochen verbringen darf (und gerne in dritter Person von sich spricht, ähnlich wie Olli Kahn zu besten Zeiten), ist dieser Spieler eine persönliche Empfehlung. Gute Linksverteidiger sind auch, aber vor allem in Russland sehr rar gesät. Der 20-jährige von Rubin Kazan überzeugte nicht nur zuletzt in der Europa League vor allem in den Spielen gegen Jürgen Klopp’s Liverpooler. Im März 2014 mit seinem ersten Spiel für Rubin, ist der schnelle Linksfuß mittlerweile mit erst 20 Lenzen unumstrittener Stammspieler. Ende März 2015 kam Nabiullin zudem zu seinem Debüt in der russischen Nationalmannschaft. Ausgestattet mit großem Offensivdrang, überzeugt er vor allem durch seine auffällig gute Fähigkeit zur Antizipation. In russischen Fachkreisen gilt der Mann mit tatarischen Wurzeln als der Spieler mit dem größten Potenzial dazu, in naher Zukunft auch international für Aufsehen sorgen zu können und den Durchbruch zu schaffen. Zwar hat der BVB gerade auf der Position des Linksverteidigers keinen akuten Handlungsbedarf, hat man mit Schmelzer, Durm und Park zumindest ordentliche Lösungen parat. Zu viel Qualität, gerade junge und unbekümmerte, hat jedoch bekanntlich noch keinem Kader geschadet.
Auf der Suche nach Verstärkungen muss der Blick jedoch nicht zwangsläufig über die Landesgrenzen hinaus schweifen. Manchmal reicht auch ein Besuch auf einem der benachbarten Plätze der Brackeler Trainingsanlage, um großes fußballerisches Talent zu Gesicht zu bekommen. Besonders zwei Jungspunde der eigenen Talentschmiede schicken sich über kurz oder lang an, den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen.
Felix Passlack
Besonders großer Hype entstand in diesem Jahr um den Kapitän der Dortmunder U19. Letzten Winter noch überraschend von Jürgen Klopp mit ins Wintertrainingslager ins spanische La Manga mitgenommen, war der damals erst 16-jährige Passlack im Anschluss großes Gesprächsthema. Offensichtliche Vergleiche zu Mario Götze wurden breit offengelegt: Gemeinsamkeiten in Statur, Alter und fußballerischem Können sind ohne Zweifel nicht von der Hand zu weisen. In der Tat gilt der gebürtige Bottroper als das größte Talent Deutschlands in seiner Altersklasse. Variabel in seinem Spiel, kann er nicht nur praktisch alle offensiven Mittelfeldpositionen bekleiden, sondern ist als gelernter Außenverteidiger auch defensiv auf beiden Seiten einsetzbar. Gepaart mit einer bereits sehr ausgeprägten körperlichen Präsenz und für das junge Alter ungewöhnlich ausgereiften Führungsqualitäten, sehen viele eine baldige Berufung des Jungspunds zu den Profis als alternativlos. Man darf jedenfalls gespannt sein, ob und wie Thomas Tuchel in mittelfristiger Zukunft mit dem diesjährigen Gewinner der Fritz-Walter-Medaille in Gold plant.
Dzenis Burnic
Auch bei diesem jungen Mann würde es kaum verwundern, sollte er in naher Zukunft dazu kommen erste Bundesligaminuten schnuppern zu dürfen. Der 17-jährige Linksfuß durfte genau wie Felix Passlack bereits im Wintertrainingslager unter Jürgen Klopp erste wertvolle Erfahrungen im Profibereich sammeln und gilt in der U19 des BVB, neben Kapitän Passlack, als zumindest spielerisch gleichberechtigter Leader. Der Achter spielt eine tragende Rolle im Team der U19 unter Trainer Hannes Wolf. Burnic’ Beweglichkeit und Handlungsschnelligkeit erinnern bereits in Ansätzen an einen Spielertypen a la Ilkay Gündogan. Teils wird dem jungen Deutsch-Bosnier auf dem Platz noch eine leicht arrogante und überhebliche Art vorgeworfen. Dies hängt aber meist mit der gewissen „Lässigkeit“ und Qualität zusammen, die Burnic regelmäßig auf dem Platz zeigt und den meisten Gegenspielern damit um Längen voraus ist. Als balldominanter Spieler laufen unter anderem auch in der U17-Nationalmannschaft die meisten Angriffe über ihn. In Sachen Physis muss der Jungborusse zwar noch deutlich zulegen. Durch seine Fähigkeiten den einen überragenden Pass spielen zu können und sich schnell vom Ball zu trennen gleicht sich dieser Makel zumindest bis jetzt meistens aus. Ähnlich wie Passlack, sollte ein erster Einsatz bei den Profis eher eine Frage des „wann“, weniger des „ob“ sein.
Interessante Kandidaten im Fokus:
Jacob Bruun Larsen (17, BVB U-19)
Janni-Luca Serra (17, BVB U-19)
Rodrigo Bentancur (18, Boca Juniors)
Luka Jović (17, Roter Stern Belgrad)
Emanuel Mammana (19, River Plate)
Sven van Beek (21, Feyenoord Rotterdam)
Neal Maupay (19, AS Saint-Etienne)