
BVB Präsident Lunow verzichtet auf weitere Kandidatur Wir haben keine Wahl – Chance verpasst

Mit Lunows Verzicht auf eine Kandidatur ist die Möglichkeit eines echten Umbruchs im Verein vorerst vom Tisch. Anstelle neuer Impulse bestimmen weiterhin vertraute Strukturen und gewachsene Netzwerke das Geschehen.
Heute Vormittag verkündete Dr. Reinhold Lunow, auf eine erneute Kandidatur für das Amt des Präsidenten des Ballspielvereins Borussia 1909 e.V. Dortmund zu verzichten. Nach Gesprächen mit Noch-Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA Hans-Joachim Watzke habe er von diesem die Zusage erhalten, dass er ihm wichtige Inhalte wie Mitgliedermitbestimmung und die Einhaltung des Grundwertekodex‘ berücksichtigen werde. Damit könne er die Amtsgeschäfte „guten Gewissens“ übergeben.
Nach dem Rücktritt der für das Amt der Schatzmeisterin angedachten Dr. Sabine Aldermann am letzten Samstag ist das ein Schritt, der nicht gänzlich überraschend kommt. Egal welche Gründe dafür nun den Ausschlag gegeben haben, nach Außen wirkte es so, als ob im Team um Dr. Lunow in den letzten Wochen die Zuversicht auf einen Wahlerfolg geschwunden sei. Nach seiner öffentlich verkündeten Wiederkandidatur wird dem amtierenden Präsidenten der Schritt nicht leichtgefallen sein. Und auch wenn der Artikel auf der KGaA-Homepage Harmonie suggeriert, dürfte davon in der Realität nach den zermürbenden letzten Wochen nicht viel übrig gewesen sein.
Bemerkenswert an der Veröffentlichung sind dabei zwei Dinge: Der bloße Umstand, dass das Zurückziehen der Kandidatur von Dr. Lunow der KGaA eine Veröffentlichung auf der eigenen Homepage wert war – die damalige Ankündigung, weiterhin Präsident bleiben zu wollen, jedoch nicht. Auch die Wortwahl ist vielsagend: Er habe von Watzke das Versprechen erhalten, ihm wichtige Inhalte zu „berücksichtigen“. Eine Berücksichtigung ist viel schwächer als das Versprechen einer tatsächlichen Umsetzung. Man kann etwas bei einer Entscheidungsfindung berücksichtigen – aber dann zum Entschluss kommen, dass es keine hohe Priorität hat. Wie genau für Mitglieder wichtige Inhalte umgesetzt werden, wird man aber natürlich erst nach einer mutmaßlichen Wahl Watzkes sehen.
Was man schon jetzt sagen kann, ist, dass der BVB e.V. eine Chance auf einen echten Wechsel verpasst hat. Man hätte die Möglichkeit gehabt, Mitglieder im Vorfeld mit inhaltlichen Konzepten anzusprechen, sie von sich zu überzeugen und darüber abstimmen zu lassen. Ohne Gegenkandidaten wird es wohl wie immer laufen – die eine Person, die zur Wahl steht, wird auch gewählt. Dieses sich selbst erhaltende und verkrustete System mit all seinen alten Seil- und Kameradschaften wird fortgeführt – mit Mitgliedern im Wirtschaftsrat, die vor rund 20 Jahren dort eingesetzt wurden, als Watzke vom Schatzmeister des BVB e.V. in die Geschäftsführung der KGaA berufen wurde und die gemeinsam den Karren aus dem Dreck gezogen haben. Das ist eine Leistung, die man nicht hoch genug bewerten kann. Da ist es nur natürlich, wenn sich Beziehungen über die Jahre festigen und zu einer tiefen Verbundenheit führen. Ungesund wird es erst dann, wenn, wie in diesem Fall, ein Kandidat dann ganz offen und auch medial protegiert und anderen Personen schon der Vorschlag zur Wahl verwehrt wird. Ob diese Konstellation wirklich noch zum Wohle des Vereins ist, gilt es auch bei einer erfolgreichen Kandidatur Watzkes zu überdenken.
Mit dem Team Lunow, Scholz und Aldermann war die Chance da, einen, wie man neudeutsch so schön sagt, „change of culture“ einzuläuten, bei dem nicht automatisch eine kleine Gruppe Auserwählter unter sich ausmacht, wer die Geschicke des Vereins in Zukunft leitet und dafür sorgt, dass sich daran auch bloß nichts ändert. Dabei muss sich einiges ändern. Wenn man dem ganzen traurigen Ablauf der letzten Wochen etwas Positives abgewinnen kann, dann, dass er deutlich gezeigt hat, dass die Satzung des Vereins in einigen Punkten mindestens ebenso altbacken ist wie die Machtstrukturen. Sie gehört überarbeitet, konkretisiert und modernisiert. Es darf zum Beispiel nie wieder vorkommen, dass man erst Gutachten bemühen muss, um feststellen, wie viele Personen überhaupt zur Wahl vorgeschlagen werden können. Daran ob und wenn ja wie eine Satzungsänderung angegangen wird, wird man schon absehen können, was wirklich im Fokus des Handelns steht: das Wohl des Vereins oder der Erhalt der eigenen Pfründe.
Vorerst bleibt nur eins zu sagen: Danke, Dr. Lunow für Ihren Einsatz bis hier her und schade, dass es jetzt endet.
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