Warmlaufen

Es ist Real

23.04.2013, 19:09 Uhr von:  Nadja
In den Tagen nach dem unbeschreiblichen 3:2 gegen Malaga, diesen historischen 69 Sekunden im Westfalenstadion, stand die Borussengemeinde jeden Morgen auf und versuchte zu begreifen, was passiert ist. Man kniff sich und stellte dann mit Gänsehaut fest: "Es ist real, wir sind im Halbfinale!" Nach der Auslosung hatten wir es dann sogar schriftlich: "Es ist Real." Die Galaktischen, die Königlichen, das weisse Ballet, der grösste Klub der Welt (Bitte den gewünschten Superlativ auswählen!) würden sich also erneut auf den Weg ins Westfalenstadion machen. Das ist soweit gar nicht so ungewöhnlich, denn Madrid ist in jüngster Zeit ein verhältnismässig häufiger Gast im schönsten Stadion der Welt. Das Spiel vor genau einem halben Jahr war das bisher letzte einer ganzen Serie gewesen.

Rückblick: Wir schreiben den 19. August 2009, das grosse Real Madrid hat sich angekündigt, um dem rekonvaleszenten BVB zu seinem Jubiläumsjahr ein bisschen vom alten Glanz zu schenken. Stars wie Ronaldo und Robben, Raul und Higuain geben sich ein Stelldichein, ganz Dortmund ist im Bann dieser Millionentruppe, die Erinnerungen weckt an noch nicht lang vergangene Zeiten, als man selbst noch mitspielte im Konzert der Grossen. An Tage wie das Championsleague Halbfinale gut elf Jahre zuvor, als man beim Torfall von Madrid, dem grössten Aprilscherz in der Fussballgeschichte, noch lange Paroli bieten konnte, nachdem das wichtigste Tor schon vor Spielbeginn gefallen war. Oder an Tage wie den gut sechs Jahre zuvor, als man in der zweiten Gruppenphase der Championsleague nur ganz knapp ein Weiterkommen auf Reals Kosten und somit das Halbfinale verpasste. An diesem schönen, warmen Augusttag 2009 ist man von den Galaktischen und diesen Erfolgen so weit entfernt wie die Erde von der Sonne. Seit den letzten Spielen in der Championsleague formten ein verlorenes Pokalfinale und sporadische (aber nicht zu verachtende!) Derbysiege die Höhepunkte in Saisons zwischen Bielefeld und Bochum, Wolfsburg und Hoffenheim, Liberec und Olmütz. Real Madrid spielte, nicht einmal mit vollen Kräften agierend, den BVB an dem Tag an die Wand. 5:0 war das Endresultat und doch waren wir alle Stolz darauf, mal wieder internationales Flair in unserem schönen Stadion gehabt zu haben. Man träumte ein bisschen von vergangenen Zeiten und schaute ehrfürchtig auf den Rasen. Keiner von uns hat in dem Moment geahnt, dass diese Saison die Borussen letztendlich wieder nach Europa bringen würde. Und was danach folgte, davon hat wohl niemand auch nur zu träumen gewagt, als sich der Mannschaftsbus von Real Madrid nach dem Testspiel in Richtung Flughafen wegbewegte und Europa wieder Platz machte für Freiburg, Frankfurt und Köln.

Zeitsprung: Am 24. Oktober 2012, also vor genau 6 Monaten, gastierte das grosse Real Madrid erneut im Westfalenstadion. Es war kein Testspiel, kein Geschenk zum Geburtstag und wir waren auch nicht der bemitleidenswerte Sparringspartner. Real trat in der Championsleague-Todesgruppe an beim doppelten deutschen Meister, aktuellen Pokalsieger, dem besten Team Deutschlands. Die Vorzeichen auf BVB-Seite waren komplett anders, während sich bei Real seit 2009 eigentlich nur einige Namen geändert hatten. Dennoch wurden die Madrilenen an diesem Tag aus dem Stadion gekämpft. Vielleicht nicht gleich weggespielt, aber doch niedergerungen. Der neue BVB kann in Europa mithalten, das war die schönste Erkenntnis nach diesem Spiel. 2:1 durch Tore von Lewandowski und Schmelzer, eine unglaubliche geschlossene Mannschaftsleistung und eine gigantische Kulisse. Wir sind wieder wer, wurden mit Komplimenten überschüttet und waren auf einen Schlag in ganz Europa ein Begriff. Man hat uns vorausgesagt, nach diesem Sieg, dass wir es weit bringen würden und hier stehen wir nun, ein halbes Jahr nach dem ersten Gruppenspiel gegen Real, dreieinhalb Jahre nach dem Testspiel, neun Jahre nach dem letzten Championsleague-Spiel vor der Krise, fünfzehn Jahre nach dem letzten Halbfinale, sechzehn Jahre nach dem grössten Triumpf der Vereinsgeschichte, wieder im Halbfinale der Championsleague, wieder gegen Real Madrid.

Manchmal würde man sich wünschen, dass ein paar mehr Menschen sich ab und zu erinnern würden, wo wir herkommen und dass es beim BVB noch vor Kurzem Zeiten gab, in denen die Championsleague nicht unerreichbarer gewesen wäre, wenn sie auf dem Mars stattgefunden hätte. An Zeiten, in denen sich die Südtribüne voller Ironie wünschte, dass Nelson Valdez uns doch bitte in die Championsleague schiessen sollte, wenn der Gurkenkick auf dem Rasen selbst keine Unterhaltung bot. Hätte die Vereinsführung daran gedacht, vielleicht hätten dann ein paar mehr von denen, die damals in Bielefeld im Regen gestanden haben, eine Karte für das grösste Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte bekommen können. Leider geht das im Fussball aber nicht so und deswegen ist das der kleine Schatten, der über diesem Spiel hängt, das ansonsten so gross und wichtig ist, dass es alles überstrahlt und in den Schatten stellt. Fürth? Mainz? Hoeneß' Steueraffäre? Egal! Schule? Arbeit? Partner? Auch egal! Was essen wir heute? Madrid! Hast du für die Französischprüfung gelernt? Madrid! Wer hat die Bilanzen analysiert? Madrid!

Lasst uns die Geschichte mit Götze vergessen und die Mannschaft bedingungslos unterstützen! Wir sind im Halbfinale der Championsleague, lasst es nicht zu, dass Bayern uns das versaut!!! Es soll morgen ein Fussballfest erster Klasse werden, auf und neben dem Platz! Lasst es uns geniessen und zusammen mit dem Team alles geben, um diesen unglaublichen Traum weiterträumen zu können! Dortmund soll brennen, vom Bäcker bis zum Schuhverkäufer, vom Studenten bis zum Professor, von Lewandowski bis Weidenfeller. Ab jetzt gibt es für uns alle nur noch ein Ziel: Haut se wech!!!

Die Aufstellungen:

Die Personalsituation ist entspannt, Fragezeichen stehen nur hinter Kehl und Bender, das Mainz-Spiel hat keine Spuren hinterlassen. Jürgen Klopp war zuversichtlich, dass zumindest Bender wieder fit sein könnte. Vieles spricht dafür, dass er dann neben Gündogan die Doppelsechs formen wird. Ansonsten dürfte mit den üblichen Verdächtigen gerechnet werden. Auf Real-Seite haben sich mit Modric und Marcelo zwei wichtige Stützen verletzt. Ob es für sie bis Mittwoch reicht, wird wohl erst kurzfristig bekannt gegeben.

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