Spieler im Fokus

Der BVB und der 1. FC - Eine Annäherung an das Verhältnis alter Erzrivalen

25.06.2013, 18:58 Uhr von:  Redaktion

„Erster Fußballclub Köln!“ So schallte es am 30. April 2011 durch das Westfalenstadion - insbesondere nach dem Schlusspfiff waren diese Sprechchöre nicht nur von einigen Wenigen, sondern offenbar von der kompletten Südtribüne zu vernehmen. Selbstredend hatte dies nicht schlichte Sympathiegründe. Soeben hatte der 1. FC Köln seinen rheinischen Rivalen Bayer Leverkusen mit 2:0 besiegt - und damit dem BVB mit seinem eigenen 2:0-Heimerfolg über den Club aus Nürnberg die siebte deutsche Meisterschaft bereitet. Artig bedankten sich die Zuschauer für die unerwartete Hilfe aus dem Fußballwesten. Aber steckte am Ende doch mehr dahinter als Dank und pure Freude?

Es erscheint mir persönlich beispielsweise undenkbar, dass ein Jahr später - am 21. April 2012 - Fangesänge des SV Werder angestimmt worden wären, hätten die Bremer uns bereits mit einem Sieg vorzeitig zum Meister gemacht. Okay, mit dem eigenen 2:0-Sieg am Abend über Mönchengladbach wurde die Meisterschaft dann einige Stunden später schlicht aus eigener Hand perfekt gemacht - und dennoch, die Atmosphäre, die sich spätestens im April 2011 entwickelte, sucht seinesgleichen. Die These: Derlei Gesänge hätte es für keinen anderen Verein in der Bundesliga im Westfalenstadion gegeben. Zwischen dem BVB und dem 1. FC Köln scheint sich eine ganz besondere Beziehung entwickelt zu haben. Aber eine Fan-Freundschaft zwischen dem FC und dem BVB - geht das überhaupt?

Mit dem 1. FC Köln und dem BVB reden wir immerhin über zwei Vereine, die noch vor einigen Jahrzehnten gegeneinander um die Vorherrschaft im deutschen Fußball kämpften. So war beispielsweise noch im Jahr 1962 der FC Deutscher Meister. Ein Jahr später holte sich der BVB die letzte Meisterschaft vor der Einführung der Bundesliga, dessen erste Saison schließlich der FC wieder als Erster abschloss. Doch - abgesehen von einem weiteren Kölner Zwischenhoch in den 1970ern - ging die Schere auseinander. Spätestens in den 1990ern war die Rollenverteilung eindeutig und aus den Erzrivalen von einst waren friedliche Nachbarn im Fußballwesten geworden: Der BVB war der Meisterschaftsanwärter, der FC die Fahrstuhlmannschaft zwischen erster und zweiter Liga.

Neben einer oftmals kolportierten Zusammenarbeit auf Ultra-Ebene hat sich bereits vor geraumer Zeit in dem sozialen Netzwerk „Facebook“ eine Gruppe positioniert, die genau dies zum Ziel hat, dies suggeriert bereits der Name: „1. FC Köln & BVB 09 - Fanfreundschaft“. Ich gebe zu, dass ich die „Gefällt-mir“-Angaben nicht dauerhaft verfolgt habe, aber die gegenwärtigen rund 30.000 Follower scheinen mir eine stark wachsende Gemeinschaft darzustellen. Mittlerweile wird von den Machern der Seite sogar geprüft, ob eigene Fanartikel mit den Motiven beider Vereine herausgebracht werden können und - aus markenrechtlichen Gründen - dürfen. Was sich dort virtuell entwickelt, spielt sich auch in der Realität ab. Der Autor dieser Zeilen dürfte ein gutes Beispiel sein. Wenn man den größten Teil seiner Zeit in dieser Stadt verbringt, dann kann man sich der Anziehungskraft des FC auf mittlere bis lange Sicht wohl einfach nicht mehr verschließen - es sei denn, man ist Gladbacher, Düsseldorfer oder Leverkusener. Das hat nun beileibe nichts mit dem Erfolg des FC zu tun, das Wohlwollen vieler Borussen-Fans dem FC gegenüber scheint andere Ursachen zu haben.

Die Art und Weise, wie der FC in Köln gelebt wird, die Verbundenheit der Kölner mit ihrem Verein, ja, die Stilisierung eines Fußballvereins zu einer Art Ersatzreligion - dies alles kommt mir persönlich aus Dortmund sehr bekannt und sehr begrüßenswert vor. Vielleicht ist es genau diese Art und Weise, wie Fans und Verein in der Domstadt auf der Grundlage eines überbordenden Kölschen Nationalgefühls miteinander verbunden sind, die auch bei zahlreichen Dortmund-Anhängern gewisse Sympathien für den FC auslösen. Da es nun in der Domstadt und im weiteren Umkreis, das klar dem FC zuzuordnen ist, zahlreiche Exil-Borussen gibt, ist die Basis für eine friedliche Koexistenz gegeben. Ein Gegeneinander erscheint aufgrund der örtlichen Zwangsgemeinschaft beider numerisch großer Lager quasi ausgeschlossen, warum also dann nicht miteinander?

Dies ist - ohne dass dies nun überheblich gemeint sein soll - angesichts der unterschiedlichen sportlichen Ansprüche auch keineswegs unvereinbar. Und - nun mit einem Augenzwinkern - die beiden Spiele in der Bundesliga gegen den FC sind für uns Dortmunder doch eigentlich auch immer sechs sichere Punkte. Die Sympathien für den FC sind zumindest bei mir auch in meinen persönlichen Antipathien gegenüber dem Kölner Erzrivalen aus Mönchengladbach begründet. Auch mit den anderen rheinischen Rivalen des FC insbesondere aus Leverkusen, aber auch aus Düsseldorf, kann ich nicht allzu viel anfangen. Wenn dazu noch Ereignisse dazukommen wie das eingangs geschilderte Erlebnis aus dem April 2011, so scheint sich eine gewisse gegenseitige Sympathie zu entwickeln, die im Lauf der Zeit eine Eigendynamik entwickelt. In Erinnerung ist auch eine Situation aus dem Heimspiel gegen den FC am 22. Oktober 2011, als nach unserem 5:0 Kevin Großkreutz nach dem Spiel die Welle mit den FC-Fans zelebrierte. Gewiss, hier spielte auch eine gehörige Portion Kölscher Galgenhumor nach der deftigen Niederlage herein, aber auch dies bildet ein kleines Mosaiksteinchen im großen ganzen Bild.

Auch ich besuche mittlerweile gelegentlich - und sofern der Spielplan meiner Borussia es überhaupt erlaubt - Spiele des FC. Die Beziehung zwischen beiden Vereinen, die sich insbesondere in den vergangenen Jahren entwickelt hat, verfolge ich sehr wohlwollend. Das dies nicht nur von Teilen der Fan-Lager geschieht, sondern sich auch bei den Offiziellen widerspiegelt, belegte insbesondere das kurzfristig anberaumte Testspiel im Januar 2013 im Müngersdorfer Stadion, das dem Vernehmen nach nur den guten Beziehungen zwischen den Vereinsoberen zustande kam.

Um das klarzustellen: Der BVB ist und bleibt die unangefochtene Nummer eins im Leben eines Borussen, auch bei einem Aufeinandertreffen beider Vereine. Ich hoffe jedoch weiterhin auf möglichst viele Gleichgesinnte für eine starke Bindung zwischen dem BVB und dem 1. FC - man muss sich ja nicht gleich gegenseitig um den Hals fallen. Aber Freunde bereichern ja auch das Fußball-Leben.

Daniel, 25.06.2013

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