„Erste Spiel gleich Scheisse!“
So würde wohl Trainerlegende Dragoslav Stepanovic das erste Saisonspiel der U 19 des BVB zusammenfassen. Bei Aufsteiger Wuppertal blamierte sich die Truppe von Neu-Trainer Meister direkt mal ordentlich und knüpfte so nahtlos an ihre schwachen Leistungen der letzten Saison an. Einen Platzverweis sowie einen verschossenen Elfmeter gab es gratis dazu.
Das altehrwürdige Stadion am Zoo war Schauplatz der ersten Saisonpartie unserer U 19 um ihren neuen Übungsleister Mark Patrick Meister, der vom HSV kam und Sascha Eickel nach der letzten, total enttäuschenden Saison ersetzte. In Wuppertal wurde die Partie zum Anlass genommen, sich mal wieder als Bestandteil der großen Fußballvereine zu fühlen. So zog man von der Bezirkssportanlage Uellendahl ins große Stadion um und behält sich diese Maßnahme auch für weitere Topspiele vor. Der Verein lechzt auch deshalb nach großem Fußball, da bisher nur ein Saisonspiel der ersten Mannschaft absolviert werden konnte und die zwei geplanten Auswärtsspiele in Ratingen und Hönnepel-Niedermörmter aufgrund von Sicherheitsbedenken verlegt wurden. Da verwunderten denn auch nicht die Sprechchöre der durchaus stattlichen Kulisse: „Gegen alle Auswärtsverbote!“ Ansonsten überzeugte neben der Retro-Kulisse auch das eigens für die heimische U 19 produzierte Stadionheft. Auch wenn bei einem Fünftligisten der gerade erst wieder aufgestiegene Bundesliga-Nachwuchs zweifellos eine wichtigere Rolle als bei einem CL-Finalisten einnimmt, verdeutlichen auch solche Kleinigkeiten das brachliegende Potenzial bei unserem Verein, der heuer von Ingo Preuß und Eddy Boekamp in der WSV-Ehrenloge vertreten wurde.
Die erste Chance der neuen Saison vergab nach gespielten sechs Minuten Neuzugang Pascal Stenzel, nachdem er von Dudziak schön bedient wurde. Für Vorlagengeber Dudziak wird es wohl die bisher entscheidende Saison seiner Karriere. Galt er vor einiger Zeit in manchen oberflächlichen Medien noch als neuer Götze-Nachfolger, gelang ihm in der Sommerpause
noch nicht einmal der Sprung in den engeren Kader der U 23 von Trainer David Wagner. Nur einem Wuppertaler Kopf war es nach 17 Minuten zu verdanken, dass Greshake nach seiner verlorenen Spielzeit nicht der erste BVB-Torschütze der neuen Saison wurde. Er scheiterte per Kopf im Anschluss an eine Ecke. Nach einer weiteren Ecke war es die Latte, die den Führungstreffer durch BVB-Innenverteidiger Til Bauman verhinderte (24.).
Dietz ersetzt Dietz
Kurz vor dem Halbzeitpfiff hätte es dann fast auf der anderen Seite geklingelt. WSV-Stürmer Jonas Schneider umspielte nach schönem Steilpass Steffen Göcke, doch konnte sein Schuss auf der Linie vom aufmerksamen Bauman so gerade noch zur Ecke gerettet werden. Kurz vorher verließ übrigens Mannschaftskapitän Nils Dietz taktisch und/oder leistungsbedingt das Spielfeld. Kurios: Für ihn kam sein Bruder Lars in die Partie. Naja, vielleicht hat sie Trainer Meister (hier bieten sich zukünftig ganz wunderbare Wortspiele an!) auch nur verwechselt im Vorfeld... Halbzeit.
Drei Minuten nach Wiederbeginn sah Steffen Göcke erstmals schlecht aus, als Timo Krampe nach einer Ecke ihn am kurzen Pfosten anköpfte. Glücklicherweise trudelte das Leder von Göckes Faust knapp neben das Tor. Im direkten Gegenzug spielte Nebihi Dudziak wunderbar frei und der zeigte beim überlegten Abschluss sein ganzes Potential. Gleichzeitig trat er damit die Nachfolge von Nick Weber an, der im letztjährigen Auftraktspiel bei RW Essen den ersten BVB-Treffer erzielte und bekanntermaßen ja inzwischen beim 1. FC Nürnberg unter Vertrag steht. Der bereits angesprochene Krampe brachte es kurze Zeit später tatsächlich fertig, per Kopf aus vier Metern an Göcke zu scheitern (52.). Der Aufsteiger aus der Niederrheinliga hielt hier erstaunlich gut mit, was auch dem neuen starken Mann beim WSV, Achim Weber, sicherlich sehr gut gefallen haben dürfte.
Endgültig begeistert dürfte er dann nach einer Stunde gewesen sein: Jonas Schneider ließ auf dem linken Flügel Rechtsverteidiger Schewior einfach stehen. Seine Hereingabe schoss Löbe Göcke noch an den Fuß, doch gegen den Nachschuss von Teichmöller war der BVB-Schlusmann dann endgültig machtlos. Die gesamte WSV-Bank stürmte anschließend zum Torjubel das Feld. Der große Außenseiter wollte hier die Sensation und die U 19 unseres BVB spielte in dieser Phase des Spiels genauso lethargisch wie in den Abschlusspartien der letzten Saison. Das sollte sich nur weitere fünf Minuten später rächen, als erneut Löbe als Vorarbeiter reüssierte und Krampe wunderbar freispielte. Dessen überlegter Schuss war für Göcke zu gut platziert. Die WSV-Ultras träumten direkt von höheren Weihen: „Deutscher Meister wird nur der WSV!“ und „Europapokal“.
Göcke sieht Rot
Die schlechten Nachrichten für den BVB wurden durch Schiedsrichter Zielsdorf komplettiert, der nach einer unübersichtlichen Situation BVB-Torwart Steffen Göcke des Feldes verwies. Nachdem eine Situation bereits abgepfiffen war, wollte Göcke schnell an den Ball und ein WSV-Akteur nahm dessen ungeschickte Bewegungen zum Anlass, den sterbenden Schwan zu markieren. Nach Rückspache mit seinem Assistenten entschied sich Zielsdorf für die „ultima ratio.“ Die heftigen Proteste aller BVB-Verantwortlichen und auch Göcke ließen eher darauf schließen, dass entweder der ebenfalls beteiligte Schewior daneben gegriffen hat oder überhaupt nichts passierte. Warum sich aber die BVB-Ersatzspieler beim Warmlaufen mit den WSV-Ultras anzulegen meinten, weiß wohl auch nur der Herrgott. Von professioneller Einstellung zeugt das jedenfalls nicht.
Kurze Zeit später besorgte Krampe nach einem Standard aus dem Gewühl die vermeintliche Entscheidung und blamierte die Borussen endgültig bis auf die Knochen. Doch dann trat die Partie in ihre verrückteste Phase ein und die jungen Borussen zeigten zumindest temporär Moral. Denn eine Minute nach dem 1:3-Rückstand verkürzte Knystock mit einem Kracher aus fast dreißig Metern. Kategorie „Verzweiflungsschuss“. Und nur weitere drei Minuten später entschied der inzwischen sichtlich überforderte Zielsdorf nach einem harmlosen Rempler an Dudziak tatsächlich auf Foulelfmeter. Dem BVB bot sich jetzt doch tatsächlich die Gelegenheit, ein eigentlich schon verlorenes Spiel in Unterzahl zu drehen. Doch es passte zum gesamten Spielverlauf, dass der eingewechselte Knystock sein frisches Selbstbewusstsein nach seinem Traumtor nicht nutzen konnte und am gut reagierenden WSV-Torwart Plohmann scheiterte.
Auch die vier Minuten Nachspielzeit waren nicht mehr genug, um wenigstens noch zum Ausgleich zu kommen. So blieb es bei der bitteren 2:3-Auftaktniederlage und der ersten Enttäuschung direkt zum Saisonstart. Gegenüber den traditionell starken und zumindest letzte Saison vor allem konstant punktenden Nachwuchsmannschaften wie Gelsenkirchen, Leverkusen oder Gladbach hat man also bereits am ersten Spieltag unnötig Federn gelassen. Aber vielleicht ist man ja nächsten Sonntag wenigstens zu Hause gegen den Dorfclub VfL Theesen nicht gänzlich chancenlos...
Daten zum Spiel
Tore: 0:1 Dudziak (49., Vorarbeit Nebihi), 1:1 Teichmöller (60., Löbe), 2:1 Krampe (65., Löbe), 3:1 Krampe (80., Gewühl), 3:2 Knystock (81., ohne Vorarbeit)
Zuschauer: 738 (im Stadion am Zoo)
SR: Zielsdorf
Gelbe Karten für den BVB: Dietz (33., Foulspiel), Greshake (36., taktisches Foulspiel), Schewior (77., Foulspiel), Mbende (79., Foulspiel)
Gelb-Rote Karte: Streit (WSV, 90., wiederholtes Foulspiel)
Rote Karte: Göcke (BVB,72., Tätlichkeit)
Chancen: 6:7
Ecken: 6:7
Besonderes Vorkommnis: Plohmann hält Foulelfmeter von Knystock (84., Foul an Dudziak)