Spielbericht Jugend

80 Minuten Unterzahl, großer Kampf und eine bittere Niederlage

23.05.2013, 23:50 Uhr von:  Malte D.
80 Minuten Unterzahl, großer Kampf und eine bittere Niederlage
Vor dem Spielbeginn

Ganz Fußball-Deutschland hat auf dieses Spiel gewartet. Bereits gestern reisten die ersten Fans an den Ort des Geschehens und tauchten die Innenstadt sowie die Gegend rund um das Stadion in ein farbenfrohes Meer. Auf dem Schwarzmarkt wurden teils vierstellige Preise für die billigste Kategorie aufgerufen. Richtig, das Westfalenpokal-Finale der U19 zwischen dem Pack und unserer Borussia in Gelsenkirchen-Ückendorf sprengte alle bisherigen Dimensionen.

Und woran merkt man, dass man in Ückendorf angekommen ist? Richtig, man hört von blau-weiß gekleideten Schulabbrechern erst, dass selbige eine U-Bahn von Dortmund nach Auschwitz planen, ehe ein lauthals skandiertes „Dortmunder Asis“ erklingt. Im Schatten der örtlichen Gesamtschule kam es an diesem Donnerstagabend also zum Nachwuchs-Gipfeltreffen der beiden dominierenden Vereine im Fußballverband Westfalen. BVB-Trainer Sascha Eickel wollte sich zweifellos mit der Titelverteidigung verabschieden und bot dazu seine beste Elf auf (Koray Günter fehlte verletzungsbedingt). So startete BVBII-Held Marvin Ducksch in der Offensive. Doch auch sein Gegenüber Norbert Elgert ließ sich nicht lumpen und schickte mit Max Meyer einen Akteur auf den Rasen, der in dieser Saison sogar bereits CL-Luft schnuppern durfte. Zumindest über etwaige Wechsel mussten sich beide Trainer heute keine Sorgen machen, standen den Regularien entsprechend doch jeweils zehn Ergänzungsspieler für einen Einsatz bereit.

BVB früh in Unterzahl

Spielszene

Nach nur einer Zeigerumdrehung rettete denn auch Wilmes direkt klasse gegen Meyer, ehe auf der Gegenseite Weber und Bandowski innerhalb weniger Augenblicke die durchaus mögliche Führung verpassten. Das „Ey“-Publikum in Ückendorf beeinflusste von Beginn an den Schiedsrichter, was direkt nach vier Minuten zum Gelben Karton für den nach Nürnberg wechselnden Weber führte. Und auch die zweite Kartenfarbe wurde recht bald in den bewölkten Himmel gereckt. Nach einer schnellen Kombination konnte sich Langesberg gegen den flinken Harder als letzter Mann nur noch mit einem Foulspiel behelfen. Der Platzverweis war sicher nicht völlig verkehrt. Zum Glück setzte Ayhan den folgenden Freistoß um Zentimeter neben den Pfosten. Achtzig Minuten standen schwarz und gelb nun in numerischer Unterlegenheit bevor. Mindestens.

Auch wenn der BVB trotz Unterzahl gut mitspielte und insbesondere durch Ducksch und einige Standards sogar ab und an gefährlich vor das gegnerische Gehäuse kam, spielte sich der Großteil der Partie auf der anderen Seite ab. Doch dort stand mit Cedric Wilmes ein junger Mann, der bei einigen Paraden seine Klasse zeigte, die ihn einst zur U17-WM nach Mexiko führte. Vor allem die Parade bei einem Sobottka-Kopfball nach etwa 30 Minuten war aller Ehren wert. Auf der „Haupttribüne“ gab es derweil die ersten kleineren Scharmützel zwischen den mitgereisten BVB-Eltern und einigen grenzdebilen Einheimischen. Es blieb jedoch friedlich. Ähnlich wie auf dem Platz, wo der BVB seine wohl beste Leistung 2013 ablieferte und in den letzten 15 Minuten der ersten Hälfte sogar überlegen wurde. Der stets gefährliche Ducksch vergab aber gute Schusspositionen recht unkonzentriert, sodass es torlos in die Umkleideräume der Sporthalle ging.

Fünf Minuten nach Wiederbeginn mussten dann die wenigen BVB-Symphatisanten eine Situation durchleben, die symptomatisch für die diesjährige Derby-Saison war. Nach einer abgewehrten Ecke trudelte das Leder durch den S04-Strafraum auf den völlig freistehenden Zeugner, der aus sieben Metern Torwart Leifhelm mehr oder weniger anschoss. Von dessen Fuß prallte der Ball auf die linke Seite und dann ging die Post ab. Über Meyer fand der Ball den eingewechselten Donis Avdijaj, der für GE zur bis dato schmeichelhaften Führung einschoss. Zehn Minuten später parierte erneut Wilmes prächtig gegen eine Fehlfarbe.

Warmachen

Nothnagel als Notnagel

In der Folgezeit gab es einen typischen 1:0-Spielverlauf. Unsere Borussia rannte an, ohne jedoch zwingende Torchancen zu kreieren. Auf der anderen Seite boten sich für die Gastgeber weite Räume, die sie jedoch teils kläglich ausnutzten. So rutschte Meyer auf dem seifigen Boden just in dem Moment aus, als er den Ball ins leere Tor einschieben wollte. Und selbst eine 4:1-Überzahlsituation konnte nicht ausgenutzt werden (Nothnagel wehrte sich tapfer). Doch eine neue Episode aus der Reihe „Geschichten, die nur der Fußball schreibt“ sollte in der anschließenden Nachspielzeit dann auch nicht mehr laufen. Die Hässlichen brachten den knappsten aller Siege letztendlich über die Zeit. Man mag sich gar nicht ausmalen, was bei numerischer Gleichzahl hier gegen den großen Favoriten möglich gewesen wäre. Unter diesen Bedingungen muss jedenfalls dem scheidenden Trainer Eickel und seinen tapfer kämpfenden Mannen ein Riesenkompliment ausgesprochen werden.

Wenn man jedoch nun davon ausgeht, dass man diesen Ort nicht so schnell wieder betreten muss, hat man sich getäuscht. Denn in genau einer Woche findet an gleicher Stelle das U17-Endspiel im Westfalenpokal zwischen den Blauen und unserem Nachwuchs statt. Die Revanche muss also nicht lange auf sich warten lassen und einige der heute eingesetzten Akteure auf beiden Seiten werden dann wohl wieder auflaufen. Vielleicht ist dann ja auch Andreas Müller wieder dabei, der sich heute als ehemaliger Hoffenheim-Totalausfall vor dem Relegationsspiel noch echten Fußball geben wollte.

Und dann war da noch...

Enttäuschung

… die Siegerehrung, bei der das gesamte GE-Suffkuttenpublikum sich nicht so recht über den Sieg und den Pokalerfolg freuen konnte oder wollte. In einer Tour wurden während der Zeremonie die BVB-Spieler provoziert, beleidigt und mit „Komm, komm“-Gesten herausgefordert. Man ist ja selbst kein Waisenknabe und hat auch schon viele Stadien mit grenzwertigem Publikum gesehen, aber Ückendorf setzt allem anderen definitiv noch einmal die Krone auf.

Daten zum Spiel

BVB U 19 (4-2-3-1): Wilmes – Deelen (62. Schewior), Zeugner, Langesberg, Sarr – Beutler (62. Holz), Nothnagel – Dudziak, Ducksch, Bandowski (75. Pedro) – Weber (76. Dytko)

Tor: 1:0 Avdijaj (50., Vorarbeit Meyer)

SR: Storks (Velen)

Zuschauer: einige Hundert Insassen (keine BVB-Farben erkennbar)

Gelbe Karten für den BVB: Weber (4., Foulspiel), Beutler (12., Meckern), Nothnagel (58., Foulspiel)

Rote Karte: Langesberg (10., Notbremse)

Chancen: 9:5

Ecken: 6:6

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