Spielbericht Profis

Ein Festtag in schwarz-gelb

18.04.2011, 08:16 Uhr von:  Malte S. Guerriero
Ein Festtag in schwarz-gelb

Besser geht es nicht. Auf einmal sind alle diese Zweifel verpufft. Verkürzt sich der Rückstand auf zwei Punkte? Könnte Leverkusen noch an uns vorbei ziehen? Hätte, wenn und aber. Alles Quatsch. Freiburg hatte die drei Punkte nicht einmal angefasst. Die Chronologie eines denkwürdigen Spieltags.

Die Spielansetzung versprach einiges an Spannung. Um 15.30 Uhr musste Leverkusen in München ran. Nicht wenige Borussen kamen deswegen früher zum Stadion, um das Spiel zu verfolgen. So ertönte um zwanzig vor drei ein lauter Jubel aus dem Biergarten im Strobels. Bayern führt, perfekt. So ging es mit einem kleinen Lächeln ins Stadion. Und unter den Tribünen veranstalteten die Borussen ein kleines Rudelgucken. Vor jedem kleinem Fernseher beobachteten viele Fans gebannt das Geschehen in München. Aus dem kleinen Lächeln wurde nun ein breites Grinsen – nein, ein Freudensprung. Bayern schießt Bayer so richtig ab. Das heißt:

Wenn wir heute gewinnen, können wir in Gladbach Meister werden! Was für eine Vorstellung. Es wird die Sonne scheinen, zahlreiche Borussen werden die Züge nach Gladbach zum Platzen bringen. Im Stadion werden es dann bis zu 25 000 sein. Wenn Leverkusen kurz zuvor dann nicht gewinnt, könnte das Spiel ein Traum werden. Aber vorher galt es ja noch, den Sportclub aus Freiburg zu schlagen.

Um 17.25 Uhr begrüßte Norbert Dickel die 3000 mitgereisten Fans aus dem Breisgau. Ein Sonntag ist für eine 500 Kilometer Tour ziemlich undankbar. Auf Dortmunder Seite war die Stimmung schon vor dem Anpfiff meisterlich. Unter lauten Gesängen betraten die Spieler das Feld. Jetzt zählte es. Wobei dieses Spiel durch das 5:1 der Bayern schon deutlich entspannter angegangen werden konnte.

Und aufgeregt wirkten die Borussen auf dem Rasen auch nicht wirklich. Von Beginn an war klar: Hier spielt nur der BVB, hier spielt der Meister. Das bewies vor allem die Abwehr. Zwar wurde sie von den Gästen auch herzlich wenig gefordert. Aber die Souveränität, die Gelassenheit, die diese vier Spieler ausstrahlen, ist beeindruckend. Lukasz Piszczek und Marcel Schmelzer halten hinten dicht und werden nach vorne gefährlich, während Mats Hummels und Neven Subotic reihenweise Zweikämpfe gewinnen. Das trifft auch auf Sven Bender zu und normalerweise auf Nuri Sahin. Der konnte das allerdings an diesem Tage nicht unter Beweis stellen.

Ein Foul eines Freiburgers zu Beginn der Partie führte dazu, dass er immer wieder auf sein Bein achtete. Zunächst spielte er aber weiter. Kurzer Pass von Sahin an der Mittellinie auf Hummels. Der guckt einmal, schickt mit dem rechten Außenrist Marcel Schmelzer. Der wiederum läuft zur Grundlinie, legt ab auf Mario Götze – 1:0. Das war von den drei Akteuren exzellent gespielt. Und es ging weiter. Wenige Sekunden später kann Götze einen weiten Abschlag von Roman Weidenfeller kontrollieren. Er legt den Ball in die Mitte, Großkreutz und Lewandowski behindern sich gegenseitig und Lewandowski knallt die Kugel aus sechs Metern zehn Meter über das Tor. Das muss von beiden entschlossener angegangen werden.

Indes zeigte Kuba seine Qualitäten. Er ist bei Flanken ja oft zögerlich und weniger erfolgreich. Ebenso beim Torschuss. Aber was er eindeutig kann, ist die Ballbehauptung und -eroberung. So unterstützte er Sahin das ein oder andere Mal in der Zentrale. Der junge Türke musste schließlich noch vor der Halbzeit vom Feld. Antonio da Silva übernahm seine Rolle. Hoffentlich ist das nichts Ernstes.

Wie ein Gast auf einer Hochzeit, hielt sich der SC Freiburg wie schon beim Jubiläumsspiel 2009 dezent zurück und ließ die ganzen Leute feiern. Das Gastgeschenk überreichte kurz vor dem Seitenwechsel. Omer Toprak. Die Nummer 58 der Freiburger spielte den Ball einfach mal in den Lauf von Lewandowski. Dieser machte seine Sache mal gut und umkurvte Torhüter Oliver Baumann. 2:0, das Ding ist durch.

An diesem Eindruck änderte sich auch in der zweiten Hälfte nichts. Während sich Borussia nun etwas zurück nahm, genoss der SC Freiburg wie die Zuschauer ausgiebig die Sonnenstrahlen an diesem schönen Abend. Es war jetzt nicht mehr der Fußball an sich, sondern viel mehr waren es die Emotionen, die diesen Abend bestimmten. Genauer gesagt: Es war Dede.

Bereits vor dem Spiel gab es wieder Gesänge für ihn. Und jedes Mal, wenn er zum Aufwärmen während des Spiels ausrückt, heben sich tausende Borussen. So auch heute. Und weil das Spiel eben durch war, wurden die Gesänge zu Aufforderungsrufen an Jürgen Klopp. Diese Einwechslung hätte sich Dede verdient, sie sollte aber noch auf sich warten.

Ab der 73. Minute begannen die emotionalsten Minuten dieser Partie. Ja, wahrscheinlich die intensivsten der bisherigen Saison. „Deutsche Meister steht auf“ und darauf die LaOla – Gänsehaut!. Und nachdem Großkreutz nach Vorarbeit des überragenden, herausragenden Götze das 3:0 klar machte, gab es kein halten mehr. Und dann kam er. Ein kleiner Brasilianer, ein ganz großer Borusse. Leonardo de Deus Santos. Es ist erstaunlich und faszinierend, wie ein einziger Mensch, ganz unauffällig zehntausende andere Menschen in den Bann ziehen kann. Gemeinsam mit den Kollegen auf dem Feld, die ihn diese Momente sichtlich sehr gönnen, brachte er diesen 3:0-Sieg zu Ende.

Es war die Symbolik, die die Schlussminuten ausmachten. Kevin Großkreutz nach seiner Auswechslung. Geht auf Klopp zu, zeigt ununterbrochen zur Südtribüne. Ob er wohl gesagt hat, dass er gerne schon während des Spiels zur Tribüne möchte? Oder Roman Weidenfeller. Rennt bei einem 3:0 einmal übers Feld, um mit der Mannschaft zu jubeln. Und der Rest der Mannschaft. Schuppst Dede zur Tribüne, schmeißt sich auf ihn. Und der feiert auch noch 10 Minuten später mit den Fans. Klettert auf den Zaun. Später sehen die Journalisten in der Mixed-Zone einen erwachsenen Fußballer, der Tränen in den Augen hat. Alles Gute zum Geburtstag, Leonardo!

Wenn wir irgendwann mal auf diese Saison zurückblicken werden, ist dieser Spieltag einer der bedeutendsten. Es ist wahr geworden. Wir können in Gladbach Meister werden. Nach Molsiris, nach dem Abstiegskampf 2007.

Auf nach Gladbach. Es könnte historisch werden. Ein halbes Stadion voller Dortmunder feiert die Deutsche Meisterschaft.

Klingt nicht schlecht, oder?

Die Noten

Roman Weidenfeller: Was gab es da groß zu halten? Am Schluss eine klasse Parade. 3+

Mats Hummels: Ein Wahnsinnspass aus Schmelzer vor dem 1:0. Ruhig, souverän. 2+

Neven Subotic: Es gibt nichts zu meckern. 2

Marcel Schmelzer: Bärenstark. Mit der Vorarbeit zum 1:0 und einer soliden Abwehrleistung. 2

Lukasz Piszczek: Hatte hinten wenig zu tun, war deswegen fast wie ein rechter Mittelfeldspieler. Besonders in Eins-zu-Eins-Situationen stark. Note: 2+

Sven Bender: Entlastete die Arbeit der Abwehrspieler wie immer gut. 2

Nuri Sahin: Musste früh raus, deswegen keine Bewertung.

Antonio da Silva: Kam für Sahin. Zeigte eine geniale Technik und ersetzte Sahin gut. 2

Kuba: Seine eigentliche Aufgabe auf den Außen vernachlässigt, kämpferisch und technisch richtig gut. 3+

Kevin Großkreutz: Heute eher unauffällig, ein Tor gemacht. Note: 3+

Mario Götze: Ohne Worte. 1+

Robert Lewandowski: Das 2:0 war zwar richtig stark gemacht, jedoch zu wenig angesichts der Torchancen. 2-

Markus Feulner: Kam kurz vor Schluss erst rein, deswegen ohne Bewertung.

Leonardo de Deus Santos: 1+! Und alles Gute zum Geburtstag!

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin - Kuba, Götze, Großkreutz – Lewandowski.

SC Freiburg: Baumann - Mujdza, Barth, Toprak, Butscher - Schuster - Caligiuri, Jendrisek, Makiadi, Putsila – Cissé.

Einwechselungen: 28. da Silva für Sahin, 82. Dede für Götze, 86. Feulner für Großkreutz - 60. Reisinger für Jendrisek, 78. Jäger für Putsila, 79. Nicu für Schuster.

Tore: 1:0 Götze (23., Schmelzer), 2:0 Lewandowski (43., Hummels), 3:0 Großkreutz (78., Götze).

Eckstöße: 4:1 (Halbzeit 3:0),

Schiedsrichter: Zwayer

Zuschauer: 80.720 (ausverkauft).

Stimmen zum Spiel

Reinhard Rauball: "Was soll man groß zu diesem Spiel sagen, wenn die Mannschaft vom Publikum, auch von den Auswärtsfans, so gefeiert wird? Das spricht für sich, die Mannschaft und ihre Leistung. Wir haben die Freiburger 90 Minuten lang ohne Torchance gelassen und wenn man dann mal bedenkt, dass mit Lucas Barrios und Shinji Kagawa unsere beiden torgefährlichsten Spieler fehlten und unser Dirigent Nuri Sahin zwei Drittel des Spiels ausgefallen ist - alle Achtung an diejenigen, die heute auf dem Platz standen. Der ganze Tag, inklusive dem Spiel in München, entsprach einfach meinen Vorstellungen."

Nuri Sahin: "Ich wollte gerade heute 90 Minuten durchspielen, aber das ging leider einfach nicht mehr. Ich hatte Schmerzen im Knie und konnte nicht mehr richtig laufen. Wir gehen von einer Innenbanddehnung aus. Die Jungs haben das auf dem Platz klasse gemacht, das macht uns unglaublich stolz."

Robin Dutt: "Ja ganz ehrlich, interessiert eigentlich irgendjemanden, ob ich jetzt etwas zu sagen habe? (schweigt kurz) Ein paar Punkte müsst ihr noch holen, dann sied ihr deutscher Meister. Das habt ihr heute gezeigt, Jürgen. Ihr wart die klar bessere Mannschaft. Die Aufgabe, die uns heute gestellt wurde, war für uns von Anfang an nicht zu lösen. Das war's, vielen Dank."

Jürgen Klopp: "Im Umkehrschluss: Die Aufgabe, die uns heute gestellt wurde, war nicht einfach. Aber die Mannschaft hat sie sensationell gelöst. Es war klar, dass das ein außergewöhnlicher Spieltag ist. Wir haben in dieser Saison schon oft gezeigt, dass wir völlig unbeeindruckt von anderen Ergebnissen agieren. Aber das heute war noch einmal eine Herausforderung. Aber die Jungs haben das toll gelöst, das ist nicht selbstverständlich. Wir haben gegen einen toll organisierten Gegner über 90 Minuten das Heft in der Hand gehabt. Wir haben tolle Chancen kreiert und drei davon auch genutzt. Dem SC Freiburg noch viel Glück für die letzten Spiele und Robin, dir alles Gute."

Sven, Stimmen: MalteS, 18.4.2011

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