
Der BVB und Duranville Was, wenn es die Schulter sprengt?

Julien Duranville hat sich im Viertelfinale der FIFA-Klub-WM in New Jersey gegen Real Madrid eine Sprengung des Schultereckgelenks zugezogen. Wie der BVB mitteilte, lässt sich die Ausfallzeit nicht genau prognostizieren. Wir liefern euch Infos zur Verletzung.
Eine Sprengung des Schultereckgelenks ist eine häufige Sportverletzung, die vor allem bei Kontaktsportarten wie Ringen, Rugby und Eishockey auftritt. Bei American-Football-Spielern ist sie die häufigste Schulterverletzung. Aber auch beim Fußball und Handball kommt es immer wieder zu dieser Verletzung. Sie entsteht in den meisten Fällen durch einen Sturz auf die Schulter oder den Ellenbogen bei angelegtem Arm, gelegentlich auch auf den ausgestreckten Arm.
Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Verletzung. Nach einer Anamnese und einer subtilen klinischen Untersuchung werden Röntgenaufnahmen (Stresspanoramaaufnahmen) mit 10 kg Belastung angefertigt. Dabei wird ein Gewicht am betroffenen Arm befestigt, um die Verschiebung im Vergleich zur gesunden Gegenseite zu dokumentieren. Mittels MRT kann der Zustand der Sehnen und Bänder beurteilt und weitere Verletzungen, beispielsweise der Rotatorenmanschette, ausgeschlossen werden. Auch Ultraschalluntersuchungen werden regelmäßig durchgeführt. Schließlich wird die Verletzung nach Rockwood in sechs verschiedene Grade eingeteilt. Die frühere Einteilung nach Tossy wird inzwischen seltener verwendet.
Der behandelnde Arzt entscheidet abhängig vom Schweregrad nach Rockwood und dem Aktivitätslevel des Verletzten über ein nicht operatives bzw. operatives Vorgehen. Im Fall von Julien haben sich die Verantwortlichen des BVB für eine Operation entschieden. Dies setzt voraus, dass eine höhergradige Verletzung vorliegt. Dies kann bereits bei einer Rockwood-III-Verletzung der Fall sein, wobei in der Literatur diesbezüglich durchaus unterschiedliche Meinungen zu finden sind. Einig ist man sich bei den Rockwood-IV- und -V-Verletzungen. Hier sind alle drei stabilisierenden Bänder und die Gelenkkapsel betroffen. Die Verschiebung des Schlüsselbeinendes ist in der Regel schon beim Betrachten ersichtlich. Beim Abtasten kann man ein Klaviertastenphänomen erkennen. Bei einem nicht operativen Vorgehen besteht ein erhöhtes Risiko, dass sich eine Instabilität des Schultereckgelenks entwickelt.
Es gibt seit Jahren unterschiedliche Operationsverfahren, die immer wieder Anwendung finden. Dazu gehören Hakenplatten, Drähte, Cerclagen und Schrauben. Es werden aber auch Fremdmaterialien, wie bei der TightRope-Technik, eingesetzt. In einer früheren, von mir durchgeführten 10-Jahres-Untersuchung konnte beim Einsatz von Fremdmaterialien oft ein erhöhtes Infektionsrisiko nachgewiesen werden. Neuere Stabilisierungshilfen konnten dieses Risiko jedoch minimieren. Die Operation selbst kann offen oder minimalinvasiv bzw. arthroskopisch assistiert durchgeführt werden.
Man ist sich einig, dass das Nachbehandlungsschema restriktiv zu gestalten ist, wobei die betroffene Schulter für sechs Wochen immobilisiert werden muss. Nach Erreichen der Bewegungsfreiheit kann mit einem dosierten Krafttraining begonnen werden. Abhängig vom Schweregrad und Verlauf ist die volle Sportfähigkeit ab dem 3.–4. Monat nach Stabilisierung erreicht. Natürlich spielt in diesem Zusammenhang auch die Sportart eine Rolle, sodass ich bei Profihandballern in der Regel etwas zurückhaltender agiere. Die Ergebnisse nach den Operationen sind gut bis sehr gut, manchmal aber auch überraschend und korrelieren nicht immer mit dem klinischen und dem bildgebenden Befund. Die Art der Versorgung spielt hierbei keine Rolle. Verbliebene Instabilitäten im Schultereckgelenk sind oft klinisch stumm. Verknöcherungen der Bänder bereiten in der Regel keine Probleme und stellen sich bei meinen Untersuchungen oft als Zufallsbefund heraus. Sekundäre Verschleißerkrankungen des Schultereckgelenks können auch bei optimaler Versorgung nicht ausgeschlossen werden und bedürfen dann eines Zweiteingriffs.
Wünschen wir Julien einen komplikationslosen Krankheitsverlauf! Ich bin mir sicher, dass er dann wieder auf seiner gewohnten Position über den Rasen wirbeln und seine Gegenspieler schwindelig spielen wird. Bis demnächst und Glück auf!
Weitere Artikel
