In Jene spielt sich's nicht bene
Man ist das ärgerlich. Nach der letzten knappen Niederlage gegen die SpVgg Unterhaching setzte es gestern bereits die nächste Niederlage für unsere BVB-Zweitvertretung. Wieder war man über die vollen neunzig Minuten ein gleichwertiger Gegner, doch auch diesmal brachte man sich um den verdienten Lohn und verlor gegen den FC Carl Zeiss Jena mit 1:2. Damit steckt die Truppe von BVB II-Coach Theo Schneider nun richtig tief im Keller fest.
Mit dem Auswärtsspiel beim FCC stand aus Fansicht mal ein richtiger Knaller auf dem Programm. Nach den Touren nach Burghausen, Bremen und Ingolstadt also endlich das erste Spiel mit einem netten Stadion und einer ansprechenden Heimkurve, was bei den Auswärtsspielen zuvor ja nicht wirklich der Fall gewesen ist. Ich bin ja ganz ehrlich: So war ich im ersten Moment bei der Durchsicht des Spielplans nicht gerade erfreut die englische Woche im September als Auswärtsspiel erleben zu dürfen. Doch als mein Blick auf den Gastgeber schweifte, hellte sich meine Laune schlagartig auf. So buchte ich mir auch direkt einen Platz im Bus der „Ultras von die Amateure“.
Mit dem Bus nach Jena
So ging es also für mich und 49 weitere Mitglieder der aktiven Fanszene um kurz nach zwölf Uhr ab Dortmund per Bus gen Osten. Knapp 400 km sollten heute zu bewältigen sein. Da zu aller Überraschung ein jeder pünktlich am Dortmunder ZOB eintrudelte, konnte auch direkt los gefahren werden. In Soest dann noch weitere Mitfahrer eingesammelt und die Besatzung war komplett. Wie schon beim letzten TU-Bus nach Ingolstadt, gab es auch heute eine Einstimmung aufs Spiel per DVD. Diesmal war die 1909-Tage THE UNITY-DVD an der Reihe. Videos gab es von vielen Spielen aus den Jahren 2005 und 2006. Auf jeden Fall sehr gelungen. Gänsehaut pur beim Derbysieg 2005 und beim Flagday gegen HRO, gedrückte Stimmung dagegen bei der ersten „Für immer Westfalenstadion“-Choreografie gegen Hannover. So vergingen die ersten beiden Stunden auf der A44 wie im Flug. Doch spätestens mit dem Wechsel ab Kassel auf die A7 und später auf die A4 begann die Tour durchaus ein wenig zu nerven. Grund waren zahlreiche Baustellen. Spätestens mit der drölften habe ich aufgehört zu zählen. Ein Glück für uns, dass in den frühen Nachmittagsstunden nicht allzu viel Verkehr herrschte, in der Rush Hour hätte es bei zum Teil nur einem Fahrtsstreifen bestimmt den ein oder anderen Stau gegeben. Die zahlreichen Berge die es bei Tempo 60 zu bewältigen gab, taten ihr übriges.
Nachdem man Eisenach, Erfurt und Weimar (mit vielen netten Schlössern) hinter sich lassen konnte und abschließend auch die Frage klären konnte, ob Jena vor oder nach Gera liegt, sah man sich schon am Rastplatz, wo man sich mit vielen anderen Autofahrern traf um die letzten Kilometer zum Ernst-Abbe-Sportfeld gemeinsam zurück zu legen. Die krasse aber zugleich faszinierendste Plattenbausiedlung Deutschlands, nämlich Jena-Lou Bega (manche nennen sie auch Jena-Lobeda) gab einem dann zu verstehen, dass man die Stadtgrenze Jenas erreicht hat. Leider nahm der Busfahrer wie in Ingolstadt schon wieder die falsche Ausfahrt, was nicht nur zu Problemen bei der Abholung meiner Akkreditierung führte, sondern uns auch noch mal einen schönen Umweg über das Paradies bescherte.
Sechs Stunden Fahrt
Nach sechs Stunden Fahrt erreichte man dann endlich das Ernst-Abbe-Sportfeld, wo einem die Polizei direkt zum Gästeparkplatz leitete. Vorbei am vollen Heimeingang und noch einen großen Schlenker rund ums Stadion und man war endlich am Ziel. Insgesamt recht umständlich – ich möchte mal gerne sehen, wenn ein Gegner mit zehn Bussen anreist. Hier gilt es für den FCC nach Verbesserungsmöglichkeiten für die Zukunft zu suchen. Am Eingang gab es dann für den Großteil der Amas-Allesfahrer Freikarten aufgrund einer Vereinbarung mit dem Jenaer (bzw. Jenenser) Fanprojekt. Der BVB wird sich in der Rückrunde entsprechend revanchieren. Eine richtig gute Aktion.
Nicht so toll waren dagegen die Einlasskontrollen und das ausgerechnet gut zwanzig Minuten vor dem Einlass. Da erlebte der ein oder andere Fan ein Déjà-vu. Hand- und Doppelhalter kamen ohne weitere Probleme mit ins Stadion rein, die großen Schwenker mussten dagegen draußen bleiben. Welche Logik sich dahinter verbirgt konnte leider niemand beantworten. Ähnliche Problematik bei den Zaunfahnen, die nicht eigenständig ins Stadion reingebracht werden durften. So wurden diese bei einem Ordner gesammelt, der diese dann über den Innenraum in den Block übergab. Sinnlose Aktion, die sich keinem wirklich erschloss. Und wer gibt denn bitteschön freiwillig seine Zaunfahne gerne aus der Hand? Ich kenne da niemanden. Derartiges Verhalten trägt nicht gerade zu einer spannungsarmen Atmosphäre zwischen Ordnern und Fans bei. Dabei ist es doch eigentlich gerade das Ziel, derartige Spannungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Schade dass der Ordnungsdient des FCC hier dran partout kein Interesse hat.
Gut 300 BVB-Fans im Gästeblock
So kam es dass die Zaunbeflaggung u.a. mit der großen Amateurzaunfahne am Zaun, sowie der Sektion Stadionverbot-Zaunfahne am Wellenbrecher erst nach Anpfiff den Weg an ihren Bestimmungsort erreichte. Just zu diesem Zeitpunkt netzte der BVB II auch gleich in Person von Jörn Neumeister zur 1:0-Führung ein.
Gut 7.000 Zuschauer fanden den Weg in Ernst-Abbe-Sportfeld. Gut 300 Fans dürften dabei die schönsten Farben der Welt im Gästebereich vertreten haben. Für alle diejenigen, die noch nie in Jena waren sei gesagt, dass der Gästebereich direkt an die Heimkurve (Südkurve) grenzt. Getrennt sind beide Blöcke nur durch einen schmalen Pufferblock unterhalb der Anzeigentafel. In Deutschland fallen mir nicht gerade viele Stadion mit derartiger Aufteilung ein. Kein Wunder auch, dass der äußerste Rand der Südkurve öfter damit beschäftigt war zum Teil sogar mit Fanartikeln unseres blauen Nachbarn (!) gegen Schwarzgelb zu pöbeln, anstatt ihr Team zu unterstützen. Unterstützen taten ihre Mannschaft in der Jenaer Südkurve im Übrigen nicht gerade viele. Die Südkurve ist schon nicht gerade groß und wenn man berücksichtigt, dass sich noch nicht einmal die Hälfte der Kurve am Support beteiligte, darf man schon das Wort „Enttäuschung“ in den Mund legen. Vom Rest des Stadions kam dazu überhaupt nichts, wenn man von vereinzelten Gesängen von der Haupttribüne absieht. Zu gute halten kann man den aktiven Fans rund um die Horda Azurro, dass die heimische Kurve sehr nett beflaggt war, Fahnen und Doppelhalter in ständiger Bewegung waren und der Stimmungskern in ständiger Bewegung war. Dazu wurde es bei dem einen oder anderen Gesang auch durchaus annehmbar laut. Wirklich überzeugend war es aber wie gesagt bei Weitem nicht.
Support vom feinsten
Anders dagegen im Gästebereich. Weit über 70 % beteiligten sich permanent am neunzig minütigen Dauersupport. Wiederholungen hielten sich wie gewohnt stark in Grenzen. Dazu wurde das gewohnte Amateurliedgut mit all seinen verschiedenen Facetten zum Besten gegeben. Insbesondere in der zweiten Halbzeit überzeugte der leidenschaftlich und voller Emotionen vorgetragene Singsang absolut. So kann es sehr gerne schon am Sonntag gegen Dresden (14 Uhr im Westfalenstadion) weitergehen. Da man beide Kurven aufgrund ihrer direkten Nähe zueinander leicht vergleichen konnte, dürften die Punkte hier nach Westfalen gehen. Sorry, aber eine Heimkurve muss da einfach lauter rüberkommen.
Zum Sportlichen: Wider Erwarten konnte Theo Schneider auf Stürmer Daniel Ginczek zurückgreifen - fehlen taten dagegen die Nationalspieler Sven Bender und Lasse Sobiech. Ersetzt wurden beide durch Jörn Neumeister, der nach seinem Kurzeinsatz gegen Ingolstadt sein Comeback in der Startelf gab, sowie durch Sebastian Hille.
Nedim Hasanbegovic übernahm dafür Benders Part im Mittelfeld. Ansonsten konnte Schneider auch wieder auf Hünemeier, Koch und Öztekin zurückgreifen. Vom Papier her eine richtig gute Aufstellung, was sich auch über die vollen neunzig Minuten auf dem Platz zeigte. Leider vergaß man wie schon in den letzten Spielen mal wieder das Tore schießen. Bis zum Sechzehnmeterraum sah das Spiel unserer Zweitvertretung sehr gefällig aus, ab dem genannten Sechzehnmeterraum hatte man allerdings das Gefühl, dass das Team den Ball ins Tor tragen wollte. Da wäre ein trockener Schuss mal angebrachter, als ein Haken zu viel. Gerade Yasin Öztekin hatte in der RL West mit seinen Weitschüssen oftmals großen Erfolg. Also Yasin: hau den Ball gegen Dresden einfach mal wieder mit deinen Weitschüssen in den Kasten, damit wir Sonntag endlich den ersten Heimdreier feiern dürfen.
Somit wurden die vielen ausgelassenen Chancen mal wieder gnadenlos bestraft. Der Ausgleich in der ersten Halbzeit war aus spielerischer Sicht durchaus okay, der Siegtreffer der Thüringer kurz vor Schluss war dann aber doch zu viel des Guten. Wieder einmal hatte sich das Thema um Kapitän Uwe Hünemeier um die verdienten Punkte gebracht. Alleine aus den Spielen gegen Bremen, Unterhaching und Jena hätte man durchaus fünf Punkte holen können und würde damit locker im gesicherten Mittelfeld stehen.
Nach dem Spiel kamen einige Spieler noch in die Kurve um sich per Handschlag für die Unterstützung zu bedanken. Der Großteil winkte allerdings nur aus der Ferne. Irgendwie auch verständlich, denn allen Spielern war die unheimliche Enttäuschung förmlich anzusehen.
Mobfoto und ab nach Hause
Im Gästeblock wurde demnach das Material eingesammelt, kurz ein Mobfoto mit allen Anwesenden gemacht und dann sollte es schon auf dem schnellsten Weg zurück ins schöne Westfalen gehen. Also wieder den schmalen Feldweg zurück auf die die Hauptstraße, wo der Busfahrer ausnahmsweise mal die richtige Route nahm. Vorbei an der nächtlichen Plattenbausiedlung Lou Bega, welche beleuchtet noch imposanter aussieht als bei Tageslicht und schon befand man sich auf der A4. Der Busfahrer drückte wann immer es möglich war kräftig aufs Gas. Gleiches tat ein Großteil der Mitfahrer die noch das ein oder andere neue Lied für die Kurve und einige grandiose Klassiker durch den Bus schmetterten. Nach einem längeren Stopp bei einem großen Multi kurz nach Eisenach kam man relativ gut über die A7 und A44 durch den Verkehr, so dass man die geliebte Westfalenmetropole bereits um kurz nach zwei Uhr in der Früh erreichte.
Ausblick
Bereits am kommenden Sonntag folgt das nächste Heimspiel des BVB II. Gegner im Westfalenstadion ist ab 14 Uhr die SG Dynamo Dresden. Wann man dann allerdings wieder ein Spiel der Amateure besuchen kann ist eher ungewiss. Die Spiele gegen Heidenheim und Wuppertal sind auf jeden Fall schon einmal parallel zu den Spielen der Profis gegen den FC Bayern, bzw. in Hannover terminiert worden, so dass diese leider flach fallen werden. Bleibt zu hoffen, dass DFB und ZIS das vorbildliche Verhalten des schwatzgelben Anhangs bei den letzten Heim- und Auswärtsspielen registriert haben und die nachfolgenden Spiele nicht parallel zu den Spielen der Profis angepfiffen werden. Fußball lebt schließlich auch von den Emotionen in den Kurven.