Spieler im Fokus

Der böse Herr Weidenfeller und der liebe Herr Ziegler

25.09.2008, 22:55 Uhr von:  Redaktion

Weidenfeller ist bedient - Voronin kann es nicht glauben Eins ist klar: Roman Weidenfeller hat schon bessere Zeiten im Dress des BVB erlebt. Doch wie ist seine gegenwärtige Leistung einzuschätzen, auch und gerade im Vergleich mit seinem Ersatzmann Marc Ziegler. Wenn man die Spiele der beiden in den letzten Monaten einmal genauer betrachtet, fallen verblüffende Unterschiede im Torwartspiel und der Gesamtleistung der Mannschaft auf.

Wer erinnert sich nicht an den legendären 2:1-Sieg unserer Borussen in Gelsenkirchen 2005? Roman Weidenfeller hielt dort in einer dramatischen Schlussphase diesen für alle BVB-Fans so wichtigen Sieg fest und machte sein wohl bestes Spiel für die Borussia. Auf dem Zenit seines Schaffens wurden erste Stimmen laut, die in der Vor-Neuer/Adler-Ära ihn als Nachfolger der deutschen Torleute Kahn und Lehmann sahen. Weidenfeller entstammt ebenso wie Tim Wiese aus Bremen der bereits jetzt schon legendären Torwartschule des Gerald "Gerry" Ehrmann in Kaiserslautern. Dessen Schützlinge sind nicht gerade dafür bekannt, mit geducktem Kopf und schüchtern durchs Leben zu laufen. Auch Roman Weidenfeller stellte sein damaliges Licht nicht unter den Scheffel und artikulierte mehr als deutlich seine Nationalmannschaftsambitionen.

Weidenfeller und Frei nach dem Pokalsieg gegen Berlin Solange es gut läuft, spricht man dann von "gesundem Selbstbewusstsein", doch sobald es einmal in die andere Richtung geht heißt es "Große Klappe, nichts dahinter". Fakt ist, dass Weidenfeller - auch verletzungsbedingt - in der Folgezeit nicht mehr über einen längeren Zeitraum an die damals gezeigten Leistungen anknüpfen konnte. Viel schlimmer noch: Sein oftmals unwirsches Verhalten der eigenen Abwehr gegenüber bei höchstens durchschnittlicher Eigenleistung wird ihn sicherlich nicht an die Spitze der mannschaftsinternen Beliebtheitsskala katapultiert haben. Selbst bei Partien wie gegen Arminia Bielefeld in der letzten Saison, die man wohl auch mit der Biene Emma im Kasten gewonnen hätte, fiel er durch Unsicherheit und einen groben Patzer auf. Das größte Manko Weidenfellers war jedoch, dass er keine sogenannten "Unhaltbaren" mehr parieren konnte und dem Team nicht mehr einen Punkt oder gar drei Zähler retten konnte. Abgesehen davon, dass bei Weidenfeller grundsätzlich jeder Elfmeterpfiff gegen die Borussia gleichbedeutend mit dem Gegentreffer ist (nur in Nürnberg gegen Mintal hielt er einmal einen Elfer).

In der Rückrunde der letztjährigen Serie spielte aus genannten Verletzungsgründen zu einem Großteil Marc Ziegler. Er bestach teils durch sensationelle Reflexe (auch wenn er gerne mal für die Show fliegt), doch leistete er sich kurz hintereinander in Bochum und gegen Leverkusen haarsträubende und nicht erklärbare Klöpse. Andererseits war er gerade im Pokalwettbewerb einer D E R Garanten für den Finaleinzug, wenn man allein seinen Ziegler machte seine Arbeit beim Spiel im Haberland sehr ordentlichabgewehrten Elfmeter gegen Diego im Achtelfinale bedenkt. Doch wurde besonders ein Unterschied zwischen beiden Schlussmännern letzte Saison überdeutlich, der sich in den ersten Pflichtspielen dieser Saison nahtlos fortsetzte: Marc Ziegler scheint in der Mannschaft im Allgemeinen und in der Defensive im Speziellen wesentlich angesehener und beliebter zu sein. Das ist nicht unbedingt ein Wunder, war Ziegler doch Zeit seiner Karriere stets extrem ausgeglichen (gerade nachdem er Familienvater wurde) und freundlich im zwischenmenschlichen Umgang, während Weidenfeller nicht unbedingt als Sympathieträger anzusehen ist. Dass sich diese Charaktereigenschaften auch in die teaminterne Atmosphäre übertragen lassen, ist zumindest nicht unmöglich.

Doch stand gerade Ziegler diese Freundlichkeit in seiner Karriere auch oft im Weg. Nie war er jemand, der lauthals markige Forderungen stellte. Gerade deshalb stand und steht er immer wieder auf den Zetteln vieler Vereine, wenn diese eine verlässliche Nummer Zwei hinter einem aufstrebenden Schlussmann such(t)en. Jedenfalls war in letzter Zeit das Gefühl nicht abzustreifen, dass sich die Mannschaft wesentlich mehr ins Zeug legte, einen Rückstand aufzuholen, wenn Ziegler hinten im Kasten stand und vielleicht sogar einen Fehler beging. So holte das Team sowohl in Bochum noch ein 3:3 als auch gegen Leverkusen einen 2:1-Sieg (durch Dedes Treffer in der Nachspielzeit), während man bei Weidenfeller das Gefühl nicht loskriegt, dass bei jedem Gegentreffer und den daraus resultierenden Wutausbrüchen des Pfälzers die Abwehr zunehmend unsicherer wird (so gesehen beim 0:4 in Wolfsburg letzte Saison oder ganz aktuell dem 1:4 in Hoffenheim).

Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele für diese Theorie: So stand Ziegler beim 0:5 in München letzte Saison im Kasten, auch wenn da wohl selbst Leute wie Cech und Buffon schlecht ausgesehen hätten. Zudem holte der BVB gegen Gelsenkirchen den 0:3-Rückstand mit Weidenfeller hinten auf, wobei in einem Derby wesentliche wichtigere Faktoren eine Rolle spielen als der Schlussmann. Nein, es geht bei dieser Beobachtung um den Ziegler kommt auch bei den Fans gut anganz normalen Liga-Alltag und um Erfahrung, die ein ruhigerer Schlussmann seiner Defensive zu vermitteln weiß. Unter dieser Prämisse scheint Ziegler momentan der solidere Keeper zu sein, auch wenn Weidenfeller für sein Torwartspiel Spielpraxis benötigt. Abgesehen davon, dass Ziegler momentan die bessere Gegentorquote hat (seit dem ersten Spieltag kassierte er in 225 Minuten zwei Gegentreffer, Weidenfeller in 435 Minuten elf Gegentore).

Doch wie auch immer Klopp sich in dieser Frage entscheiden wird. Es bleibt zu konstatieren, dass der BVB auf der Torwartposition im Vergleich zur unmittelbaren Liga-Konkurrenz mit Vereinen wie Leverkusen (Adler), Wolfsburg (Benaglio) oder auch Stuttgart (Lehmann) nicht mithalten kann. Ob jedoch deswegen ein Transfer des eher überschätzten Timo Hildebrand zur Winterpause größeren Sinn machen würde, bleibt ebenso dahingestellt. Denn wenn tatsächlich Hildebrand verpflichtet werden würde und Hötteckes Genesungsverlauf normal verläuft, stünden in der Winterpause mit Hildebrand, Weidenfeller, Zieger, Kruse, Höttecke und Beer sechs Torhüter für zwei Mannschaften und drei oder vier Wettbewerbe (Bundesliga, Regionalliga, DFB-Pokal, evtl. ja doch noch UEFA-Cup) zur Verfügung. Auch aus diesem Grund sollte man mit den vorhandenen Torhütern die Serie zu Ende spielen, zumal sowohl Höttecke als auch Ziegler jeweils nur einen Vertrag bis 2009 haben.

Malte, 25.09.2008

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