Warum man trotz Verlust einen Gewinn erzielt hat
Wie sich die Zeiten ändern: Vor Jahren kriegte man bei der Bilanz-Pressekonferenz mit Glück noch einen Stehplatz, mittlerweile ist die Anzahl der anwesenden Redakteure recht übersichtlich. Liegt vielleicht auch daran, dass zumindest in Dortmund wieder richtig gewirtschaftet wird.
Um 11 Uhr nahmen die Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Thomas Treß auf dem Podium platz. Als erstes regte sich Aki Watzke über die Presse auf, weil dort nur von den 3,9 Mio. Euro Verlust des Konzerns geredet wurde. Fakt sei aber, die KGaA habe ein Jahresergebnis von plus 1,1 Mio Euro gemacht. Zur Erklärung: das Konzernergebnis ist auf Grund der Stadionfinanzierung immer schlechter als das Ergebnis der KGaA. Durch das Stadion-Monopoly (Wer möchte ein Stadion besitzen, wer hat noch keins?) muss man nun die Folgen der Vergangenheit bezahlen.
Wie versprochen konnte man rote Zahlen vermeiden und übertraf die Prognose (eine schwarze Null) sogar. Als Grund, warum man das Vorjahresergebnis nicht erreichen konnte, erklärte Watzke, dass die Transfereinnahmen (Odonkor) und die Veranstaltungseinnahmen (WM) diesmal fehlten. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass der mal eben BVB 54 Mio. Euro Schulden der KGaA und sogar 61 Mio. Euro Verbindlichkeiten des Konzern abgebaut hat. Ferner wurde der gesamte Kredit von Morgan Stanley getilgt. Und das man in den letzten Jahren die Konsolidierung gut gestaltet hat, siehe man alleine daran, dass der BVB nie die 10 Mio. Euro Kreditlinie von Morgan Stanley genutzt habe.
Auch sonst sind die wirtschaftlichen Kennzahlen nicht zu verachten. Man habe den Vermarktervertrag mit Sportfive zu sehr guten Konditionen verlängert und die gesamten Erträge aus diesem Deal zu hundert Prozent für die Kredittilgung des Stadion genutzt. Damit spart man jetzt die Zinsaufwendungen für die Immobilie, hat also wieder einen großen Meilenstein erreicht. Außerdem wurde der Vertrag mit dem Trikotsponsor und dem Namensgeber des Stadions verlängert. Ebenso konnte man im Winter einen neuen Championspartner aus der Finanzdienstleistungsbranche gewinnen und der Ausstieg der einen Brauerei konnte durch einen anderen Bierpartner kompensiert werden. Am Donnerstag wurde dann der sechste Championspartner, aus dem Automobilbereich, vorgestellt. Dazu habe der BVB erneut 49.500 Dauerkarten absetzen können, das sogar ohne die Trikotaktion eines Sponsoren. Weiter erklärte Aki Watzke, dass man ohne Probleme erneut 51.000 Dauerkarten hätte verkaufen können, aber aufgrund der BVB-Fans, die nicht vierzehntägig ins Westfalenstadion kommen können, wurden Einzelkarten auf der Südtribüne zurückgehalten.
Aber nicht alles verlief optimal. Vor allem das Abschneiden in der Bundesliga verhinderte Mehreinnahmen! Der 13. Platz konnte zwar durch den DFB-Pokal kompensiert werden, aber durch die Erfolge dort und die dadurch erfolgte Uefa-Cup-Qualifikation konnten nicht nur Erträge erwirtschaftet werden, man hatte auch Ausgaben (Veranstaltungskosten, Prämien für Spieler etc.). Allerdings eröffnen sich dadurch auch Chancen. Der BVB (sprich: die KGaA) erreichte fast 100 Mio. Euro Umsatz ohne den internationalen Wettbewerb und liegt bei den Einnahmen damit im oberen Drittel der Bundesliga.
Der Vorsitzende der BVB-Geschäftsführung erklärte dann den anwesenden Journalisten, dass man eigentlich die bisherigen Einnahmen nur durch drei Möglichkeiten steigern kann: Erstens durch Spielertransfers, was dann allerdings auch zu verringerter Spielersubstanz führt (die sportliche Führung sieht im Übrigen in dem Tausch zwischen Zidan und Petric keine sportlichen Substanzverlust - manch einer sieht das anders), zweitens durch Sondereffekte wie die Ausrichtung einer WM oder Verträge, die im Voraus überwiesen werden (man erinnere sich nur mal an einen Deal mit einem Ausrüster) und die dritte Möglichkeit ist der internationale Wettbewerb. Dort hat es der BVB nun selbst in der Hand, die Einnahmen zu steigern.
Ein weiteres Problem ist natürlich der Fernsehvertrag. Jeder Verein könnte durch den neuen Vertrag bis zu 20% Mehreinnahmen verbuchen. Er verteidigte das Entgegensetzen der Vereine und der DFL gegen den Kartellamtentscheid bezüglich des TV-Vertrags. Watzke sagte, das Kartellamt spiele sich als ein Verteidiger der ARD-Sportschau auf. Man müsse, um den Abstand zu Europa zu verkleinern, einen deutlichen Schritt in Richtung Pay-TV machen.
Sportlich sieht er den BVB auf einen guten Weg. In den bisherigen beiden Auswärtsspielen konnte Borussia jeweils gewinnen. Außerdem sieht er die sportliche Führung der Dortmunder mit Jürgen Klopp (Trainer), Michael Zorc (Sportmanager) und Lars Ricken (Nachwuchskoordinator) gut besetzt, die drei Personen ergänzen sich einfach, alleine durch ihren Ergeiz und ihre Leidenschaft. Im Nachwuchsbereich werde der BVB in nächster Zeit neue Wege beschreiten, Lars Ricken wird dazu ein Konzept vorstellen. Dort wird vor allem die Eliteförderung im Vordergrund stehen. Des Weiteren werde der BVB in diesem Bereich Transfers durchführen, um den Nachteil gegenüber z. B. Stuttgart und Gelsenkirchen zu verringern und weiterhin junge Spieler einsetzen zu können. Nicht, weil man kein Geld mehr habe, sondern weil dies der richtige Weg sei.
Im Anschluss stellte der zweite Geschäftsfüher der KGaA, Thomas Treß, die Zahlen des Geschäftsjahres vor. Der Gewinn vor Steuern (EBIT) betrug rein auf die KGaA bezogen 6,3 Millionen Euro, unterm Steuer-Strich steht die Zahl von 1,1 Mio. € Netto-Gewinn. Zum Unterschied zwischen dem KGaA-Ergebnis mit dem vom Konzern erklärte er: "Die Abweichung zum Ergebnis im Einzelabschluss (€ 1,1 Mio.) resultiert nahezu ausschließlich aus nicht liquiditätswirksamen Bilanzierungs- und Bewertungsanpassungen nach IFRS. Im Wesentlichen handelt es sich um im Konzern erhöhte Abschreibungen auf das Stadion (€ 3,4 Mio.), der Auflösung abgegrenzter Provisionszahlungen (net of tax € 1,2 Mio.) und um Aufwendungen aus der Umqualifizierung eines Vertrages als Finance Lease (€ 0,4 Mio.)." Im Ticketing konnte der BVB ein Plus von 4,3 auf 22,6 Mio. €, bedingt durch die vier Heimspiele im DFB-Pokal (bei nahezu unveränderten Einnahmen in der Bundesliga), erreichen. Auch das Sponsoring legte nochmals deutlich zu auf jetzt 33,9 Mio. €. Alleine bei Handel/Catering/Lizenzen und Sonstiges steht ein Minus von 3,4 Millionen, was aber allein auf die weggefallenden WM-Erlöse zurückzuführen ist.
Man hat innerhalb der letzten beiden Jahren Verbindlichkeiten in Höhe von 123,4 Mio. Euro abgetragen. Die Netto-Finanzverbindlichkeiten belaufen sich nur noch auf rund 60 Millionen Euro! Das ist verhältnismäßig wenig im Vergleich zu früheren Jahren und betrifft hauptsächlich die Stadionfinanzierung. Der operative Cash Flow verbesserte sich insbesondere aufgrund des im Juni 2008 abgeschlossenen Vermarktungsvertrags mit Sportfive gegenüber dem Vorjahr um 42,4 Mio. auf 54,3 Millionen Euro. Bezüglich des Deal mit Sportfive stellte Treß eine Rechnung auf: man müsse zwar an Sportfive 4,3 Mio. Euro im Jahr zurückführen, aber man spare durch die Tilgung des Kredits jährlich 8,5 Mio. Euro Zinsen. Vor allem hat sich etwas geändert: Einem Kreditinstitut sei egal, wie erfolgreich der Verein ist, es wollen nur das Geld und das Risiko liege beim BVB - beim Vermarkterdeal liege das Risiko bei Sportfive. Sie können durch ihre Arbeit die Einnahmen ihres Unternehmen (und dadurch auch die von Borussia Dortmund) verbessern.
Einen Ausblick auf die Saison wollte Watzke nicht geben, weil man durch die Qualifikation im Uefa-Cup erst einmal abwarten muss, ob man für die Hauptrunde gesetzt ist oder nicht. Es wurde mitgeteilt, dass der entgültige Geschäftsbericht erst Ende September fertiggestellt wird. Auf die Frage, wann die Aktionäre endlich eine Gegenleistung erhalten würden, erklärte Aki Watzke, man habe den Aktionären erst einmal einen Totalverlust verhindert. Die Aktionäre werden irgendwann sicherlich etwas zurückbekommen (Dividende), aber wichtiger wäre es doch, weiterhin seriös zu arbeiten. Sicherlich könne man den Kurs der Aktie durch irgendwelche Aktionen verbessern, aber der BVB will keine Sondereffekte durchführen - man möchte lieber das verlorene Vertrauen in die Fußballaktie durch solide Arbeit zurückgewinnen. Außerdem erklärte er, dass es keine reine AG geben werde, noch werde man die 50% plus 1 Stimme kippen. Der BVB muss immer einen Spagat zwischen den Fans und den Aktionären machen, und das sei auch gut so.
Nachdem alle Fragen beantwortet waren, lud Borussia Dortmund die anwesenden Reporter zu einer deftigen Erbsensuppe ein. Sozusagen zum Einstimmen auf die Mitglieder- und Aktionärsversammlung. Oder gibt es dort was anderes zu essen (und hören)?
CHS, 23.08.2008