Eua Senf

Die Medien

26.08.2004, 00:00 Uhr von:  Gastautor

Seit ein paar Tagen hat in Athen die Olympiade begonnen. Was das mit Fußball und Borussia Dortmund zu tun hat? Bei näherem Betrachten mehr als sich vermuten lässt. Wer die Berichterstattung aufmerksam verfolgt, erkennt deutliche Parallelen. So werden Begriffe wie Drama, Desaster, Schlappe, Tiefpunkt in beängstigender Regelmäßigkeit mit den sportlichen Leistungen deutscher Athleten in Verbindung gebracht.

Haben wir vergessen, dass es noch viele andere Länder mit Spitzensportlern gibt und dass die folgerichtige Konsequenz daraus ist, dass wir nicht jede Goldmedaille gewinnen können? Natürlich ist ein Sportler enttäuscht und niedergeschlagen, wenn er einen Wettkampf ohne Medaille abgeschlossen hat, denn er trainiert 4 Jahre auf dieses Ziel hin. Doch es ist eine absolute Frechheit, in welcher Art und Weise Interviews geführt werden. Ist denn ein fünfter Platz einer Franziska van Almsick nichts mehr wert? Statt Anerkennung wird die Leistung geschmälert. Es gibt aber nur vier bessere auf der Welt.

Diese permanente negative Berichterstattung kennen wir Dortmund Fans sehr gut. Vom "Finanzkollaps", dem "Lizenzentzug", dem "Ausverkauf". Neuerdings wird auch von zahlungsüberfälligen Gehältern berichtet. Es ist nicht leicht für uns Fans, denn man schaut es ja doch immer wieder an, ob man will oder nicht. Dieses Bild, was hierbei vermittelt wird, setzt sich in den Köpfen fest. Und das ist gefährlich. Nach unserer Auftaktniederlage gegen den VfL Wolfsburg bekam ich es live mit. Ich bin mit Freunden 500 km angereist um dieses Spiel zu sehen. Und jeder fachkundige Fan wird mir zustimmen, dass unsere Mannschaft eine durchaus ansprechende Leistung bot und völlig zu Unrecht verloren hat. Nach einem solchen Spiel mit "Vorstand raus" Rufen zu skandieren, fand ich beängstigend.

Dieses zusammenhangslose Verhalten einiger Fans führe ich auf dieses Phänomen zurück. Auch dass die Mannschaft mit Pfiffen statt mit Anfeuerungsrufen bedacht wurde, gehört dazu. Wer will es denn einem Tomás Rosicky übel nehmen, dass er gern in Italien oder Spanien spielen würde? Dies wurde negativ dargestellt und ihm wurde unterstellt, dass er sich nicht mit dem Verein identifizieren würde. Jedoch ist er es, der nach einer verkoksten Saison mit vielen persönlichen Enttäuschungen und Verletzungen die Ärmel hochkrempelt und aufblüht. Und nicht beispielsweise ein Torsten Frings, auf den dieses Image zutreffen würde. Ich will mit diesem Artikel dazu anregen, die Berichterstattung der Medien zu hinterfragen und nicht blind zu übernehmen. Man sollte sich erst nach dem Hinterfragen eine eigene Meinung bilden.

P.S. Bei einem sport1-Bericht war von einer Niederlage von Borussia Dortmund am 34.Spieltag der letzten Saison die Rede. Dieser journalistische Fehltritt ist nur einer von vielen mit Symbolcharakter. Doch darüber habe ich noch nie einen Artikel mit Begriffen wie Drama, Desaster, Schlappe, Tiefpunkt gelesen.

Geschrieben von Michael Busse

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