Unsa Senf

Borussia Dortmund und die Sesamstraße Auf Beutezug mit Ernie und Bert

23.10.2025, 06:30 Uhr von:  Sascha  
Foto eines BVB-Trikots mit einer Plüschfigur des Krümelmonsters. Das Monster hat einen Keks auf dem Bauch und als Mund einen Reißverschluss, aus dem zwei 50 Euro Scheine hervor schauen

Nach der Sesamstraßen-Becheraktion zum Weltkindertag gibt es nun eine komplette Edition von BVB-Merch mit diesen Motiven. Eigentlich eine niedliche Möglichkeit, Kids für den BVB zu begeistern. Schade, dass Borussia bei der Preisgestaltung allerdings schon viele Kinder ausschließt.

Anlässlich des Weltkindertags gab es beim BVB eine Aktion, die nicht nur bei Kindern, sondern wohl auch bei vielen Erwachsenen für ein Lächeln und Freude sorgte: Es gab limitierte Sesamstraße-Getränkebecher mit einem Motiv, das Ernie und Bert zeigte. Der Erlös ging an die BVB-Stiftung „leuchte auf“ zur Förderung von Projekten in den Bereichen Kinderrechte und Kinderschutz. Die Becher kamen gut an und waren schnell ausverkauft. So schnell, dass man beim BVB wohl Potenzial erkannte und jetzt eine komplette Sesamstraßen-Kollektion im BVB-Style in den Shop stellte. Was im ersten Moment wie eine niedliche Idee klingt, ist beim zweiten Blick entlarvend für Borussia Dortmund und seine Selbstdarstellung als verbindendes Element der Gesellschaft.

Zur Kollektion gehört auch ein BVB- Trikot, auf dessen Rückseite sich das Krümelmonster, Elmo, Grobi, sowie Ernie und Bert tummeln. Witzig, ganz ohne Frage. Der Spaß hört allerdings beim Blick auf die Preisauszeichnung direkt auf. Satte 95 € kostet schon das Kindertrikot in den Größen 128 bis 164. Nun wird natürlich niemand gezwungen, so viel Geld für ein Kleidungsstück auszugeben, aus dem die Kinder innerhalb eines Jahres eh wieder herausgewachsen sind und so könnte man das mit dem gleichen Achselzucken abtun, mit dem man mittlerweile auch die absurde Preisgestaltung der offiziellen Trikots zu Saisonstart begleitet. Solange die Leute es kaufen…

Kindertrikot als Statussymbol

Bei Kindertrikots ist es allerdings mehr als zweifelhaft, wenn daraus ein Statussymbol für Menschen ab 6 Jahren gemacht wird. Es ist traurig, wenn man in Kitas und Grundschulen nicht mehr anhand eines Trikots feststellen kann, ob ein Kind Borussia Dortmund total toll findet, sondern eher Rückschlüsse auf den Kontostand der Eltern ziehen kann. Dabei ist der Zeitpunkt sicherlich schon lange überschritten, wo man bei Trikots nicht nach „arm oder reich“ fragt, wie es im Lied von Bruno Knust heißt, aber bei 95 € für ein Kindertrikot werden auch Eltern in „Normalverdienerfamilien“ mittlerweile an das Ende ihrer Möglichkeiten kommen. Es werden immer weniger, die sich so eine Ausgabe außer der Reihe erlauben können, der Kreis der Trikotbesitzer wird elitärer. Für viele Leute stellt sich die Frage, ob sie diesen Preisirrsinn noch mitmachen wollen, einfach gar nicht mehr. Dabei sollte das Trikot eigentlich das äußerliche Zeichen der Gemeinschaft aller Fans sein und verbinden, statt die Träger optisch in Gehaltsgruppen zu separieren.

Besonders schade ist, dass ausgerechnet die Sesamstraße als Motiv für diese Trennung herangezogen wird. Der Charakter der Sendung war nämlich schon immer ein einender. Im amerikanischen Original war sie eine der ersten Serien, in der Vielfalt eine große Rolle spielte und Kinder unterschiedlicher Hautfarben zusammengebracht wurden. Später dann auch erweitert um Figuren mit körperlichen oder geistigen Behinderungen. Die Sesamstraße hat versucht, gesellschaftliche Trennungen zu überwinden und Gemeinsamkeiten zu betonen. Also eigentlich genau das Gegenteil von dem, was Borussia Dortmund hier über seine Preispolitik antreibt. Offenbar hat man sich hier im Marketing überhaupt nicht damit auseinandergesetzt, das der Geist der Sesamstraße eigentlich ist, sondern das Motiv rein nach Potenzial zur Vermarktung bewertet.

Es ist klar, dass der BVB in einem knallharten Wettbewerb steht und versuchen muss, die finanzielle Schere zu den Topclubs nicht weiter wachsen zu lassen – dennoch wäre es schön, wenn man für selbst propagierte Werte zumindest Nischen erhalten würde, in denen man nicht versucht, so viel wie möglich herauszupressen. Langfristig dürfte Borussia Dortmund auch davon profitieren, wenn in Kindergärten und Grundschulen möglichst viele Kinder in den schwarz und gelben Farben herumlaufen und ihre Begeisterung für den BVB zeigen können – erst Recht mit so einem coolen Motiv.

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