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Präsidentschaftswahl beim Ballspielverein Borussia 09 e.V. Lügen, Unwahrheiten und andere Diffamierungen

31.05.2025, 16:00 Uhr von:  NeusserJens  
Foto des Podiums der BVB-Mitgliederversammlung. Zu sehen sind Dr. Reinhold Lunow, Hans-Joachim Watzke und Thomas Treß, die hinter einem großen Pult mit ihren Namen stehen.

Seitdem der Amtsinhaber und amtierende Präsident des Ballspielvereins Borussia 09 e.V. Dortmund, Dr. Reinhold Lunow, Anfang der abgelaufenen Woche zuerst den entsprechenden Vereinsgremien und dann mit einer Stellungnahme ausgewählten Medienvertretern bekannt gemacht hat, sich auch bei der kommenden Mitgliederversammlung des eingetragenen Vereins mit zwei Mitstreitern als neues, altes Präsidium zur Wahl stellen zu lassen, wurde viel geschrieben. Dabei wurde von einigen speziellen Journalisten nicht nur ein unverständlich apokalyptisches Bild der potenziellen Zukunft des BVB gezeichnet, es wurden teilweise auch drastische Unwahrheiten oder gar böswillige Lügen geschrieben. Unser Faktencheck. 

 

Behauptung: Dr. Reinhold Lunow soll Hans-Joachim Watzke 2022 versichert haben, ihm das Präsidentenamt des BV Borussia 09 e.V. zur Verfügung zu stellen – und diese Abmachung nun gebrochen haben

Einordnung: Das Gentlemen’s Agreement zwischen Dr. Lunow und Watzke wurde von beiden gegenüber der BILD bestätigt und in der SZ von Ehrenpräsident Dr. Reinhard Rauball noch einmal bekräftigt. Aber: Weder obliegt es dem amtierenden Präsidenten oder einem potenziellen Kandidaten, dieses Amt zu versprechen – gewählt wird der Präsident ausschließlich von der Mitgliedschaft auf der Mitgliederversammlung – noch ist es grundlegend verwerflich, wenn eine Person in Folge neuer Erkenntnisse oder Ereignisse ihre Meinung ändert. Dass Dr. Lunow nach dem offenkundigen Dissens mit KGaA-Vorsitzenden Watzke zum Rheinmetall-Deal und dessen Verhalten vor und nach der Mitgliederversammlung nun der Meinung wäre, Watzke sei nicht mehr die geeignete Person für den Posten als Vereinspräsident, wäre zumindest nachvollziehbar. 

Urteil: plausibel

 

Dr. Reinhold Lunow steht hinter einem schwarzen Pult mit der Aufschrift "Borussia Dortmund" auf der Bühne der BVB-Mitgliederversammlung. Im Hintergrund ist das BVB-Logo und der Schriftzug "Borussia Dortmund" zu sehen

Behauptung: Dr. Lunow habe geplant, mit seinem Meinungswechsel in der Causa Rheinmetall die Geschäftsführung der KGaA vorzuführen

Einordnung: Nach seiner eigenen Aussage auf der Mitgliederversammlung hat Dr. Lunow dem Rheinmetall-Deal vor dessen Bekanntgabe mit großen Bauchschmerzen zugestimmt. Als die Mitgliedschaft in der Folge ihre Kritik kundtat und Anträge für die Mitgliederversammlung einreichte, hat Dr. Lunow entgegen dem ausdrücklichen Wunsch und großem Druck durch die KGaA die Anträge der Mitgliedschaft auf der Mitgliederversammlung zur Diskussion gestellt, statt sie abzuschmettern. Dass die Mitgliedschaft nach der langwierigen und emotionalen Aussprache mehrheitlich entschied, den Rheinmetall-Deal abzulehnen, ist dabei nicht Dr. Lunow zuzurechnen. Vielmehr ist er mit seinem Verhalten genau den Anforderungen an einen Vereinspräsidenten gerecht geworden: den Willen der Mitgliedschaft einholen und repräsentieren. 

Urteil: Lüge

 

Behauptung: Dr. Lunow soll als trojanisches Pferd und Ultra-Instrument installiert werden, damit diese die Macht übernehmen können

Einordnung: Dr. Lunow ist bereits seit 2005 in verantwortlicher Position im BV Borussia 09 e.V. tätig. Damals übernahm er das Amt des Schatzmeisters von Watzke, der in die Geschäftsführung der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA wechselte. Von 2021 bis 2022 bekleidete er das Amt des Vizepräsidenten, ehe er 2022 zum Präsidenten gewählt wurde. In seiner Amtszeit wurde er stets von der Mitgliedschaft entlastet, es gab und gibt bisher keine Anzeichen, dass er das Amt, das er innehat, nicht zum Wohle des Vereins und seiner Mitglieder geführt habe. Dazu kommt: Die Einflussnahme des Präsidiums des BV Borussia 09 e.V. auf das operative Tagesgeschäft der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA ist massiv begrenzt: Zusammen mit dem Wirtschaftsrat formt es den Beirat der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH, der Geschäftsführer bestellt und überwacht. Konkrete Entscheidungen wie z.B. das Abschließen eines Sponsoren-Deals können so dem Gesellschaftsvertrag nach nicht direkt beeinflusst werden; nur ausgewählte Rechtsgeschäfte (wie z.B. Veräußerung von Unternehmensteilen, Erwerb und Veräußerung von Grundstücken oder Aufnahme und Gewährung von Darlehen über 500.000,- EUR) bedürfen der expliziten Zustimmung des Beirats.

Urteil: Lüge

 

Behauptung: Mit einem Präsidenten Dr. Lunow und einem Vizepräsidenten Scholz würde der BVB den Weg vom Hamburger SV, Hertha BSC oder einem gelsenkirchener Vorortverein nehmen

Einordnung: Dr. Lunow ist amtierender Präsident des BVB. Scholz ist amtierender Vorsitzender der BVB Fan- und Förderabteilung. In deren "gemeinsamer" Amtszeit hat der BVB die Deutsche Meisterschaft 2023 um ein Tor verpasst, wie Watzke so gern zu sagen pflegt, und letzte Saison im Champions-League-Finale gespielt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine weitere Präsidentschaft von Dr. Lunow an den sportlichen Ergebnissen etwas ändern sollte; dafür ist der operative Einfluss des e.V.-Präsidiums viel zu gering. 

Ferner bleibt hinzuzufügen, dass die Beispiele HSV, Hertha BSC und S04 verzerrt dargestellt werden. Dort war es nicht der Einfluss von Mitgliedern, der zum sportlichen Absturz führte, sondern der Einfluss von Investoren wie Klaus-Michael Kühne, Lars Windhorst und Clemens Tönnies. Bei der Hertha war es gerade der ehemalige Ultra und leider viel zu früh verstorbene Präsident Kay Bernstein, der dem Verein wieder eine gemeinsame Identität und einen verbindenden Weg gab – nachdem Investoren ihn fast zerstört hätten. 

Urteil: Panikmache

 

Behauptung: “Wenn es nach diesen Leuten ginge, würden wir moralisch völlig einwandfrei sein und deshalb lieber in der Regionalliga-West spielen statt in der Champions-League”

Einordnung: Die 50+1-Regel der Deutschen Fußball Liga besagt, dass die Mitgliedschaft des Stammvereins immer mindestens 50 Prozent + 1 Stimmanteil an einem Fußballclub innehaben muss. Sie stärkt ausdrücklich das Vereinswesen im deutschen Fußball und legt die letztendliche Entscheidungsgewalt in die Hände der Vereinsmitglieder. In diesem Rahmen ist es wichtig und richtig, dass die Mitglieder des BV Borussia 09 e.V. Werte und Leitlinien wie im Grundwertekodex erarbeiten, nach denen sich dann auch die ausgegliederte Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA zu verhalten hat. Das heißt aber noch lange nicht, dass deren Initiatoren und Verfechter dem BVB Erfolg auf Kosten moralischer Unfehlbarkeit missgönnen. Bisher haben Dr. Lunow und Scholz in ihren Funktionen im e.V. keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie stets den maximalen sportlichen Erfolg des BVB anstreben.

Urteil: Lüge

 

Jakob Scholz steht hinter einem schwarzen Pult mit der Aufschrift "Borussia Dortmund" auf der Bühne der BVB-Mitgliederversammlung. Im Hintergrund ist das BVB-Logo und der Schriftzug "Borussia Dortmund" zu sehen

Behauptung: Jakob Scholz sei treibende Kraft hinter einer Ultra-Gruppierung mit dem unzweideutigen Motto “Watzke stürzen” 

Einordnung: Richtig ist, dass Scholz grundsätzlich der Dortmunder Ultra-Szene entstammt. Bis zum Jahr 2014 war er Mitglied der Gruppe The Unity, deren Motto jedoch “United we stand – divided we fall!” ist. Scholz verließ die Gruppe in Folge einer internen Neuorientierung, galt seinerzeit im Vergleich zum Gros der Gruppenmitglieder als gemäßigte und beschwichtigende Kraft, nicht als Rädelsführer. Außerdem war Scholz lange Jahre Mitglied der Redaktion von schwatzgelb.de. Derzeit ist er weder Mitglied einer Ultra-Gruppe noch eines anderen BVB-Fanclubs.

Urteil: Lüge

 

Behauptung: Scholz leite das “Bündnis Südtribüne”, das die Kandidatur Dr. Lunows mit einer kritischen Stellungnahme unterstütze

Einordnung: Seit 2020 leitet Scholz als Vorsitzender die Fan- und Förderabteilung im e.V., die die größte Abteilung im Verein ist. Dabei leitete er die Abteilung anfangs kommissarisch, ehe er 2021 gewählt und 2023 in seinem Amt bestätigt wurde. 

Das “Bündnis Südtribüne” wurde 2014 gegründet und setzt sich aus mehr als 4.000 aktiven Fans und verschiedenen Fanclubs zusammen. Die Führung obliegt dabei primär der Ultra-Gruppe The Unity, der Scholz seit 2014 nicht mehr angehört. Die Stellungnahme des Bündnisses kritisiert neben dem sportlichen Abschneiden des BVB, das nur aufgrund einer unerwarteten Aufholjagd mit dem Minimalziel Champions-League-Qualifikation endete, vor allem den Identitätsverlust aufgrund ausufernder Kommerzialisierung. Obwohl sie zeitlich erst kurz vor der Verkündung der Kandidatur von Dr. Lunow, Scholz und Dr. Aldermann veröffentlicht wurde, steht sie nicht in inhaltlichem Zusammenhang damit – sondern schlicht als Fazit in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ende der Saison. 

Urteil: Unwahrheit

 

Behauptung: Jakob Scholz sei im politischen Spektrum der Linkspartei oder dem BSW anzusiedeln

Einordnung: Bei der Mitgliederversammlung hat Scholz in seinem Bericht als Abteilungsleiter der BVB-Fanabteilung in erster Linie das Zustandekommen des Sponsoring-Deals mit Rheinmetall, die fragwürdige Passung zum Grundwertekodex und dessen spaltende Wirkung auf die Mitgliedschaft kritisiert. Inhaltlich hat er dabei keine Würdigung vorgenommen und sich nicht politisch positioniert. Scholz ist weder Mitglied in der Partei Die Linke noch im Bündnis Sahra Wagenknecht noch in einer anderen politischen Partei.

Urteil: Lüge

 

Behauptung: Statt bei Sponsoren immer mehr frisches Geld locker zu machen, gehöre eher Grabpflege bei verdienten ehemaligen Spielern zu Scholz’ Lieblingsprojekten

Einordnung: Die Fan- und Förderabteilung füllt das Vereinsleben des BVB. Dazu gehören neben der Organisation von regelmäßigen Reisen zu Auswärtsspielen vor allem verschiedene Arbeitsgruppen, in denen sich Mitglieder und Fans aktiv am Vereinsleben beteiligen können. Diese AGs umfassen unter anderem die AG Tradition, die sich u.A. mit der Historie des BVB sowie dem Gedenken an Ehemalige befasst und aus der später das Vereinsmuseum BORUSSEUM entstand, oder die AG Uns verbindet Borussia, die sich aktiv im sozialen Bereich der Stadt engagiert. Damit erfüllt die Fan- und Förderabteilung Aufgaben, die sich der BV Borussia 09 e.V. satzungsgemäß gegeben hat. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Fan- und Förderabteilung, bei Sponsoren frisches Geld für den Profifußball locker zu machen. Diese Aufgabe obliegt der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Für Projekte der Fanabteilung wurden in der Vergangenheit durchaus Sponsoren gewonnen. Außerdem ist Grabpflege nicht Scholz’ Lieblingsprojekt, das sind die Erstellung des Grundwertekodex, Kein Bier für Rassisten, die ehrenamtlichen Aktivitäten in der Wohnungslosen-Initiative Gast-Haus und der Dortmunder Kinderklinik sowie die Ausarbeitungen der AG Tradition zu 100 Jahren Handball und der magischen Zahl 6 beim BVB.

Urteil: Lüge

 

Mitglieder des BVB sitzen in großer Anzahl auf Stühlen in der Westfalenhalle und halten Stimmkarten in die Höhe

Behauptung: Zur letzten Mitgliederversammlung seien nur 700 der 220.000 Mitglieder erschienen

Einordnung: Bei der Mitgliederversammlung 2024 waren 1.205 Mitglieder anwesend. An den geheimen Wahlen zu den verschiedenen Anträgen haben 855, 789 und 722 Mitglieder teilgenommen.

Darüber hinaus ist die Mitgliederversammlung des BV Borussia 09 e.V. das höchste und beschlussfassende Organ des Vereins. Abstimmungen, die in ihrem Rahmen satzungsgemäß durchgeführt werden, sind nicht dadurch zu delegitimieren, dass nur ein Bruchteil der stimmberechtigten Mitglieder an ihnen teilgenommen hat.

Urteil: Unwahrheit

 

Wir möchten an dieser Stelle hinzufügen, dass diese Art der Berichterstattung im Fall von Freddie Röckenhaus nicht das erste Mal ist. Im Jahr 2017 hat er im Zuge der Vorkommnisse beim ersten Auswärtsspiel von Red Bull Leipzig im Westfalenstadion in mehreren Artikeln unser ehemaliges Redaktionsmitglied Jan-Henrik Gruszecki wahrheitswidrig attackiert. Teilen dieser Berichterstattung wurde rechtlich die Veröffentlichung untersagt, unserer Kritik begegnete Röckenhaus seinerseits erfolglos mit einer Unterlassungserklärung. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass eben jener Gruszecki (übrigens Mitbegründer der Dortmunder Ultra-Gruppe Desperados und selbst langjähriges Mitglied von The Unity) heute strategischer Berater von Watzke ist, ohne dass daraus eine bevorstehende Ultra-Instrumentalisierung oder gar -Übernahme herbeifantasiert wird.

Viele Argumente der jüngsten Berichterstattung zur Präsidentschaftskandidatur des Trios Dr. Lunow/Scholz/Dr. Aldermann sind tendenziös formuliert, faktisch inkorrekt oder bewusst gelogen. Es erhärtet sich der Eindruck, dass hier aktiv Stimmungsmache und persönliche Diffamierung betrieben wird – gegen verdiente und langjährige aktuelle Funktionäre des BVB. Das hat mit einer fairen, ausgewogenen und journalistischen Berichterstattung nichts zu tun, es hat aber vor allem nichts mit einem fairen Wahlkampf beim Ballspielverein Borussia 09 e.V. zu tun. 

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