Eua Senf

Der Jubellauf von Mike Tullberg Emotional rescue

04.02.2025, 20:09 Uhr von:  Gastautor  
Mike Tullberg läuft über den Rasen in schwarzer BVB-Jacke.

"Authentisch" sagen die Einen – "peinlich" meinen die Anderen. Gastautor André über Tullberg in Ekstase.

Als ich gestern mit meiner Freundin von einem Spaziergang am Essener 
Baldeneysee bei herrlichem Wetter wieder nach Hause kam, den wir durchaus einschieben konnten, da mein Verein erst heute spielt, sah ich mir eine kurze Zusammenfassung der Bundesligaspiele an. Was mir, abseits der erwartbaren Ergebnisse angenehm auffiel, das waren die völlig enthemmten Jubelszenen des BVB-Interimstrainers Mike Tullberg, der nach dem Spiel seiner Dortmunder in Heidenheim wie ein Derwisch in die Kurve rannte und mit den mitgereisten Anhängern feierte, sich auch gerne feiern ließ. Ausgelassen, leidenschaftlich und mit erkennbarer, echter Freude. Okay, dachte ich. Da hat jemand Spaß, da lebt jemand seine kurzzeitige Berufung aus. Authentisch, nachvollziehbar. Auch in Anbetracht der zwei Siege und einem Unentschieden, mit denen er seinen Verein nach den vorherigen, teils desaströsen Auftritten und Ergebnissen wieder in die Spur brachte. Alles gut so weit? Nein, mitnichten nicht.

Denn wieder einmal gab und gibt es da diese ewig krittelnden Sky-Experten, namentlich Eric Meijer und zuvorderst Dieter "Didi" Hamann, deren Berufung und teils auch Daseinsberechtigung wohl darin besteht, imaginäre Haare in einer Suppe zu finden. "Übertrieben", laut Eric Meijer. "Peinlich", sagte Dieter Hamann. Dazu die völlig unverständliche und sinnentleere Aussage, die BVB-Bosse hätten auch aufgrund dieser Szenen die richtige Entscheidung getroffen, mit Tullberg nicht weiterzumachen. 

Liebe Leute, Herr Meijer und Herr Hamann: Was glaubt Ihr eigentlich, wer Ihr seid? Wer oder was legitimiert Euch, den ehrlichen Jubel, die authentische Freude eines Trainers oder eines Spielers im Fußball grundsätzlich zu bewerten? Ihr sitzt da in Eurem angenehmen Sky-Studio, seit Jahren, Woche für Woche und kanzelt kühl technokratisch und dazu noch oft blasiert arrogant Menschen ab, die noch mitten im Saft stehen und die im viel zu oft abgestumpften Business Profifußball ihren Emotionen freien Lauf lassen, ohne jemanden zu verletzen, ohne jemanden herabzuwürdigen. Wie Ihr es nur allzu gerne macht.

Hat Tullberg etwa einen Nerv bei Euch getroffen, unbewusst? Habt Ihr vergessen, wie Ihr als Aktive wart? Seid Ihr vielleicht einfach nur verbittert, dass jetzt andere im hellen Rampenlicht, im Flutlicht stehen, während Ihr mit der künstlichen und fahlen Studiobeleuchtung Vorlieb nehmen müsst? Es fällt mir tatsächlich schwer, eine andere Erklärung zu finden. Ich jedenfalls mag Typen wie Mike Tullberg, die ihre Emotionen im Fußball ausleben. Was ich nicht mag, sind ewig nörgelnde Experten von eigenen Gnaden, die den Kontakt zum Rasen schon lange verloren haben.

Geschrieben von André.

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