BVB triumphiert gegen Atletico und steht im CL Halbfinale Adrenalin-Junkies
Sachlich ist auf Dauer keine Option! Der BVB gewinnt in einem mitreißenden Spiel 4:2 gegen die Defensivspezialisten von Diego Simeone und der Mythos Westfalenstadion entfachte erneut seine legendäre Atmosphäre.
Was für ein Abend, was für eine wilde Fahrt. 4 zu 2 gegen die als Defensivkünstler bekannten Spieler von Diego Simeone. Und nach langer Zeit war auch endlich mal wieder das Stadion in der Art und Weise da, wie man es sich von ihm immer erhofft, oder besser gesagt: erwartet. Nach dem 2:2 gingen die Köpfe wieder hoch, um der Mannschaft mit einem lauten „Unser ganzes Leben, unser ganzer Stolz“ zu signalisieren, dass die Messe noch nicht gelesen ist und an diesem Europapokalabend noch was geht. Ausrastende Tribünen bei den Treffern von Füllkrug und Sabitzer und frenetischer Jubel, für jeden Ballgewinn, der die Mannschaft auch in den Schlussminuten trug und Madrid gar nicht erst in eine Schlussoffensive kommen ließ. Es war endlich mal wieder so richtig, richtig geil im Westfalenstadion.
Das war der Mythos, dem wir immer hinterherhecheln und oft hinterhertrauern. Riesiges Pfund und große Last für unsere stolze Borussia gleichzeitig. Und wohl auch für die Trainer. Mag Edin Terzic‘ Ansatz „weniger sexy, mehr erfolgreich“ zwar rational nachvollziehbar sein, beschleichen einen im Nachgang an einen Abend wie gestern Zweifel, ob das für den BVB wirklich ein gangbarer Weg ist. Gewänne man alle Heimspiele der Saison mit 1:0, wären die Fans sicherlich sportlich zufrieden. Aber würde es ihnen reichen? Vermutlich ebenso wenig, wie der eigentlich gar nicht so unerfolgreiche, aber eben auch rationale und auf Kontrolle ausgerichtete Fußball von Lucien Favre. Und wenn wir von „Übertrainer“ Klopp sprechen, meinen wir dann wirklich die reine taktische Lehre vom Pressingfußball, oder nicht eher „Malaga“, nicht eher das 4:1 gegen Real Madrid oder nicht eher das „Mach mich hoch“ gegen Nürnberg?
Es gibt im Fußball Siege und es gibt Feste. Und wenn im Westfalenstadion ein Fest gefeiert wird, dann kann das in einen amtlichen Abriss ausarten. Bei einem normalen Spiel werden Tore bejubelt und beklatscht. Man schlägt sich mit der Person neben einem ab. Bei einem dieser Feste, da wird es aber richtig laut. Die Leute schreien, umarmen sich und springen durch die Gegend. Bei 81.000 Leuten wird da eine Energie frei, mit der man den ganzen Ruhrpott beleuchten könnte. Außer GE natürlich, die bekommen nichts von uns. Es ist eine kunterbunte Mischung aus Adrenalin und Endorphin, die durch die Adern jagt und in Hochstimmung versetzt. In eine „Uns kann heute keiner was“-Stimmung. Im Leben gibt es wenig andere Ereignisse, die in einem kurzen Moment so sehr kicken und einen in Hochstimmung versetzen können. Und wenn man das einmal erlebt hat, will man es wieder erleben.
Wenn man abseits der Marketingdarstellung schaut, hat das Dortmunder Publikum durchaus einen nicht so glänzenden Ruf. In weiten Teilen bequem und mittlerweile auch sehr anspruchsvoll. Wenn wir ehrlich sind, stimmt das auch. Die Zeiten, in denen das folkloristische „Rennen und Kämpfen“ als Minimalstanforderung ausgereicht hat, um die schwatzgelben Massen in Ekstase zu versetzen, sind schon lange vorbei. Aber kann man es ihm wirklich verdenken? Wer La Coruna, Malaga oder Milan erlebt hat, der weiß, was das Stadion kann, wie es sich anfühlt und was es mit einem anstellen kann.
Und wenn man es weiß, will man es wieder. Diese wilde, energiegeladene Achterbahnfahrt und die Freude am Ende. Das ist das, was sich jeder klammheimlich erhofft, wenn man am Spieltag ins Stadion geht. Leider ist es auch das, was immer einen kleinen Stich der Enttäuschung setzt, wenn es doch nur ein „normales“ Spiel war. Eins, bei dem man relativ unspektakulär gewonnen hat und das Westfalenstadion einfach ein Fußballstadion wie jedes andere war.
Bei allem wirtschaftlichen Erfolg, bei allen Minimalzielen, die erreicht werden müssen und bei allen taktischen Notwendigkeiten, die erforderlich sind – es muss immer mal wieder Platz für dieses Wilde und Chaotische bleiben. Die Nadel muss einfach immer mal wieder aufgezogen werden und eine Dosis Westfalenstadion pur durch die Venen jagen.