Spielbericht Profis

Eiserne Eigenarten

06.10.2024, 20:39 Uhr von:  Nicolai
Eiserne Eigenarten

Am 1. FC Union ist wirklich nicht viel Gutes zu finden, eine Niederlage macht es doppelt nervig und so kann man froh sein, dieses Spiel abgehakt zu haben.

Mit dem 1. FC Union ist es wie mit den komischen Ostalgie-Shows, die vor einigen Jahren einen Hype im linearen TV hatten: Es wird etwas abgekultet, was im Großen und Ganzen scheiße ist. Bis zum Abpfiff der letzten Saison konnte man sich der Hoffnung hingeben, dass es in die zweite Liga geht, doch am Ende waren drei Teams noch schlechter.

Die 5. Kolonne aus Köpenick

Cooles Doppelhalter-Intro im Gästeblock

Also heißt es wieder einmal auf in den Berliner Osten. Das Beste am Spiel ist dann auch das Stadion, dieses soll nun aber ausgebaut werden – u.a. wie im Radio zu hören war, um Champions League reif zu sein. Wer 10 Minuten Lebenszeit verschwenden will, kann sich das knuffige Video von Union dazu ansehen (man kann es aber auch gut sein lassen). Noch ist es aber nicht so weit und das Stadion versprüht noch Vibes, die man so zwischen den 08/15 Arenen auf dem Acker selten hat. Herausragend sind natürlich die aktuell - und weiterhin geplanten - vielen Stehplätze. Aber ähnlich wie in Dortmund sind viele Stehplätze keine Garantie für Stimmung – insbesondere die Gegengerade ließ sich nur äußert selten durch die Waldseite animieren und auch die Torjubel waren überschaubar.

Richtig kultig dafür der Medienpartner Berliner Zeitung mit seinem schwierigen Verlegerpaar – andere bezeichnen das als die 5. Kolonne Putins. Untermalt wurde das ganze von Rammstein – man muss einfach die Musik vom Künstler trennen. Ganz schön ostig im Berliner Osten.

Tribünenspiel

Blockfahnen-Intro auf der Waldseite

Für das Einlaufen hatten beide Seiten etwas vorbereitet. Auf der Waldseite kam eine große Blockfahne zum Einsatz, die auch noch nach Anpfiff ein paar Minuten ausgebreitet blieb. Im Gästeblock hatte die Fanszene mal die Vorräte gesichtet und sorgte so für ein schönes schwarzgelbes Intro mit rund 100 Doppelhaltern. Das hatte schon etwas von old school.

Old school war auf jeden Fall auch die Präsentation der BVB Klamotten auf der Waldseite. Allerlei Fanshop-Klamotten wurden hervorgeholt und auch die Vorgartenfahnen wurden sicherlich hart gegen wilde Keramikgartenzwerge erkämpft. Auf beiden Seiten hatte diese Einlage wenig Auswirkung auf die Stimmung - soviel dazu. Diese gestaltete sich das ganze Spiel über passabel – nicht gut aber auch nicht besonders schlecht.

Bei Union merkt man, dass die große Aufstiegseuphorie verflogen ist. Die Waldseite war stets bemüht und gerade bei den Schlachtrufen wurde es mal lauter. Auch der Gästeblock hatte Probleme durchgängig Lautstärke und Mitmachquote zu erzeugen. Sicherlich hatte hier der Spielverlauf seinen Anteil dran. Wirklich laut war es vor allem am Anfang und zum Ende in der Phase, die einem das Gefühl von Druck vermittelte.

Zusätzlich setze die Waldseite ihre Spruchbandaktion in Richtung Nancy Faeser fort. Mit „Polizeistaatmethoden über Bürgerrechte? Sicherheit über Freiheit? Nancy Faeser: Zeit sich zu entscheiden…“ wurde implizit-explizite Kritik an der aktuellen Politik geäußert.

Rasenschach

Kevin Vogt trifft per Elfmeter zum frühen 1:0 für den FCU

Das Spiel ist eine gute Einordnung der Qualität der schottischen Liga. Union Berlin war von Anfang an organisierter, konzentrierter und kompakter als der schottische Tabellenführer. Das der BVB sich mit diszipliniert Gegnern schwer tut, ist keine ganz neue Erkenntnis, gepaart mit den Ausfällen vor allem in der Offensive, war das alles nicht erbaulich. Ob Laufbereitschaft, Zweikampfbereitschaft, Gedankenschnelle – es fehlte überall ein Stück zu den Ostberlinern.

Nach vorne ideenlos und hinten unsicher ging man nicht unverdient mit einem zwei zu null Rückstand in die Kabine. Nach einem holprigen Start in die zweite Halbzeit bekam der BVB die optische Überlegenheit über das Spiel. Wirklich viel zwingendes kam dabei allerdings nicht herum und das Tor deutet sich nur durch Spielanteile nicht durch zwingende Offensivaktionen an.

Was hälst du von Nuri Sahin?

Nuri Sahin war wie wir Fans mit dem Auftritt seiner Mannschaft nicht zufrieden

Die Frage wurde auf der Rückfahrt gestellt und ist nicht einfach zu beantworten. Man hatte jetzt mehrfach den Eindruck, dass Sahin eine Idee verfolgt. Dazu kommt, dass man durchaus Anpassungen wahrnimmt im Spiel und bessere zweite Halbzeiten kreiieren kann. Nun ist Sahin allerdings Trainer für 90 Minuten und nicht die zweiten 45 Minuten.

Insgesamt wirkt das Problembild auch nicht trainerspezifisch, sondern zieht sich nun über Jahre. Das lässt mich eher an der sportlichen Leitung zweifeln - wobei mir nicht ganz klar ist, wer das genau ist - und wer die Verantwortung am Ende trägt. Und wofür wird eigentlich Matthias Sammer fürstlich entlohnt? Die Zusammenstellung des Kaders ist aber seit Jahren fragwürdig. Über Jahre wird nun die Umbruchsaison beschworen – und so spielt der BVB auch. Heute fehlen aber die Unterschiedsspieler wie Bellingham, Haaland, Sancho usw. die viel biederes im BVB Kader überdecken konnten. So wird es mit der belebten Konkurrenz (Leverkusen und Stuttgart) ungleich schwieriger den UCL Platz zu sichern – und bei aller Abneigung gegen diesen Gaga-Wettbewerb – finanziell kann man sich ein verpassen im Rattenrennen kaum erlauben.

Durchschnittlicher Auftritt auf den Rängen

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