Spielbericht Profis

CL Dinamo Zagreb vs. BVB Dobar dan im Dinamoland

29.11.2024, 09:34 Uhr von:  Michi
Heimblock mit „bad Blue Boys“ Banner und Gespenstern als Blockfahne.
Der Heimblock startete mit einer gespenstischen Choreografie.

Zagreb lautete das nächste Ziel in dieser Champions League Saison. Eine Reise, die es in vielerlei Hinsicht in sich hatte.

Es war nass, kalt und trostlos. Kroatien gefällt mir im Sommer und an hübscheren Ecken des Landes doch irgendwie besser. Denn Zagreb scheint so attraktiv wie die Dortmunder Nordstadt im Dunkeln. Eher kein Augenschmaus also.

Während der Anreise erreichten uns kurz zuvor auch schon die ersten Bilder aus Serbien. Roter Stern Belgrad empfängt den VfB - oder auch nicht. Ein einzelner Stuttgarter liegt am Boden, schwankend versucht er aufzustehen. Nein, das waren keine 50 Promille, das war eine schwere Kopfverletzung. Eine feige Meute kommt zurück und tritt erneut auf den Kopf des sichtlich Verletzten ein. Auf Regeln scheint man im Osten zu scheissen. Ich verteidige normalerweise so ziemlich jedes Handeln dieser Bewegung bis aufs Blut, aber dazu fällt mir dann auch so gar nichts mehr ein. Auf am Boden Liegende tritt man nicht, den Kopf schon mal gar nicht, 50 gegen einen zeugt auch nicht gerade von Männlichkeit. Fahrt mal nen Gang runter, es ist am Ende einfach nur Fußball.

Kleines unscheinbares Stadion mit Flutlichtmasten.
Das Stadion Maksimir in Zagreb.

In Zagreb wirbelte die kroatische Polizei schon Tage vorher Land und Leute auf, baute Zäune und verwies auf dieses brisante Hochsicherheitsspiel. Na prost Mahlzeit, hatte ich doch „gerade erst“ Tessaloniki und Warschau überlebt. Vor Ort dann bot sich mir ein äußerst trostloses Bild aus Zäunen, grauen Gebäuden und einem großen Haufen Hässlichkeit. Nach kurzer Sprachbarriere, bei der sie uns mit unserem Kennzeichen „…- BVB 09“ partout direkt ins Stadion und nicht auf den Gästeparkplatz lotsen wollten, fand sich dann doch nach wildem Austausch der richtige Weg.

Schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass die einzigen, vor denen sie die Fans hätten warnen sollen, sie selbst und die dinamischen Ordner waren. Das waren keine Einlasskontrollen für Anfänger! Nein, die waren schon von für ganz ganz Fortgeschrittene und habe ich so auch noch nirgends erlebt. Was wollte man damit beweisen? Dass man die Zügel in der Hand hatte? Dass Deutsche nicht das beliebteste Volk sind? Wie auch immer, diese Kontrollen waren von einem anderen Stern, Alarmstufe rot. Ich hatte kurz gehofft, dass man safe ist, wenn man Brüste hat, aber auch hier scheinen wir verschiedene Vorstellungen zu haben. Immerhin durfte ich meine Unterhose anbehalten und war damit so ziemlich die einzige um mich herum. Frauen mit Unterhose, Freunde ohne Unterhose. Wo sind wir hier? Ich hatte Bologna-Flashbacks: Kackwetter, Kackverein und eine verdammte Tortour, nur um Borussia siegen zu sehen. Warum sind wir eigentlich so bescheuert?

 

Der Abend startete also gänzlich unsympathisch mit dieser selbst ernannten besten Champions League aller Zeiten. Nach diesem Eklat und einen Leuten, die es nicht ins Stadion geschafft hatten, stand kurzzeitig im Raum, dass kein organisierter Support stattfinden soll. Ich war kurz den Tränen nah, tausende Kilometer für etwas, das mir vorm Fernseher die gleichen Emotionen hervorlockte? Nämlich keine? Echt jetzt?

Getreu dem Motto „der Freund, der neben mir fehlt, ist im Herzen mit dabei“ entschied man sich dann aber doch dafür. Die mitgebrachte Choreo allerdings landete ungenutzt vor unseren Füßen und all die hineingesteckte Mühe und Arbeit starb im Flammenmeer. R.I.P. Fankultur. Zagreb zeigte währenddessen drei Gruselgestalten auf einer Blockfahne. Wenn ich genauer rüber schaute, sah ich nicht nur drei Gruselgestalten.

Erneut die oben beschriebene Choreografie
Immerhin die Blue Boys auf den Rängen gaben Gas

Das Geschehen auf dem Platz startete allmählich und lenkte auch den letzten von seinen negativen Gedanken ab. „Und ist das Spiel gewonnen, dann kann man es verstehen - die Scheiße, die wir auf uns nehmen, ist’s dann doch auch manchmal Wert.“

Schwatzgelb startete die ersten 30 Minuten mit grob geschätzt 99% Ballbesitz, aber einer Passgenauigkeit von minus 17%. Die ersten beiden Abschlussversuche endeten in Rutschpartien und Bodenkontrollen durch Malen wiederholt im Pech. Aber gegen grottenschlechte Mannschaften tun wir uns ja bekanntlich am schwersten. Irgendwie faszinierend oder? Dinamisch undinamisch schritten sie also voran, die kroatischen Krieger in Königsblau. Der Bauernkick in der Regionalliga Österreichs am vergangenen Wochenende legte mehr Energie an den Tag. Ist das schon der angekündigte Protest der Spieler wegen zu vollem Spielplan? Dann wurde er hier doch sehr eindrucksvoll dargestellt.

Die Erlösung durch Jamie Gittens erfolgte erst in der 40. Minute, als er völlig unbedrängt aus exakt 16 Metern ins rechte Eck einnetzte. Immerhin der Heimblock tat in diesen Phasen lautstark seinen Siegeswillen kund. Das 2:0 für uns fand in der 56. Minute seine Bestimmung. Ich hatte nicht genau hingeschaut, denn Tore nach Ecken waren bei uns in 100 Jahren noch nicht vorgekommen. Bis zu diesem sonderbaren Moment, der diese Statistik gnadenlos über Bord warf. Bensebaini erwischte tatsächlich Groß’ hereinsegelnden Ball. Wenn wir auch sonst nix gebacken kriegen, aber Champions League - dat könn‘ wa.

30 Minuten vor Schluss folgte ein 3-Fach Wechsel - sichere Kiste, also schonen was das Schonen wert ist.

 

Der Gästeblock veranlasste kurzerhand ein Feuerwerk der Emotionen - auch mit ohne Unterhose findet das, was ins Stadion soll schon seinen Weg. Neben viel austraben und Zeit tot schlagen machte Guirassy in der 90. den Sack dann endgültig zu. Allein auf weiter Flur beendete er das Leid der Zagreber Blue Boys wohlwollend. Gut gelaunt war er, der Gästeblock, der sich über die gesamte Südtribüne - wo auch sonst - ausgebreitet hatte. 
Rang 5 in der Tabelle der besten 23455567 Mannschaften der Welt kann sich sehen lassen.

Stadion bei Dunkelheit im Flutlicht
Doviđenja Zagreb!


Es war ein trister, verregneter Tag, doch trotz aller Widrigkeiten zählte am Ende wieder nur eins: Bis ans Ende der Welt werden wir den Weg gemeinsam gehen, die Liebe wird nie vergehen.

Hoffentlich funktioniert die Sitzheizung gleich.

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