Mehr Respekt im Wohnzimmer - auf der Süd
Heimspieltage im BVB-Stadion sind ein Mix aus Emotionen und Traditionen. Doch neuerdings trüben Respektlosigkeiten das Miteinander auf der Südtribüne. Ältere Fans werden bedrängt und mit Schlägen bedroht. Ein Appell der BVB-Schicksen für Einheit und Respekt.
Ein Heimspieltag wird zelebriert, du gehst bestimmte Wege, triffst dich an bestimmten Orten mit bestimmten Leuten, bevor du dann in deinen Tempel – dein Wohnzimmer gehst. Jedes Mal aufs Neue spürst du diese leichte Aufregung, diese Freude, dieses Wohlfühlen. Es ist wie nach Hause kommen und ins Wohnzimmer gehen. In diesem Gleichnis ist die Süd dann unsere Couch.
Auf dem Block, dort, wo wir stehen, kennen wir die Leute um uns herum. Viele unserer Freunde und unseren Stadionbekannten gehen schon seit Jahrzehnten hierher. Teilweise von Eltern, Verwandten oder Freunden schon als Kinder mitgenommen. Teilweise wieder mit ihren Kindern und Enkelkindern. Da ist die Kassiererin, der Rentner, die Schülerin, der Student, der Arzt, die Anwältin, der LKW-Fahrer uvm. Generations-, Geschlechts- und Standesübergreifend. Wir haben zusammen großartige sowie grottenschlechte Spiele im Schneesturm bei minus 15 Grad und bei vierzig Grad Hitze gesehen.
Wir haben geschrien, gesungen, gelacht, geweint und geschwiegen. Wir sind alle keine Ultras, aber ein großer Teil der Süd.
Seit einiger Zeit passieren aber leider Dinge auf der Südtribüne, die uns sehr irritieren. Ältere (was immer das auch heißen mag) BVB-Fans werden angepöbelt, bedrängt oder sogar körperlich weggedrängt.
Auf 13 nehmen sich jüngere Fans raus, andere Fans, die schon über 20 Jahre dort stehen, von ihren Plätzen weg zu mobben oder sie nicht vorbei zu lassen z.B. nach unten zu den Toiletten. Auf den Randblöcken kommen immer mehr junge Leute, wo auch immer sie die Tickets herhaben, und pöbeln die Menschen an, die dort schon ewig stehen, sie beschimpfen und bedrohen sie. Je mehr wir mit Freunden und Bekannten darüber sprechen, umso mehr Storys hören wir, die alle in die gleiche Richtung gehen. Das macht uns sehr traurig, aber auch wütend.
Was denken sich diese „Jungs“ (sorry für den Sexismus, aber leider sind es ausschließlich junge Männer) dabei? Die Südtribüne ist eine homogene Masse aus schwarz und gelben Blut. Sie besteht nicht nur aus Ultras. Gerade in Dortmund ist das die Seele des Vereins, es ist das was den Verein ausmacht – Klassen und altersübergreifend. Es ist pure Leidenschaft.
Wir sind Eure Frauen, Geliebte, Mütter, Väter, Schwestern, Brüder, Tanten, Onkel … – wir sind Familie.
Unserer Meinung nach sollte man allen Menschen erst einmal Respekt entgegenbringen und vor allem, aber Menschen, denen man „nahe steht“, muss man mit Respekt begegnen. Respekt ist wichtig und hat bisher die Südtribüne ausgemacht. Man steht dort, wo man sich wohl fühlt.
Manche der Vorkommnisse überschritten aber sogar noch weitere Grenzen. Da ist z.B. die Freundin, die schon selbst ein erwachsenes Kind hat und schon ewig auf der Süd steht, sie wurde von einem jungen Typen bedrängt, der sie dabei noch versuchte wegzudrängen. Als sie hart blieb und fragte, was das solle, beschimpfte der junge Mann sie als Fot.. usw. Freunde auf 13, die mehr als 10 Jahre zentral hinter dem Tor standen, werden immer weiter nach oben verdrängt und wenn sie jetzt nach unten zur Toilette müssen, wird ihnen mit Schlägen gedroht. Bei manchen dieser Vorfälle wird von den Aggressoren angemerkt, dass sie Ultras seien - mit anderen Worten, nur sie das Recht haben auf der Süd zu stehen.
Wir waren bei vielen Auswärtsspielen, auch gab es Situationen in denen uns andere BVB-Fans (auch Ultras) zur Seite gestanden haben und umgekehrt war das auch der Fall. So muss das.
Wir haben bei Benefizveranstaltungen mitgemacht und standen für PR-Aktionen zur Verfügung. Wir bezweifeln, dass viele der „Jungs“ da nur ansatzweise mithalten können.
Nicht das wir uns falsch verstehen. Die Ultras sind uns nicht fremd, wir haben auch keine Angst vor ihnen. Es ist eher eine Art Enttäuschung und Traurigkeit. Wir wollen weiterhin unbekümmert und voller Freude ins Stadion gehen. Wir wollen weiterhin mit voller Begeisterung in der gelben Wand stehen. Gar nicht auszumalen, falls mal etwas Schlimmeres passieren würde.
Daher möchten wir die Leute, die das hier lesen und alle die etwas Einfluss haben, wie z.B. Fanabteilung, Teddy, der Verein, Janni, Olli und Co. herzlich bitten, vermittelt den „Jungs“, dass sie mehr Respekt gegenüber „älteren“ Frauen und Männern auf der Süd zeigen sollen. Von diesen Werten lebt die Gelbe Wand. Eine Anfeindung der eigenen Leute ist niveau- und charakterlos, neudeutsch „ehrenlos“.
Wir sind alle Steine in der Mauer, in diesem Fall in der Wand und nur alle Steine zusammen machen die Wand stark. Wir alle wollen doch nur Spaß und Freude auf der Couch in unserem Wohnzimmer erleben.
Die BVB-Schicksen
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