Hoffnungsschimmer oder Scheitern mit Ansage? Gedanken zur Rückkehr von Nuri Sahin und Sven Bender
Das Ergebnis der Dortmunder Elefantenrunde in der Winterpause hielt die Fußballwelt in Atem. Trotz schwacher Leistungen hielt Watzke an Terzic fest, umgeben von Kontroversen und Unsicherheiten. Sahin und Bender kamen als Co-Trainer hinzu, doch Zweifel bleiben.
Mit Spannung war das Ergebnis der mittlerweile berüchtigten Dortmunder Elefantenrunde in der Winterpause erwartet worden. Sportlich sprach wenig für eine Weiterbeschäftigung von Trainer Terzic. Zu schwach waren die sportlichen Darbietungen in der Hinrunde. Im Pokal schied man chancenlos aus und in der Liga wuchs der Rückstand auf die Champions League-Plätze von Woche zu Woche. Dennoch konnte Aki Watzke seine Nibelungentreue zu Edin Terzic vorerst aufrechterhalten. Trotz oder vielleicht gerade auch weil sich ein Großteil der Mannschaft gegen den Trainer aussprach. Offensichtlich lässt sich Watzke ungern treiben und in seine Entscheidungen reinreden. Wenngleich man sich fragt, wie das alles in der Rückrunde angesichts des zerrütteten Verhältnisses gutgehen soll.
Dennoch war ein schlichtes „Weiter so“ keine Alternative. Um Aufbruch zu vermitteln, bedurfte es personeller Änderungen. Und so präsentierte der BVB kurz vor dem Jahreswechsel die Ex-Profis Nuri Sahin und Sven Bender als neue Co-Trainer von Terzic. Den großen und wahrscheinlich von den Bossen erhofften Stimmungsumschwung löst diese Personalentscheidung allerdings nicht aus. Vielmehr schwingt bei dieser Entscheidung der Eindruck mit, die Vereinsführung fokussiere sich zu sehr auf den sogenannten „Stallgeruch“, verschließe sich externen Impulsen und schrecke vor größeren, unbequemeren Entscheidungen zurück.
Nun sollten diese Personalien auf keinen Fall frühzeitig verurteilt werden. Im Gegenteil: Nuri Sahin konnte trotz seines jungen Alters bereits wertvolle Erfahrungen und erste Meriten als Cheftrainer in Antalya verbuchen. Ebenso wie Sven Bender ist ihm zuzutrauen, neue Akzente zu setzen und möglicherweise auch Risse zwischen Terzic und Mannschaft zu kitten, die zumindest kurzfristige sportliche Erfolge im Sinne einer Zweckgemeinschaft ermöglichen. Dennoch bleibt die Frage im Raum, welche Zeichen diese Personalentscheidung nach außen sendet?
Neue Dynamik: Sahin und Bender als Co-Trainer
Zunächst einmal wird die Position von Edin Terzic nicht gestärkt. Die Berufung von Sahin und Bender bringt zum Ausdruck, dass die sportliche Führung nicht davon überzeugt war, in der aktuellen Konstellation eine sportliche Trendwende zu erreichen. Sollten kurzfristige Erfolge ausbleiben, wird Sahin als „Schattentrainer“ durch die Gazetten geistern. Sollte die bislang verkorkste Saison doch noch zu einem positiven Ende geführt werden, dürfte dieser Erfolg eher auf das Konto von Sahin (und Bender) als auf Terzic einzahlen. Schließlich hätten diese dann in der Winterpause die notwendigen Akzente gesetzt, um das schlingernde Schiff auf Kurs zu bringen.
Weiterhin stellt die Rückholaktion von Sahin und Bender die sportliche Führung um Aki Watzke in kein gutes Licht. Schon an der Personalie Terzic entzündete sich nicht selten der Vorwurf, dass bei der Trainerauswahl zu sehr auf weiche Faktoren wie Emotionalität und Identifikation und zu wenig auf harte Faktoren wie Erfahrung oder taktische Kompetenz Wert gelegt wurde. Die Berufung der beiden Ex-Profis bestätigt zumindest auf den ersten Blick den Eindruck, dass beim BVB (positiv ausgedrückt) der „Stallgeruch“ eine wichtige Rolle spielt bzw. (negativ ausgedrückt) Vetternwirtschaft betrieben wird. Hinzu kommt, dass mit Armin Reutershahn das einzig „vereinsfremde“ Mitglied des Trainerstabs auf eigenen Wunsch ausscheidet. Auch wird der Eindruck eines gestörten Binnenverhältnisses verstärkt.
Möglicherweise wurde eine Möglichkeit gesucht, mit der sich die Führung um eine Art Rückversicherung bemüht, falls eine Trennung von Terzic unausweichlich wird. Schließlich hatte sich Watzke selbst mit der (völlig unnötigen) Jobgarantie und den wiederholten Klopp-Vergleichen eng an Terzic geknüpft. Eine vorzeitige Trennung würde zwangsläufig negativ auf den Klub-Boss zurückfallen. Daher schien Watzke eine Trennung von Terzic so vehement vermeiden zu wollen, auch wenn die sportlichen Argumente zu Gunsten von Terzic mehr und mehr schwanden. Im Fall der Fälle hätte man mit Sahin zumindest einen Interimstrainer in der Hinterhand, der die so oft propagierten Eigenschaften erfüllt und Watzke sein Gesicht bei einer unvermeidlichen Trennung von Edin Terzic nicht vollständig verlieren lässt.
Zukunftsausblick und Herausforderungen beim BVB
Stand heute wirft diese Personalentscheidung viele Fragen auf. Wirklich gut lässt die Berufung von Sahin und Bender weder den aktuellen Trainer noch die sportliche Führung dastehen. Insbesondere Terzic wird nicht gestärkt und dürfte nach jetzigem Stand auch aus keinem sportlich realistischen Szenario gestärkt hervorgehen. Vielmehr wirkt der aktuelle Chefcoach als Trainer auf Abruf, bei dem man sich (auch aus Selbstschutz) nicht zu einer Trennung durchringen konnte. Persönlich ist allen Beteiligten zu wünschen, dass man sich irgendwie zusammenrauft und eine langfristig anhaltende Trendwende gelingt. Hier bleibt aber vermutlich der Wunsch der Vater des Gedankens, da die Eindrücke der Hinrunde eher naheliegen, dass spätestens im Sommer die großen Fragen gestellt werden müssen: Besetzung der Trainerposition, Zusammensetzung des Kaders und Kompetenzverteilung in der sportlichen Führung. Es wäre nicht das erste Mal.
Geschrieben von Thomas Schlüter.
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