Im Gespräch mit...

Interview mit BVB-Spieler ...Marius Wolf, Teil I: "Es war mein größter Traum, hier zu spielen"

13.05.2023, 10:00 Uhr von:  Larissa DocKay Nina T.
Portraitaufnahme von Marius Wolf. Er spricht und stützt dabei das Kinn auf die linke Hand.

Marius Wolf erkämpfte sich in dieser Saison seinen Stammplatz und ist einer der Gründe, warum wir aktuell wenigstens noch ein bisschen auf die Meisterschaft hoffen können. Nun folgt das nächste Karrierehighlight: Ein Gespräch mit schwatzgelb.de. Im ersten Teil des Interviews sprechen wir mit ihm über Titelträume, mehr oder weniger erfolgreiche Bayernspiele und seine Meinung zum Videobeweis.

schwatzgelb.de: Du wurdest im Pokalviertelfinale zu Gunsten einer Systemumstellung zur Halbzeit ausgewechselt. Wie sauer und enttäuscht warst du?

Marius Wolf: Schon enttäuscht. Wenn du früh im Spiel, oder zur Halbzeit ausgewechselt wirst, obwohl du noch etwas zeigen willst, bist du in dem Moment natürlich nicht zufrieden. Aber das gehört zum Sport und zum Fußball dazu. Der Trainer hat diese Entscheidung getroffen und das muss man respektieren und akzeptieren. Er hat diese Idee gehabt, um das Spiel so vielleicht gewinnen zu können. Ich bin dann nicht schlecht gelaunt oder negativ, sondern versuche, die Mannschaft zu pushen und so von außen zu helfen.

Nach den beiden wegweisenden Partien gegen Bayern und Leipzig sprachen einige Spieler vom immensen Druck. Warum habt ihr es nicht geschafft, die große Erwartungshaltung in positive Energie umzuwandeln?

Schwer zu sagen. Wenn man die Antwort wüsste, würde man es dementsprechend ändern. Ich denke schon, dass die Mannschaft gut eingestellt war, vor allem auch gegen Bayern. Die ersten 15 Minuten hatten wir die Bayern im Griff, dann war es dann natürlich bitter, dass Greg so ein Fehler passiert. Das ist aber kein Vorwurf an ihn, er hat uns schon genug Spiele festgehalten. Das Ergebnis war bitter und ärgerlich, aber auch da: Mund abputzen und weiter gehts. Gegen Leipzig haben wir uns das auch vorgenommen.

Wir haben in der Woche gut trainiert - wie gesagt, wenn man dann immer wüsste, warum es in diesem Moment dann nicht funktioniert, dann würde man es direkt umstellen. Aber es ist eben auch wie im Leben, es ist ein Reifeprozess, bei dem man auch durch solche negativen Erlebnisse Schlüsse zieht und sich enorm weiterentwickelt. Dass es in der Art nicht nochmal passiert, wenn es wieder zu so einem Spiel kommt, weil man weiß, was man da falsch gemacht hat.

Wie wird im Vorfeld vom Bayernspiel im psychologischen Bereich gearbeitet? Speziell vor dem Hintergrund, dass ein 1:0 Rückstand dort ja mittlerweile eigentlich Standard ist und wir danach permanent auseinanderfallen

Nicht speziell vorm Bayernspiel. Das macht, denke ich, jeder persönlich. Ich selbst habe einen Psychologen, mit dem ich mich einmal in der Woche treffe und einfach quatsche, auch wenn es mir richtig gut geht. Es heißt ja nicht, dass man nur zum Psychologen muss, wenn man krank ist. Die psychologische Hilfe wird uns auch vom Verein angeboten. Mit Philipp (Sportpsychologe Philipp Laux) ist immer jemand da, der das auch sehr gut macht. Er ist sehr wichtig für die Mannschaft und auch sehr nah dran. Aber wir arbeiten jetzt nicht darauf hin, indem wir sagen, dass wir sicher gegen Bayern in Rückstand geraten und uns darauf vorbereiten müssen. Man geht in das Spiel, weil man gewinnen will und es steht erstmal 0:0. Wir hätte ja auch 1:0 in Führung gehen können.

Aber es ist ja in der Vergangenheit öfter aufgefallen, dass man in München in Rückstand gerät und alles zusammenbricht. Da stellt man sich von außen schon die Frage, warum das immer wieder so ist, warum kann man das nicht abstellen - das wird ja hoffentlich versucht.

Ja, natürlich. Wir wollen immer gewinnen, auch wenn wir hinten liegen. Wir haben aber auch in Spielen, in denen wir geführt haben, schon verloren. Das ist so im Sport. Das hört sich hart an, aber am Ende weiß man auch: das war dumm, das war scheiße, das musst du anders machen. Fußball ist eben auch ein Fehlersport, wir schießen oft nur Tore, wenn der Gegner irgendwo einen Fehler macht. Und es ist wirklich so: Aus den einzelnen Szenen in solchen Spielen zieht man dann auch am Meisten, weil man weiß, dass einem das so nicht mehr passieren darf und es vielleicht nicht dazu gekommen wäre, wenn man in dieser einen Situation auch nur eine Kleinigkeit anders gemacht hätte. Das ist etwas Entscheidendes, was sich dann auch im Kopf eingebrennt.

Portraitaufnahme vom lachenden Marius Wolf.

Reden wir mal Tacheles: Warum versagt der BVB seit Jahren so kolossal in München? Ist das der Respekt oder ist Bayern München einfach so gut oder gibts da irgendeine Erklärung für?

Also ich habe gegen Bayern auch schon gewonnen…

Auch mit dem BVB in München?

Nein, das nicht. Aber im wichtigsten Spiel für mich, im Pokalfinale. Aber ja - du gehst natürlich gut vorbereitet da hin und ich hatte auch das Gefühl, dass Bayern München im letzten Spiel in den ersten 15 Minuten großen Respekt vor uns hatte, wie ich es gar nicht von dort kannte. Das dann gleich beide Gegentore fallen, ist natürlich bitter, sonst wären wir vielleicht auch nochmal wieder gekommen. So musst du jetzt die Schlüsse draus ziehen und aus solchen Situationen lernen.

Kommen wir mal von den Bayern zum nächsten unangenehmen Spiel: Wenn man bei Spielen wie gegen Stuttgart 90 Minuten auf der Bank sitzt - wie schwer ist es da, nicht aufspringen und mitzumachen?

Ja, schon schwer. Das ist, wie wenn du früh ausgewechselt wirst. Es ist immer schwer, draußen zu sitzen und der Mannschaft nicht helfen zu können, wenn du es willst. Vor allem, weil du von außen auch nochmal mehr siehst, als auf dem Platz. Verletzt zu sein und vor dem Fernseher schauen zu müssen, ist auch sehr schwer, da gucke ich auch lieber alleine und nicht mit meiner Freundin oder so, weil ich sonst vielleicht auch mal beleidige (lacht). Du willst natürlich immer spielen und der Mannschaft helfen.

Die Schiedsrichter tun mir manchmal leid.


Marius Wolf über die Handspielregel

Bist du grundsätzlich Pro oder Kontra VAR - jetzt unabhängig von der Umsetzung?

Puh, dieses Jahr ist es echt schwer. Ich habe auch keine finale Meinung. Eigentlich war ich schon dafür, weil ich dachte, dass dadurch mehr Gerechtigkeit ins Spiel kommt, aber wenn man teilweise sieht, wie Mannschaften trotz VAR benachteiligt werden- dann habe ich lieber einen Schiedsrichter, der so mal eine Fehlentscheidung macht.

Wann ist Handspiel eigentlich Handspiel?

Das weiß ich auch nicht. Das wissen, glaube ich, auch manchmal die Schiedsrichter nicht. Die tun mir dann manchmal auch leid. Zum Beispiel wie in dem Pokalhalbfinale VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt, da musst du dann in der 95. Minute so eine 50/50-Sache entscheiden. Da muss dringend irgendwas gemacht werden, um da eine klare Linie zu haben. Auch für die Schiedsrichter.

Portraitaufnahme von Marius Wolf.

Edin Terzic sagte, er müsse als Trainer den Fan in sich hinten anstellen. Du hast von dir gesagt, du warst als Kind BVB-Fan. Wie handhabst du das? Erlaubst du dir noch Fan-sein?

Ja, schon. Es war mein größter Traum, hier zu spielen, das habe ich verwirklicht und ich bin immer noch Fan von Dortmund. Auch als ich bei Köln oder Frankfurt gespielt habe, war ich für Dortmund - wenn wir dann nicht gerade gegeneinander gespielt haben, natürlich.

Fußballer zu sein war früher viel entspannter, man konnte sich ungestörter bewegen, dafür konnte die Branche noch nicht diese Gehälter zahlen. Könntest du einen Prozentsatz nennen, den dir mehr Privatleben wert wäre oder erfreut dich deine Bekanntheit eher?

Ich würde es genauso nehmen, wie es jetzt ist, weil ich trotzdem mein Leben so lebe, wie ich es möchte und viel Spaß daran habe. Natürlich musst du auf Dinge verzichten oder bei manchen Sachen mehr aufpassen, das ist eben auch der Preis. Aber ich denke, damit kann man gut umgehen und das ist jetzt auch nicht unbedingt etwas Negatives. Ich finde es eigentlich cool, ein bisschen Vorbild und Inspiration für junge Fußballer zu sein, das macht auch Spaß.

Welche sportlichen Ziele hast du noch mit dem BVB?

Dieses Jahr ist ja klar. Wir wollen die letzten Spiele gewinnen und dann gucken, ob wir am Ende Erster sind. Das wünsche ich mir natürlich. Ansonsten möchte ich hier weiter erfolgreich sein. Als Sportler will man Titel gewinnen, das ist auch klar - und nächste Saison haben wir wieder in drei Wettbewerben die Chance dazu.

Jetzt hast du die nächste Frage schon vorweggenommen: Wer wird Deutscher Meister?

Ich hoffe wir.

Zu Teil II

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