"Wo geht’s nach Panama?" – Schnelle Hilfe im Westfalenstadion
Wer sich als Fan im Stadion bedroht, bedrängt oder unwohl fühlt, findet seit dieser Saison mit der Frage "Wo geht's nach Panama?" schnell und unkompliziert Hilfe. Hierüber haben wir mit den BVB-Fanbeauftragen Luisa Junk und Nicole Möller gesprochen.
Für alle, die noch nichts davon gehört haben: Was genau ist Panama?
Kurz und knapp: Mit der Frage „Wo geht’s nach Panama?“, beziehungsweise dem Codewort „Panama“ bekommt jeder im Stadion Hilfe, der Hilfe benötigt. Jeder, der sich belästigt oder bedroht fühlt, unsicher ist oder sich einfach nur unwohl fühlt, bekommt mit diesem bewusst anonymen Code Unterstützung.
Warum überhaupt „Panama“?
Das Projekt kommt aus England, und wir sind durch die FKP-Scorpio GmbH, eine Konzertproduktion, darauf aufmerksam geworden, die es bereits auf großen Konzerten und Festivals sehr erfolgreich anwendet. Das Konzept haben wir dann in Zusammenarbeit mit der FKP-Scorpio auf Besuche im Stadion übertragen. Es findet nach wie vor ein regelmäßiger Austausch mit den Urhebern statt. Einen Code wie PANAMA zu nutzen, soll dazu beitragen, die Hürden, nach Hilfe zu fragen, zu verringern, indem der Grund des Hilfegesuchs durch die Betroffenen erstmal nicht erklärt werden muss. Es reicht der Code oder die Frage nach PANAMA, um Hilfe zu erhalten.
Woran erkenne ich Mitarbeiter*innen des Teams „Panama“?
Die Mitarbeiter*innen tragen Kleidung, die die Aufschrift „Wo geht’s nach Panama“ auf der Brust hat, allerdings sehr dezent, um die betroffene Person möglichst zu schützen und nicht schon von Weitem erkenntlich zu machen, dass dort gerade eine hilfebedürftige Person betreut wird und ein Vorfall stattgefunden hat. Stattdessen sollen Plakate, Newsletter-Texte und Beiträge im Mitgliedermagazin und auf allen Online-Kanälen regelmäßig auf das Konzept aufmerksam machen, um es so in den Stadionalltag zu integrieren.
Man kann neben dem Team PANAMA aber auch alle Mitarbeiter*innen im Stadion ansprechen, also sowohl an den Countern als auch an den Merch-Ständen oder auch die Verkäuferinnen und Verkäufer der Stadiondeckel. Diese bilden den Erstkontakt und finden mit den Betroffenen zusammen heraus, was diese brauchen – sei es die Schutzsuche nach einer Bedrängung; oder auch einfach mal nur ein Glas Wasser zur Beruhigung. Darüber hinaus können dann die speziell geschulten Ordner*innen des Teams PANAMA, die in Themen wie Sexismus, Rassismus und anderen Diskriminierungsformen sowie in dem Umgang mit Betroffenen weiterhelfen können, hinzu gerufen werden. Diese laufen an jedem Spieltag in Zweierteams eine spezielle Route ab, sodass Hilfe in jeder Ecke des Stadions greifbar ist. Zum Hilfsangebot gehört auch der sogenannte Raum PANAMA im Stadion, der von den psychosozialen Notfallversorgern des Deutschen Roten Kreuzes betreut wird. Dort finden Betroffene zudem Flyer über entsprechende regionale und überregionale Hilfsangebote, an die sie sich im Nachhinein wenden können.
Mit welchen Problemen kommen die Fans am häufigsten zu euch?
Bisher kamen Fans häufig wegen Panikattacken zu uns, wenn sie von der Menschenmenge im Stadion überwältigt waren. Leider gab es aber auch schon Fälle sexueller Bedrängung.
Wie ist euer aktuelles Feedback?
Die Betroffenen waren sehr dankbar über ein solches Hilfsangebot, und bisher gab es ausschließlich positive Resonanz. Über ein Onlineformular können betroffene Fans auch jederzeit Feedback geben, das wir gerne annehmen, um so zur Verbesserung des Projektes beizutragen. Vor und nach dem Spiel setzen wir uns außerdem mit den Notfallversorgern und dem Team PANAMA nochmal zusammen und besprechen den Spieltag, mögliche Vorfälle und woran wir arbeiten können.
Hat das Feedback euch darin bestärkt, wie wichtig es ist, so etwas anzubieten?
Auf jeden Fall! Jeder, der Hilfe benötigt – in welcher Form auch immer –, soll sich gut aufgehoben fühlen. Im Idealfall soll das Konzept in den Stadionbesuch eines jeden Fans übergehen und so Zivilcourage in der Fangemeinschaft fördern. Die Fans sollen sich nach Nennung des Codewortes auch untereinander helfen, wenn es nötig ist. Auf Festivals klappt es bereits so gut, dass sich im Ernstfall sofort Grüppchen von Konzertbesuchern finden, die dann eine Meldekette in Gang setzen, um der betroffenen Person zu helfen. Wir gehen zur Zeit von einer hohen Dunkelziffer an Vorfällen im Stadion aus, für die es bislang kein greifbares Hilfsangebot gab. Mit dem Konzept wollen wir genau das ändern. Bei Veranstaltungen mit sehr hohem Menschenaufkommen in der Größenordnung einer mittelgroßen Stadt ist es leider allein rein statistisch so, dass negative Vorfälle jeglicher Art passieren.
Welchen Appell habt ihr bezüglich „Panama“ an die Fans?
Ganz klar: Scheut euch nicht, Hilfe zu suchen, wenn ihr sie benötigt. Auch Personen mit psychischen Erkrankungen beispielsweise sollen sich nicht vor einem Stadionbesuch scheuen, sondern wissen, dass es im Zweifel eine sichere Anlaufstelle gibt. Die Frage ist nicht „was ist passiert?“, sondern „was brauchst du jetzt?“. Wir sind immer da, in welcher Form auch immer.
Unter www.bvb.de/panama findet ihr alle Informationen zum Projekt und wie euch im Ernstfall geholfen werden kann.