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Wie aus einer Ultra-Gruppe von OM der Fanclub des BVB die "Süd-Winners Belgien" wurde

12.08.2021, 07:09 Uhr von:  DocKay
Das Bild zeigt die Süd-Winners auf der Südtribüne mit Fahnen und Banner
Frederik konnte sich mit seinen Freunden den Traum von der Südtribüne erfüllen

Als Kind war Frederik auch großer Fan von Olympique Marseille. Später bestaunte er mit großen Augen in der ARD-Sportschau die Bilder von der Südtribüne. 1996 konnte er sich dann nach unzähligen Versuchen seinen Traum erfüllen.

Es sollte bis zu seinem 18. Geburtstag im Jahr 1996 dauern. Im nahen Flandern verfolgte er in den Jahren zuvor jeden Samstag in der ARD-Sportschau die Spiele der Fußball Bundesliga und verliebte sich dabei in die Bilder der Südtribüne, die vor jeder Reportage über den Kanal flimmerten. Jeden Montag, vor der Schule, wenn der Vorverkauf startete, versuchte er anzurufen, schrieb Briefe und brachte Faxe auf den Weg. Dies alles geschah ohne Deutschkenntnisse und oft war das Wörterbuch der einzige Helfer. Die „Echte Liebe“ hatte schließlich Erfolg und bescherte ihm zum 18. Geburtstag die lange ersehnten Karten.

Danach sollte es schnell gehen. Mit den Jahren hatte er immer mehr Belgier getroffen, die sich ebenfalls Richtung Westfalenstadion auf den Weg machten. Viele fragten ihn auch, ob sie ihn begleiten dürften. Aus der kleinen, aber feinen Truppe wurde dann im Jahr 1998 ein Fanclub gegründet, dem allerdings noch ein Name fehlte. Frederik erinnerte sich an seine Kinderzeit, in der er auch mit Olympique Marseille liebäugelte. Dort gab es eine Ultra-Gruppierung, die sich „South-Winners“ nannte. Aus der Erinnerung heraus wurde dann schnell Süd-Winners und der Fanclub kam auch namentlich zur Welt.

Damals habe ich den Namen irgendwie gestohlen


Frederik Michiels

Inzwischen zählt man stolze 180 Mitglieder und hat auch schon 20-jähriges Jubiläum gefeiert. Die Mitglieder kommen aus ganz Flandern und aus Brüssel. Deswegen gibt es auch verständlicherweise kein gemeinsames Lokal in Belgien. Vor jedem Spiel trifft man sich bei Laki und seinem Team im Kreuzviertel. Das Lokal „Zur Sonne“ hat schon manche wilde belgische Party gesehen, die nicht immer etwas mit Fußball zu tun hatte. Bei der größten Feier allerdings hat sich ein Mitglied der Süd-Winners in den Räumlichkeiten von seinem Junggesellendasein verabschiedet. Mehr kann man seine Verbundenheit zu Stadt und Verein nicht zum Ausdruck bringen.

Die Südwinners treffen sich lange vor Spielbeginn in ihrem Stammlokal "Zur Sonne" und zeigen stolz ihr Banner
Die Süd-Winners vor ihrem Stammlokal im Kreuzviertel

Die Süd-Winners Belgien sind eine richtig aktive Truppe, die nicht nur bei jedem Heimspiel da ist, sondern auch fast bei jedem Auswärtsspiel. Europa kennt ebenfalls keine Grenzen, wenn es sein muss auch ohne Tickets. Gern gesehen sind unsere belgischen Freunde auch bei den Spielen der Amateure. Die Vergangenheit hat unvergessliche Geschichten parat. Sei es ein Blumenverkäufer in Madrid, ein unerwartetes Treffen mit einem betrunkenen Mitglied auf einer Brücke in St. Petersburg, oder das Erlebnis „Kein Alkohol in Udine“ 113 Meter über dem Meeresspiegel in der Region Friaul-Julisch Venetien im Nordosten Italiens.

Man sieht die belgischen Fans in Zivil als Gruppe vor dem Mailänder Dom
Auf Europa Tour mit Halt in Mailand

Für Frederik und den Fanclub gibt es einen großen Unterschied zum Fußball in Belgien. Das „Drumherum“ und die Faszination „Schwarzgelb“ sind etwas ganz Besonderes. Für ihn sind es die besonderen Emotionen, wenn eine ganze Stadt und eine Region an einem Spieltag mitfiebert. Obwohl einige Mitglieder des Fanclubs auch aktive Fans eines belgisches Vereins sind, kennen sie diese Gefühle nur hier in Dortmund und beim BVB. Deswegen sind sie auch häufiger ohne den BVB in Dortmund und der Region unterwegs, man hat sich in diese Stadt verliebt. Kann es ein größeres Kompliment geben?

Corona hat auch die Süd-Winners schwer getroffen. Gesundheitlich sind sie alle wohlauf. Es fehlt ihnen aber der Stadionbesuch und die damit verbundene Atmosphäre. Die Distanz und das teilweise bestehende Einreiseverbot sorgten für eine schwere Zeit. Zu Beginn der Pandemie haben sie sich die Spiele zusammen auf Zoom angesehen, doch war der Spaß sehr schnell vorbei. Einige waren kreativ und haben sich in ein „Man Cave“ (Männerhöhle) zurückgezogen um gemeinsam Fußball zu schauen.

Gemeinsam fährt man im Bus zu den Spielen. Noch schnell ein Foto vor dem Bus mit dem Nikolaus
Die Süd-Winners unterwegs, da hat auch der Nikolaus keine Chance zu entkommen

Was sie stolz macht, ist die Tatsache, dass aus Fußballfans, die sich früher gar nicht kannten, Freunde geworden sind, die der BVB verbindet, und die sich teilweise auch außerhalb des Fußballs häufig treffen. Mein Dank geht an Frederik Michiels für diese besondere Geschichte. Wie er mir mitteilte, spürte er schon beim Schreiben das „Kribbeln“ in seiner schwarzgelben Seele. Ihm und dem Fanclub Süd-Winners Belgien gebührt großer Respekt. Wir sind gespannt darauf, Näheres über eure Erlebnisse und Episoden zu erfahren. Erzählt sie uns einfach beim nächsten Treffen auf der Südtribüne. Wir freuen uns auf euch und eure Geschichten ohne Einreiseverbot und unmaskiert.

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