Der Scheinriese vom Main
Jovic, Haller, Rebic – die drei aus der Frankfurter Sturmreihe bomben die Liga kurz und klein. Das ist zumindest so ein bisschen der Eindruck, den man aus der Berichterstattung der letzten Wochen und Monate rund um die Eintracht mitnehmen kann. Dabei ist unbestritten, dass man am Main in der Sommerpause einen tollen Job gemacht hat. Nicht wenige hatten der SGE einen ähnlichen Absturz zugetraut, wie damals beim 1. FC Nürnberg, die als Pokalsieger in der Folgesaison mal direkt abgestiegen sind. Nico Kovac wechselte bekanntermaßen an die Isar und auch „der Prinz“ Boateng, Wolf, Mascarell, Hradecky und Salcedo suchten ihr Glück in anderen Gefilden. Dazu wurde der Vertrag mit Vereinsikone Alex Meier nicht verlängert. Doch nach einem schwachen Start in die Saison fand man schnell zusammen und zeigte von da an wirklich guten Fußball.
Aktuell liegt die Eintracht auf einem respektablen fünften Tabellenplatz, dicht dran an einem Champions-League-Platz. Besonders beeindrucken konnten die Adler in einer nominell starken Europa-League-Gruppenphase, in der man vor Lazio Rom und Olympique Marseille mit sechs von sechs möglichen Siegen mehr als souverän in die Zwischenrunde einzog. Ein wichtiger Faktor dabei die eingangs erwähnte Offensivreihe mit Luka Jovic (13 Tore und 4 Vorlagen), Ante Rebic (7 Tore, 3 Vorlagen) und Sebastien Haller (11 Tore und 8 Vorlagen) – die Werte beziehen sich nur auf die Bundesliga. In der Tat, beeindruckende Werte und so zählt unser Gastspiel dort mit Sicherheit zu den schwierigeren Aufgaben in dieser Saison.
Trotzdem muss man sich nicht in die Hosen machen und man muss aufpassen, dass man die SGE nicht mächtiger redet, als sie eigentlich ist. Den Großteil ihrer Ligapunkte verdankt sie nämlich dem Umstand, dass sie bislang die Teams aus dem Tabellenkeller souverän und mit schöner Regelmäßigkeit besiegt. Die Bilanz gegen die Teams aus den Top 10 sieht dagegen deutlich bescheidener aus. Nur gegen Hoffenheim und Leverkusen konnte man jeweils knapp mit 2:1 gewinnen, gegen Leipzig und Mainz ein Unentschieden erzielen. Die restlichen fünf Spiele wurden mit einer Tordifferenz von 3:12 verloren. So ist dann auch der aktuell gute Tabellenplatz eine recht wackelige Angelegenheit. So beträgt der Abstand auf den Drittplatzierten Gladbach bereits acht, auf uns sogar satte 17 Punkte, während man selbst nur fünf Punkte vor Werder Bremen auf Platz 11 liegt.
Kein Wunder, dass die Abwehrleistung mit bislang 26 kassierten Gegentoren den deutlich schlechtesten Wert der Teams aus den Top 5 vorweist. Und neben den drei genannten Stürmern, die insgesamt 31 Tore erzielt haben, kommt dann dahinter auch nicht mehr viel. Die übrigen Mitspieler steuerten bislang gerade mal weitere acht Tore bei.
Für uns gilt also: Respekt ja, Bange machen aber mit Sicherheit nicht. Allein Reus, Alcacér und Sancho brauchen sich vor Eintrachts Offensive nicht zu verstecken und kommen mit 30 Ligatoren und 19 Vorlagen auf ähnliche Werte. Nur dass dann bei uns noch vierzehn andere Spieler weitere 20 Buden zum Erfolg beisteuerten. Und unsere Abwehr, die mit 19 Gegentoren die zweitbeste Defensive hinter Leipzig und Gladbach stellt, braucht sich auch vor niemandem zu verstecken. Wir sind die Mannschaft von den beiden Teams, die eindeutig schwieriger zu schlagen ist. Also, genau so konzentriert weitermachen auf dem Weg wie bisher und den nächsten Schritt zum großen Ziel machen. Die beiden Siege zum Rückrundenauftakt haben gezeigt, dass die bombastische Hinrunde kein Zufall war und wir zurecht auf Platz eins stehen. Da kann man im Süden von der besten Mannschaft schwafeln, was man will.
Personell sind wir auch wieder recht gut aufgestellt. Ömer Toprak ist wieder ein echter Kandidat für einen Job in der Innenverteidigung und Dan-Axel Zagadou konnte endlich wieder ins Mannschaftstraining einsteigen – auch wenn er für das kommende Auswärtsspiel mit Sicherheit noch keine Option ist. Neben Manuel Akanji, der bekanntermaßen noch einige Wochen ausfallen wird, macht allerdings Lukasz Piszczek Sorgen. Sollte er Samstag ausfallen, wird sicherlich Achrif Hakimi auf der rechten Außenbahn auflaufen und Schmelzer für ihn auf der linken Seite sein Startelfcomeback geben. Ansonsten wird Lucien Favre sehr wahrscheinlich keine Experimente eingehen und die momentan stärkste Elf ins Rennen schicken. Im Mittelfeld dürfen Thomas Delaney und Axel Witsel wieder amtlich abräumen und davor, von links nach rechts, der deutlich verbesserte Raphael Guerreiro, Marco Reus und Jadon Sancho versuchen, die SGE-Defensive unter Druck zu setzen. Ganz vorne scheint aktuell, auch aus Fitnessgründen, Mario Götze die Nase gegenüber Paco Alcacér vorne zu haben, wenn es darum geht, wer bei Anpfiff auf dem Platz steht.
Also, Frankfurt aus dem Weg räumen und dabei mit einem Auge nach Leverkusen schielen.
Auf dem Weg zum Ziel, keiner kann uns halten…