Warum der Fußball niemals unpolitisch sein kann
Als Fanzine positionieren wir uns oft in Bezug auf politische und gesellschaftliche Themen und begegnen dabei viel zu häufig der Aussage, Politik gehöre nicht ins Stadion und wir sollten uns auf Fußball konzentrieren. Warum diese Aussage falsch ist:
Hallo, wir sind schwatzgelb.de – Als Fanzine schreiben wir seit 2000 über alles rund um den BVB und den Fußball. Von der Jugend, über die Amateure bis hin zur 1. Mannschaft. Wir schreiben Vor- und Nachberichte, mal sachlich und analysierend, mal humoristisch, mal euphorisch, mal frustriert. Wir schreiben über sportliche Erfolge und finanzielle Krisen. Wir schreiben über Legenden in Schwarz-Gelb, über Transfers in die eine oder andere Richtung. Wir schreiben über FIFA, UEFA, DFB und Co. Wir lieben und leben Fußball, und manchmal hassen wir ihn auch.
Im Durchschnitt erreichen wir auf unserer Seite bis zu 16.000 Leser pro Tag. Auf Facebook folgen uns weit über 100.000 Nutzer, auf Instagram 34.500, auf Twitter 30.000. Damit haben wir eine beachtliche Reichweite und warum sollte man diese nicht nutzen, um bestimmte Werte zu vertreten?
Wir reden und schreiben viel über Fußball, aber der Fußball, so wichtig er uns auch sein mag, ist und bleibt nun mal "nur" die schönste Nebensache der Welt. Daher werden wir nicht müde, uns darüber hinaus auch für die wirklich wichtigen Themen zu engagieren. Denn es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, diese Gesellschaft, in der wir leben, zu formen und zu einem friedlichen Miteinander zu gestalten. Eine Gesellschaft, in der es keinen Platz gibt für Diskriminierung, Rassismus, Homophobie oder Sexismus. Ihr sagt, das habe alles nichts mit Fußball zu tun? Ihr sagt, wir als Fanzine sollten uns auf den Fußball konzentrieren und die Politik aus dem Stadion lassen?
Fußball verbindet. Ob bei den Bambini auf irgendeinem Acker oder im Rampenlicht des Profi-Fußballs. Fußball verbindet. Hier zählt keine Herkunft, keine sexuelle Orientierung, kein Geschlecht, kein Arm oder Reich. Es zählen 90 Minuten Fußball, alles für den Verein zu geben, gemeinsam Niederlagen wegzustecken und miteinander Erfolge zu feiern. Gemeinsam. Miteinander.
Der Verein fördert die Funktion des Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität eine sportliche Heimat. (Auszug § 2 der Satzung des Ballspielvereins Borussia 09 e.V. Dortmund)
Allein im aktuellen Kader (Rückrunde 2019) der ersten Mannschaft von Borussia Dortmund stehen 25 Spieler aus 13 Nationen. Das sollte dem ein oder anderen schon zu denken geben: Der Fußball ist bunt. Dennoch: Wie oft hört man in seinem Kontext Sprüche wie "Scheiß Türke" oder "Neger", wohlgemerkt auch von Fans der eigenen Mannschaft? Noch immer geistert das antisemitische U-Bahn-Lied im Stadionumfeld umher. Ihr fordert, der Fußball habe unpolitisch zu sein. Aber ernsthaft, wie kann der Fußball da unpolitisch sein und nicht ganz klar Stellung gegen diese Fremdenfeindlichkeit beziehen?
Wie kann der Fußball unpolitisch sein, wenn seine Akteure, ob auf dem Feld oder auf den Rängen, Diskriminierung ausgesetzt sind? Wie kann der Fußball unpolitisch sein, wenn farbige Spieler von den Rängen mit Affenlauten begrüßt werden? Wie kann der Fußball unpolitisch sein, wenn Spieler ihre Homosexualität aus Angst vor Anfeindungen verheimlichen müssen, wenn "schwul sein" weiterhin als Schimpfwort missbraucht wird? Wie kann der Fußball unpolitisch sein, wenn weibliche Fans in den Fanszenen weiterhin um Anerkennung kämpfen müssen? Wie kann der Fußball unpolitisch sein, wenn Spieler aufgrund ihrer Herkunft von einem europäischen Finale ausgeschlossen werden? Wie kann der Fußball unpolitisch sein, wenn seine Werte durch rechte Gesinnung bedroht werden?
Jeder, der den BVB kennt, weiß, dass wir für die Rechte des Grundgesetzes stehen und für den Kampf gegen Rechts. (Hans-Joachim Watzke, 2016)
Und ist es wirklich Politik oder viel mehr Menschlichkeit und Humanität sich für diese Werte einzusetzen? Ist es wirklich Politik oder viel mehr menschlicher Anstand, andere Menschen nicht aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Sexualität oder ihres Geschlechts zu diskriminieren und sich nicht nur für die eigene, sondern auch für die Freiheit der anderen einzusetzen und diese zu verteidigen?
Wir von schwatzgelb.de stehen für diese Werte. Wir stehen für ein friedliches und demokratisches Miteinander. Wir stehen für Integration, Offenheit und Toleranz. Wir stehen für einen Verein, der Menschen vereint. Wir stehen für eine bunte Gesellschaft.