Der Zwei-Punkte-Schnitt
Ehe vor wenigen Jahren erst der BVB unter Jürgen Klopp und danach die Bayern unter Jupp Heynckes und Pep Guardiola begannen, Jahr für Jahr neue Punkterekorde in der Bundesliga aufzustellen, war der Zwei-Punkte-Schnitt so etwas wie das Kriterium, um ernsthaft um die Deutsche Meisterschaft mitzuspielen. Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel zur Saison 1995/96 reichten immerhin siebenmal 70 Punkte oder weniger zur Meisterschaft, was ziemlich genau im Bereich des Zwei-Punkte-Schnitts von 68 Punkten aus 34 Spielen liegt. Zuletzt war das 2009 und 2010 der Fall, seitdem reicht so eine Punktzahl nur noch für den zweiten oder dritten Platz. Aber wenigstens spielt man ziemlich sicher oben mit — und im nächsten Jahr in der Champions League.
Warum ich das so prominent erwähne? Seit Amtsantritt von Peter Stöger ist der BVB in der Bundesliga noch ungeschlagen und hat insgesamt 23 Punkte aus elf Spielen geholt. Mit anderen Worten: Die Resultate in der Liga entsprechen der Punktzahl eines erweiterten Spitzenteams. Kaum zu glauben, wenn man zugleich an die Laune in Dortmund denkt, die mit "grummelig" noch freundlich umschrieben ist. Vermutlich gab es selten eine Phase in der Geschichte von Borussia Dortmund, in der die Stimmung rund um den Verein und die Ergebnisse auf dem Platz einander derart unvereinbar gegenüber standen. Der Fußball gilt nicht ganz zu Unrecht als uninspiriert bis schlecht, und man liegt ziemlich sicher sogar mit der Aussage richtig, dass der BVB unter Peter Stöger kein einziges konstant gutes und souverän gewonnenes Spiel auf den Platz gebracht hat. Und trotzdem stimmen die Ergebnisse nicht nur, sie sind nüchtern betrachtet insgesamt sogar sehr gut. Ein wenig fühlt es sich an wie 2014/15, nur umgekehrt.
Dazu passt ganz gut, dass am Sonntag mit Hannover 96 ein Gegner ins Westfalenstadion kommt, der sich in den letzten Wochen die Formkrise genommen hat, die für fast jeden Aufsteiger in die Bundesliga irgendwann ansteht. Viel zu sehen ist nicht mehr von dem Fußball, der uns noch im Hinspiel so sehr genervt hat: Hinten sicher stehen und vorne die wenigen Chancen effizient nutzen. Die letzten drei Spiele haben die Niedersachsen verloren, und nur der Schwäche der Teams am unteren Ende der Tabelle ist zu verdanken, dass 96 wohl nicht mehr in den Abstiegskampf hineinrutscht. Man ist fast geneigt zu sagen: Wenn es diese Woche nicht mit einem überzeugenden Sieg klappt, wann den bitte dann?
Das Spiel gibt es am Sonntag übrigens bereits um 13:30 Uhr. Nach der arbeitnehmerunfreundlichen Anstoßzeit am Montag um 20:30 Uhr folgt nun die familienunfreundliche Anstoßzeit am Sonntag um 13:30 Uhr. Man bekommt binnen weniger Wochen plastisch vor Augen geführt, mit was für einem Mist sich die Zweite Liga bereits seit Jahren herumzuschlagen hat.
Ein berechtigter Einwand zu all den schönen Rechnungen von oben ist übrigens, dass die Gegner in den letzten elf Spielen nicht unbedingt zur nationalen Spitze gehört haben. Und das stimmt auch: Nach dem Spiel gegen Hannover am Sonntag und der dann folgenden Länderspielpause warten nacheinander mit den Bayern, Stuttgart, den Blauen, Leverkusen und Bremen fünf der besten sieben Rückrundenmannschaften auf den BVB. (Die sechste, Eintracht Frankfurt, hatten wir erst letzte Woche als Gegner. Die siebte Mannschaft sind wir selbst.) Allein deshalb ist ein Sieg am Sonntag gegen Hannover wohl Pflicht. Und zumindest hinsichtlich des Zwei-Punkte-Schnitts würde dann selbst die erwartete Niederlage zu Ostern in München nichts daran ändern, dass der BVB unter Stöger die Bilanz einer Spitzenmannschaft besitzt. Immerhin das.
So könnten sie spielen
Borussia Dortmund: Bürki – Piszczek, Sokratis (Toprak), Akanji, Schmelzer – Castro, Dahoud – Pulisic, Reus (Philipp), Schürrle – Batshuayi
Auf der Bank: Weidenfeller, Zagadou, Toprak, Guerreiro, Toljan, Sahin, Weigl, Götze, Isak, Sancho
Hannover 96: Tschauner – Korb, Anton, Sané, Felipe, Ostrzolek – Schwegler, Bakalorz – Fossum – Füllkrug, Klaus
Auf der Bank: Esser, Albornoz, Elez, Hübner, Sorg, Karaman, Maier, Harnik, Jonathas
Schiedsrichter: Ittrich (Hamburg); Assistenten: Grudzinski (Hamburg), Thielert (Buchholz i. d. Nordheide); Vierter Offizieller: Gerach (Landau)
Zuschauer: Das Westfalenstadion ist mit 81.360 Besuchern ausverkauft