Alles außer Fussball
Ostern nach Frei statt Bayern – wie kann man sein Osterwochenende besser verschwenden? Dass es voraussichtlich nichts zu holen geben würde, war wohl nahezu allen Dortmundern bewusst. Trotzdem machte man sich in stattlicher Anzahl auf den Weg.
Die Fahrt zieht sich bekanntlich wie Kaugummi, aber im Grunde gibt es auch keinen Grund zu früh vor Ort zu sein. Das Feld rund um die Arena ist wie eh und je trostlos und versprüht überhaupt keinen Fußballcharme. Auf dem Zulauf vom U-Bahnhof steht eine quietschbunte Werbewelt und man sieht neben allerlei Bauernseppel jedes Jahr mehr Fußballtouristen aus aller Welt. Der Unterschied zur Premier League verschwimmt zusehends.
Auf der anderen Seite des Stadions dann das Bild eines Bayern mit einem neuen Polizeiaufgabengesetz. Alles was nicht Herdprämie und heimatliche Deutschtümelei als Errungenschaften deutscher Leidkultur empfindet, wird als Problem betrachtet. Obwohl es in den letzten Jahren eigentlich so gut wie keine Vorfälle in München gab, wurden die Fans von Zäunen, Vereinzelungsanlagen und herrischen USK-Beamten aus Bayreuth begrüßt.
Stein des Anstoßes soll der Gebrauch von Megaphonen im Gästeblock sein. Deutschland hat wirklich große Probleme. Das ist Grund genug, um notfalls „auch die Jungs im Block auf links zu drehen“ – wohl gemerkt, diese Ankündigung wurde für den dritten Block in der Arena getroffen. Noch vor dem Betreten des Blocks wurde dann das Fanprojekt Dortmund unter fadenscheinigen Gründen unter Druck gesetzt und jede Kommunikation forthin wurde verweigert. Das alles zeigt, wes Geistes Kind die Einsatzleitung und die eingesetzten Beamten sind.
Im Stadion dann das elende selbe Theater – Essen und Getränke dürfen nicht in den Block. Wegen Schnipseln werden Personalien aufgenommen. Der Unterschied zur Premier League verschwimmt? Es ist bereits schlimmer als in London. Während sich die Mannschaften aufwärmten, machten die gefühlt letzten Aufrechten in der Südkurve klar, dass sie vom Polizeiaufgabengesetz nichts halten. Der Gästeblock antwortet mit einem „Nein zum Polizeistaat“. Aber Bayern im Wahlkampf wird wohl dazu führen, dass dieses Thema Gerichte entscheiden müssen.
Generell muss man aber anerkennen, wie die Bayern-Szene seit Jahrzehnten gegen all den Irrsinn dort ihr Ding durchzieht. Mittlerweile kann man in Dortmund durchaus verstehen, was das bedeutet. Im Laufe des Spiels folgte dann noch das ironische Spruchband „50+1 bleibt! Danke Kalle!“ – chapeau, chapeau! Ich habe wirklich gelacht. Die beiden verurteilten Steuerhinterzieher auf der Ehrentribüne vermutlich nicht allzu sehr.
Das Spiel selber ist schnell erzählt. Woran es auch immer liegen mag, es ist unfassbar, wie man das Spiel abschenkte. So stand es schon nach fünf Minuten eins zu null für den Rekordmeister. Schon in der 9. Minute fiel dann das vermeintlich 2:0. Da muss man dann einfach auf den VAR und das Versagen des DFB zu sprechen kommen. Warum das erste Tor zählt, das zweite nicht, kann wohl kein Herr im Frankfurter Elfenbeinturm mehr erklären. Wenn man dazu all die anderen strittigen Situationen aus der Liga hinzunimmt, hat der VAR einfach faktisch nichts gebracht, außer die Atmosphäre im Stadion kaputt zu machen. Wie die Hofberichterstatter der Verbände vom Kicker beim 1:0 auf „leicht abseitsverdächtiger Position“ kommen, ist dann nur eine Randnotiz.
Neben den vier Schiedsrichtern im Stadion ist nun ein weiterer völlig willkürlicher menschlicher Faktor hinzugekommen, der scheinbar in einer Drogenhöhle in Köln sitzt. Anders sind diese völlig widersinnigen Auslegungen und Entscheidungen nicht mehr zu erklären. Wie man das in dieser Form nun ernsthaft für die zweite Liga erproben will, kann man keinem Menschen mehr erklären. Aber vermutlich ist es wie so oft beim DFB, eigentlich müsste hier mal richtig durchgegriffen werden. Die deutsche Schiedsrichterzunft und insbesondere ihre Führung fällt seit Jahren nur noch durch Skandale und Skandälchen auf – aber eine Krähe piekt der anderen nun einmal nicht die Augen aus. Es ist ein Jammer und verleidet zunehmend zumindest mir immer mehr den Spaß im Stadion.
Die beiden ach so verfeindeten Fanlager reagierten spontan und so schallte minutenlang von Nord nach Süd ein „Scheiß DFB“ durch die Vorzeigearena des Vorzeigevereins beim Vorzeigetopspiel der Vorzeigeverbände. Gratulation an all die großartigen Funktionäre – aber ohne 50+1 wird alles besser! Ihr kümmert euch um die wichtigen Them
Danach fallen noch fünf weitere Tore, die deutlich zeigen, dass mit dieser Mannschaft in dieser Verfassung kein Blumentopf zu gewinnen ist in München. Ob Matthias Sammer hier in Zukunft die Lösung ist, wird abzuwarten sein. Veränderung ist auf jeden Fall notwendig. Faktisch kann man sagen, die Mannschaft hat mal wieder die Arbeit verweigert, die Gründe dafür müssen evaluiert und die Konsequenzen gezogen werden.
Nachdem der Gästeblock durchaus passabel in das Spiel gestartet war, hieß es für die Borussen spätestens nach dem dritten Tor durch Thomas Müller die ganze Sache mit Galgenhumor zu nehmen. „Wer wird deutscher Meister“ oder „Dortmund ist eine schöne Stadt“ gefiel nicht jedem im Gästeblock, aber alles andere ergab auch keinen Sinn. Sich mit den stümperhaften Fehlpässen oder den nicht geführten Zweikämpfen zu beschäftigen, tat einfach zu sehr weh. So plätscherte die zweite Halbzeit dann auch so dahin. Danach hieß es schnell einpacken und ab nach Westfalen. Auch wenn hier nicht alles perfekt ist, die Auswärtstour nach München führt einem immer wieder vor Augen, wie viel angenehmer es hier ist.
Die Fotostrecke zur Auswärtspleite des BVB gibt es wie gehabt in Kürze auf unserer BVB-Fotoseite.
Ferdinand, 01.04.2018