Endlich, endlich vorbei
Das war es dann also endlich mit der Europapokalsaison 2017/2018. Eine wilde Reise, auf der uns die Tottenham Hotspurs und Real Madrid Anschauungsunterricht in Sachen Taktik und Ballbehandlung und –verarbeitung gegeben haben, was für sich genommen noch kein Drama ist, bei der wir dem Meister der wohl besten Liga der Welt zwei Unentschieden abgerungen haben und auf der wir uns in der Reggio Emilia gegen Bergamo mit einem erstaunlichen Gruselkick ins Achtelfinale gemogelt haben. Und da man immer aufhören sollte, wenn es am schönsten ist, fuhren unsere Heroen zum Abschluss noch einmal ganz groß auf und boten im Rückspiel gegen die Salzburger Dosenzentrale einen der erbärmlichsten Auftritte dieses Jahrtausends. Nur ein glänzend aufgelegter Roman Bürki verhinderte, dass es nicht auch standesgemäß mit einer krachenden Niederlage endete.
Dabei war die Ausgangslage vor dem Spiel denkbar einfach und alle Karten lagen klar auf dem Tisch. Borussia musste mit mindestens zwei Toren Unterschied gewinnen und Salzburg würde mit einer vorhersagbaren Spielanlage aufwarten. Beim Spielaufbau des Gegners eklig pressen, Druck auf die ballführenden Verteidiger ausüben und am eigenen Sechszehner konzentriert und sicher stehen. Auf dem Papier sogar ziemlich einfach, was man dann machen muss. Die Pressingreihe schnell überspielen und den Ball ins Mittelfeld bringen, von da an mit Tempo gegen eine aufgerückte und nicht komplett sortierte Abwehrreihe zulaufen. Und dann…
Ja, Papa? – Nein, Querpässe gehören da ebenso wenig rein wie planlos nach vorne gepöhlte Mondbälle. Und Mahmoud, auch keine permanenten Dribblings gegen zwei oder drei Gegenspieler. Du sollst den Ball schnell auf Gonzo spielen. Wo steckt der eigentlich? Achso, der liegt gerade lachend hinter der Werbebande, weil er Mario bei der Zweikampfführung beobachtet hat. Gut, ist entschuldigt. Das sieht auch wirklich zu uklig aus, wie er da mitleiderregend mit den Armen rudert und so tut als ob. Jetzt aber zurück zum Spiel. Ihr Herren da vorne dürft übrigens auch teilnehmen, statt sich im Rücken der Gegenspieler zu verstecken.
Man mag kaum auf einzelne Spielszenen eingehen, sondern möchte am liebsten alles bis auf vielleicht die Minuten 70 bis 80 aus der Erinnerung streichen. In diesen zehn Minuten allein hatte man das Gefühl, dass dort Spieler zu Werke gehen, die ihr Handwerk verstehen, die wissen was sie tun sollen und es auch tun wollen. Die restlichen 80 Minuten machte das den Eindruck einer Thekentruppe, die auf Partytour in Salzburg bei einem Red-Bull-Gewinnspiel ein Freundschaftsspiel gegen den ansässigen Erstligisten gewonnen hat. Völlige taktische Planlosigkeit gepaart mit Spieldummheit (wenn es Spielintelligenz gibt, muss auch das Gegenteil existieren) ist ja schon schlimm genug, wenn sich das aber mit demonstrativ zur Schau getragenem Desinteresse und Apathie paart, dann kommt sowas wie gestern dabei herum.
Neben all den spielerischen Mängeln und dem erneut nicht sichtbaren, viel zitierten „Matchplan“, war das auch ganz individuell ein einziges Defizit. Spieler, die allein gegen zwei oder drei Salzburger standen, wurden von ihren Teamkameraden völlig allein gelassen, Zweikämpfchen so geführt, dass man nach Spielende die bunten Privatausrüsterschläppchen nach Möglichkeit ungeputzt wieder in den Schrank stellen konnte und Ballverluste regungslos hingenommen. Irgendwann um die 60. Minute herum verloren Gonzalo Castro und ein weiterer Spieler in schwatzgelb den Ball gegen einen liegenden (!) Salzburger. Der Salzburger stand auf und rannte mit dem Ball nach vorne, während die beiden Dortmunder sich nur abschätzig anschauten und sich dann vom kompletten Spielgeschehen abwandten. Erbärmlich und unseres glorreichen Ballspielvereins unwürdig.
Liebe „Mannschaft“, natürlich hat die Europa-League nicht den Glanz oder die tolle Hymne wie der Cup um den Henkelpott, aber – Breaking News, liebe Möchtegern-Champions-League-Recken: der Verein zahlt Euch einen Arsch voll Kohle, auch für solche Spiel. Und zwar, damit ihr selbigen dort nicht so behäbig wie auf einem Betriebsausflug über den Rasen schiebt. Von dem Totalverriss auszunehmen sind maximal drei Spieler: der eingangs erwähnte Roman Bürki, der mit tollen Reaktionen seinen Kasten sauber hielt, der junge Dan-Axel Zagadou, der nach vielen Spielen notgedrungen mal wieder spielen durfte und nach einem dummen Fehler gleich zu Beginn eher verunsichert, denn
unmotiviert wirkte (sich später auch stabilisierte) und der eingewechselte Alexander Isak, der sich reinwarf und endlich etwas Schwung in die Angriffsbemühungen brachte. Rätselhaft, warum Isak jetzt schon vom dritten Trainer nur gebracht wird, wenn es absolut nicht mehr zu vermeiden ist, während er dann bei den spärlichen Zeiten zumindest nicht den Eindruck erweckt, mit dem Profifußball überfordert zu sein.
Wenn man diesem Auftritt etwas Gutes abbringen möchte, dann ist es der Umstand, dass er Zorc und Watzke noch einmal eindrücklich zeigte, wie groß der Handlungsbedarf für die neue Saison ist. Da sind im Kader einige Spieler, deren wahres Leistungsniveau nicht mehr dem entspricht, was der Name verheißt und andere, für die der Begriff Mannschaftssport einfach ein Wort ist, das mit „M“ beginnt. Der Auftritt in Salzburg war unterm Strich auf jeden Fall eine Bankrotterklärung in Sachen Kaderzusammenstellung und –führung.
Jetzt gilt es noch acht Bundesligaspiele erfolgreich über die Bühne zu bringen. Dann kann man auch über die gesamte Saison 2017/2018 sagen: Endlich, endlich vorbei.
Unsere Fotostrecke vom Unentschieden des BVB in Salzburg gibt es wie gehabt auf unserer BVB-Fotoseite unter diesem Link.
Sascha, 16.03.2018