Warmlaufen

Ein Ausblick auf Real Madrid - ein alter und willkommener Bekannter

25.09.2017, 21:36 Uhr von:  Boris
Sergio Ramos im Zweikampf mit Christian Pulisic
Alle Jahre wieder … kommt Real Madrid! Fast schon herablassend war die Reaktion, als die Königlichen als erneuter Gruppengegner für die Borussia in der diesjährigen Champions League fest standen. Keinesfalls despektierlich gemeint, ist das schillernde Team aus der spanischen Hauptstadt zum wiederholten Male Gast im Westfalenstadion und bescherte den Anhängern im Tempel ausschließlich positive Erinnerungen. Ob der Viererpack von Lewy oder das „Jahrhunderttor“ von Marcel Schmelzer, die Duelle gegen das weiße Ballett sind fast ausnahmslos Pflichttermine für Fußballästheten und Spektakel-Liebhaber. Für solche Abende wurde die Champions League Hymne geschrieben!

Real Madrid

  • Gründung: 6. März 1902 (als Madrid FC)
  • Stadion: Estadio Santiago Bernabeu (81.044)
  • Mitglieder: 97.000
  • Ligaplatzierung 2016 / 17: 1. Platz (Meister)

Weg in die CL

Mit drei Zählern Vorsprung auf den Rivalen aus Barcelona konnte der Meistertitel gesichert werden und auch der Rest der Saison sollte sich für die Königlichen zu einer der erfolgreichsten Spielzeiten aller Zeiten entwickeln. Nicht nur der UEFA Super Cup und die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft konnten gewonnen werden, im Mai diesen Jahres verteidigten die Madrilenen zudem mit dem erneuten Triumph in der Königsklasse als erstes Team überhaupt den Champions-League-Titel. Mit einem 4:1 - Erfolg gegen den italienischen Rekordmeister Juventus Turin setzte man einer herausragenden Spielzeit endgültig die Krone auf. Bis Anfang des Jahres blieben die Hauptstädter sogar unglaubliche 40 Spiele in Folge ungeschlagen.

Mannschaft

Muss hoffentlich den ein oder anderen Ball aus dem Netz holen - Keeper Navas

Mit Keylor Navas steht bei den Madrilenen ein schon seit längerer Zeit äußerst zuverlässiger Schlussmann zwischen den Pfosten. Der costa-ricanische Nationaltorhüter lässt mit seinen guten Leistungen den immer wieder hoch gehandelten David de Gea als mögliche Neuverpflichtung in Vergessenheit geraten. Als Ersatz steht mit dem Spanier Kiko Casilla (ohne S) ein äußerst solider zweiter Mann zur Verfügung.

Anker, Boss und Chef im Defensivverbund der Viererkette ist schon seit Jahren ohne Zweifel Kapitän Sergio Ramos. Als Weltmeister, Europameister, Kapitän der Nationalmannschaft und absolute Galionsfigur der Madrilenen ist der geborene Andalusier der unangefochtene Anführer auf und neben dem Platz. Defensiv nicht immer fehlerfrei, ist der 31-jährige besonders bei Standardsituationen in der Offensive brandgefährlich und bescherte Real durch diverse Last-Minute-Treffer schon den ein oder anderen Sieg und Titel. Als zweiter Innenverteidiger wird mit großer Wahrscheinlichkeit der junge Franzose Raphaël Varane auflaufen. Zwar erst 24, verfügt der Nationalspieler schon über eine gehörige Portion an internationaler Erfahrung und Abgeklärtheit. Gesegnet mit starkem Stellungs - und Kopfballspiel und einer für seine Position außergewöhnlichen Schnelligkeit, bildet er mit Ramos einen äußerst homogenen Defensivkern. Hauptsächlich verantwortlich für den Spielaufbau im System von Zinedine Zidane steht als Ersatz als einziger nomineller Innenverteidiger nur noch Nacho Fernandez bereit. Aufgrund der aktuellen Verletzungsprobleme der Madrilenen kam der Spanier in den letzten Partien vor allem auf der Linksverteidiger-Position zum Einsatz. Da mit Stammkraft Marcelo und dem jüngst von Atletico Madrid verpflichteten Talent Theo Hernandez beide Alternativen für die linke Außenbahn in Dortmund verletzt passen müssen, darf sich die Borussia berechtigte Hoffnungen auf eine Schwachstelle auf genau dieser Position machen. Die Position auf rechts besetzt unbestritten der Ex-Leverkusener Dani Carvajal, als Alternative reiste der erst 18-jährige und aktuell mit einem gewissen Hype überschüttete Spanier mit marokkanischen Wurzeln, Achraf Hakimi, mit.

Modric ist der Taktgeber des Spiels

Zweifellos war vor allem die Offensivmaschine um Ronaldo, Bale und Co. in den vergangenen Erfolgsjahren das vermeintliche Zugpferd im Spiel der Königlichen. Bei genauerer Betrachtung stellt jedoch vor allem das Mittelfeld das eigentliche Prunkstück dar. Mateo Kovacic verletzt, Youngster Marcos Llorente an die Kollegen von Deportivo Alaves ausgeliehen, stellt das defensive, zentrale und offensive Mittelfeld immer noch ein Sammelbecken herausragender fußballerischer Fähigkeiten zur Verfügung. Vor der Saison wurde der neue spanische 21-jährige Shootingstar Dani Ceballos von Betis Sevilla verpflichtet, doch eine realistische Chance auf einen Stammplatz hat auch eine der größten Hoffnungen des spanischen Fußballs bei diesem Aufgebot nicht wirklich. Luka Modric, abseits von allen Störfeuern abseits des grünen Rasens ohne Zweifel der wohl talentierteste Fußballer Kroatiens seit langer Zeit, zieht im Verbund mit Weltmeister und Passmaschine Toni Kroos die Fäden hinter der offensiven Dreierreihe. Absolut essentiell für das Spiel wird das Strippenzieher-Trio von Isco Alarcon komplettiert. Spätestens nach dem legendären Besuch von Malaga und dem damals haarlosen Ausnahmefußballer im Westfalenstadion war der Spanier auch den Borussen das erste Mal ein Begriff. Anschließende Gerüchte über ein Interesse an einer Verpflichtung seitens des BVB verflüchtigten sich schnell, nachdem das Interesse der Madrilenen öffentlich wurde und der Youngster den Schritt in die spanische Hauptstadt wagte. In der Nachbetrachtung die wohl absolut richtige Entscheidung, blüht Isco vor allem unter Chefcoach Zidane auf wie selten zuvor und ist elementarer Bestandteil und nicht mehr wegzudenken aus dem Spiel des weißen Balletts. Im defensiven Mittelfeld war vor allem Casemiro in den letzten beiden Jahren absolut zuverlässige Stammkraft, repräsentiert aber eher den robusten Abräumer als den filigranen Techniker und etabliert damit das Gleichgewicht zwischen Finesse und Kampf im königlichen Mittelfeld.

Ein Wermutstropfen zu Beginn: Mit Karim Benzema fällt Reals Stürmer Nummer eins definitiv aus, eine gute Nachricht für die hinteren Reihen des BVB. Wären da nicht noch die anderen Offensivkräfte, könnte sich die Borussia dann auch fast schon entspannt zurücklehnen. In zweiter Reihe stehen mit Lucas Vazquez und dem Ex-Wolfsburger Borja Mayoral solide offensive Leute bereit, um der ersten Garde um Gareth Bale und, natürlich, Cristiano Ronaldo den Rücken frei zu halten. Über Marco Asensio werden im folgenden Abschnitt ein paar Worte verloren und auch zu Bale und vor allem Ronaldo gibt es nicht mehr all zu viel zu sagen. Der Waliser, ausgestattet mit einer unfassbaren Schnelligkeit, Technik und Durchsetzungskraft, war zuletzt lange verletzt und findet langsam aber sicher zur alten Form zurück. Der 28-jährige Rechtsaußen wird wohl vor allem Neuzugang Jeremy Toljan auf der linken Seite gehörig ins Schwitzen bringen und ihn damit vor die erste richtige Feuerprobe auf großer Bühne stellen.

Karim Benzema fehlt Real Madrid wegen einer Verletzung

Und Cristiano Ronaldo? Eher wenige Worte gibt es, die noch nicht über den Ausnahmeathleten, Werbemagneten und Rekordebrecher verloren oder geschrieben wurden. In der heimischen Liga noch gesperrt, setzte der Portugiese gleich im ersten Gruppenspiel der Champions League gegen APOEL Nikosia mit seinem Doppelpack erneut neue Bestmarken: Nicht nur die meisten Elfmetertore (12), auch die meisten Heimtore (55) in der europäischen Eliteliga darf das auf Tore versessene Phänomen nun sein Eigen nennen. Der Hunger des Europameisters scheint unersättlich zu sein, mit seinen letzten 16 Torschüssen erzielte Ronaldo zwölf Tore - unfassbar. Wie auch in den letzten Duellen sollte das Hauptaugenmerk der schwarzgelben Defensive selbstredend auf dem Mann mit der #7 liegen. Ohne ihn 90 Minuten lang wirklich ausschalten zu können.

Navas - Carvajal, Ramos (C), Varane, Nacho - Kroos, Modric, Isco - Asensio, Ronaldo, Bale

(Oben die aktuell stärkste Aufstellung. Die Elf stellt sich mehr oder weniger von alleine auf, unter Umständen kann Casemiro für eine defensivere Ausrichtung für Isco in die Mannschaft rutschen. Ceballos könnte Asensio, Isco oder Modric ersetzen.

Spieler im Fokus

Marco Asensio. Der 21-jährige Spanier und offensive Außen stieg in der vergangenen Spielzeit zum absoluten Shootingstar und Senkrechtstarter im königlichen Kollektiv auf. Aktuell sogar zum besten U21-Nachwuchsspieler der Welt gekürt, soll der beidfüßige Offensiv-Allrounder noch in dieser Woche eine neue Vertragsverlängerung mit einer geschätzten Ausstiegsklausel von ca. 450 Millionen Euro unterzeichnen. Zwischenzeitlich plädierte angeblich sogar Cristiano Ronaldo höchstpersönlich dafür, den Youngster anstelle von Gareth Bale spielen zu lassen. Aufgrund der Verletzung von Karim Benzema am Dienstag ist es auch höchstwahrscheinlich, dass die Zuschauer im Dortmunder Tempel DIE große Hoffnung des spanischen Fußballs zu Gesicht bekommen werden.

Damals erst 18 Jahre alt, wurde der gebürtige Mallorquiner von Rafael Nadal (ebenfalls auf Mallorca geboren) beim Heimatklub RCD durch starke Leistungen in der zweiten spanischen Liga „entdeckt“. Das anschließende Empfehlungsschreiben an den befreundeten Klubpräsidenten Florentino Perez ließ nicht lange auf sich warten und Asensio durfte sich mit der Unterschrift bei den Königlichen einen Kindheitstraum erfüllen.

Bei der geballten Offensivkraft, die auf die Defensivreihe der Borussia am Dienstag treffen wird, ist der junge Durchstarter wohl die gefährlichste, weil unberechenbarste Variable im Angriffsspiel der Madrilenen. Vielseitig einsetzbar, wechselt der offensive Flügel häufig die Positionen zwischen Außenbahnen und vorderster Front, kann sowohl mit links als auch rechts abschließen. Ein spanisches Komplettpaket eines neuen Prototyps an Spieler, der zu jeder Zeit von überall auf dem Feld gefährlich werden kann.

Trainer

Zinedine Zidane. „Kein brillanter Moment, aber wir werden besser.“ So beschreibt der Cheftrainer der Königlichen die momentane sportliche Situation. Die Form der aktuellen Spielzeit steht dabei absolut diametral zur bisher kurzen, aber überaus erfolgreichen Vita des Franzosen bei den Madrilenen. Die letztjährige Saison war eine der erfolgreichsten in der langjährigen und ruhmreichen Geschichte und Tradition des größten Klubs der Welt, der wiederholte Gewinn der Königsklasse war das absolute I-Tüpfelchen und sichert dem ehemaligen mehrfachen Weltfußballer jetzt schon einen Platz in den Geschichtsbüchern. Mit zwischenzeitlich mehr gewonnenen Titeln als kassierten Pflichtspielniederlagen stagniert die Maschinerie des weißen Balletts aktuell jedoch noch erheblich. Nur Platz fünf in der Liga, schon sieben Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Barca. Eine Mischung aus Pech und Unvermögen bescherte zwar sogar eine bittere Heimniederlage gegen Betis Sevilla, gehört Real unter Zidane aber auch in diesem Jahr zweifelsohne immer noch zum engen Kreis der absoluten Top-Favoriten auf den Titel. Menschenführung, Unaufgeregtheit und ein klarer taktischer Plan - die Stärken des Trainerneulings, der vor seiner Tätigkeit bei den Hauptstädtern lediglich als Co unter Chefcoach Carlo Ancelotti und Trainer der Castilla praktische Übungsleiter-Erfahrungen sammeln konnte, waren und sind offensichtlich.

Prognose

Drei Siege und drei Unentschieden - die Bilanz des BVB in den bisherigen Heimspielen gegen die „Galaktischen“ ist so gut wie makellos. Auch in der letzten Saison beendete Real die Gruppenphase der Champions League hinter der Borussia „nur“ als Zweiter, das erste Mal seit 2013 erreichte man dabei die K.O. - Runde nicht als Gruppensieger. Und auch trotz der kürzlich gegen Betis Sevilla gerissenen unfassbaren Serie von 73 Pflichtspielen mit mindestens einem Treffer geht Madrid als Favorit in das Duell im Westfalenstadion. Das Team ist unverändert überragend besetzt und trotz aktueller Verletzungsprobleme auf fast jeder Position mindestens doppelt und hochqualitativ abgesichert. In der heimischen Liga ist der BVB momentan das Maß aller Dinge, steht unangefochten an der Tabellenspitze und voll im Saft. Das Duell gegen die bestens bekannten Spanier wird unter Garantie ein hochklassiger und spektakulärer Schlagabtausch, bei dem unter normalen Umständen der Gast von der iberischen Halbinsel die Oberhand behalten sollte. An guten Tagen jedoch kann die Borussia jeden Gegner in die Knie zwingen, in der Vergangenheit bewiesenermaßen auch die schier Unbesiegbaren aus Madrid.

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