König schlägt Bube - mit offenen Karten ins Pokalfinale
„Ich glaube, dass erst im Halbfinale alle Karten restlos offen gelegt werden.“ So sprach es Thomas Tuchel, Minuten bevor seine Mannschaft recht sang und klanglos ein Bundesliga-Auswärtsspiel beim FC Bayern abschenkte. Wer den BVB an jenem 8. April gesehen hat, der wird trotz der tuchelschen Prognose wenig Hoffnung auf einen erneuten Einzug ins DFB-Pokalfinale gehabt haben. Doch seither ist eine Menge passiert, beide Mannschaften haben sich innerhalb von kaum mehr als drei Wochen verändert.
Während die Münchner laut Darstellung ihres Chefs und Schiedsrichter-Verstehers Karl-Heinz Rummenigge beim letzten Champions-League-Spiel durch den Unparteiischen mit Fäkalien beschmissen wurden und deshalb rausflogen, stand das BVB-Aus gegen den AS Monaco bekanntlich unter anderen Vorzeichen. Während man bei den Bayern seit der Pleite gegen Ronaldo und Real Madrid verkatert wirkt, tritt man in Dortmund so vereint wie möglicherweise noch nie zuvor in der Ära Tuchel auf. Ein müdes 2:2 gegen Mainz dort und ein bärenstarkes 3:2 nach 1:2-Rückstand in Mönchengladbach hier sind Zeugen dieser Beobachtung.
Hinzu kommt die ungleiche Druckverteilung. In Dortmund wird nach dieser Saison kaum jemand mit der Bilanz "Halbfinale DFB-Pokal und Viertelfinale Champions League" unzufrieden sein, solange in der Liga die direkte Qualifikation für die Königsklasse gelingt. Der heimliche Hauptfokus dürfte daher auf den letzten Bundesliga-Aufgaben ruhen. Seit man aber in München internationale Erfolge nur noch feiern kann, wenn der BVB zuvor Real Madrid aus dem Rennen nimmt, scheint der Fokus auf der Verteidigung nationaler Erfolge zu beruhen. So dürfte ein erneutes Halbfinal-Aus vor wiederum heimischer Halbfinal-Kulissen (im fünften Jahr in Folge) für gewaltig miese Laune an der Säbener Straße sorgen, ähnliches ließ noch-Kapitänchen Lahm bereits verlauten. Da macht der Blick auf die Statistik so richtig Vorfreude, denn: Im Elfmeterschießen, wo Druck bekanntlich eine wichtige Rolle spielt (Hallo, Herr Mkhitaryan), ist Borussia Dortmund in der Versicherungskonzern-Arena noch unbesiegt!
Die Joker Moral und Psyche scheinen also in BVB-Hand. Bleiben die spielerischen Mängel, die schon das 1:4 im Bundesliga-Spiel erst ermöglichten. Gerade in der Defensive präsentiert sich die Borussia bisweilen noch immer vogelwild, daran ändert auch des Trainers Experiment mit drei Innen- und zwei variablen Außenverteidigern nichts. Die Bayern mögen angeschlagen sein, können aber bis auf den fußbrüchigen Reklarmierarm im Tor auf ihre beste Elf bauen. Also exakt jene Elf, die den BVB zuletzt demontierte, insbesondere durch das kriminell-starke Mittelfeldduo aus Franck Ribéry und Arjen Robben. Dabei könnte der Auftritt im letzten Spiel jedoch durchaus hilfreich für die schwatzgelbe Hintermannschaft gewesen sein, immerhin weiß man dort nun, dass der Fallsüchtige gerne von der Seite zum Tor zieht, um dann... lassen wir das.
München wird also mit bekannt starkem Blatt daherkommen, während Thomas Tuchel noch abwarten muss, was die medizinische Abteilung ihm für die Mission "viertes Pokalfinale in Folge" zur Verfügung stellt. Klar ist: Ende April wird eine andere Elf auflaufen als noch Anfang April. Marco Reus ist zurück, gleiches gilt für Manni Bender. Dafür ist der Einsatz von Sokratis fraglich, während der zuletzt so bärenstarke Nuri Sahin zwar dankenswerterweise bis mindestens 2019 das Trikot seines und unseres Lieblingsvereins tragen wird, erst einmal aber für vier Wochen fehlt. Für ihn wird wohl Gonzalo Castro zurück auf die zweite Achter-Position im Mittelfeld rutschen. Daneben darf Guerreiro gerne an seine Leistungen aus Gladbach anknüpfen, gleiches gilt für Pulisic, der auf Außen wohl den Vorzug vor dem zuletzt überspielt wirkenden Dembéle erhält.
Soweit zum Blabla. Am Mittwochabend liegen die Karten auf dem Tisch, gegen 22.30 Uhr, viel wahrscheinlicher aber erst gegen 23.3 Uhr wird es heißen: Borussias Könige schlagen Bayerns Buben!
25.04.2017, Clemens