Nach Zwischenstopp im Norden: Immer noch Spitzenreiter
Würde man es mit dem HSV halten – was wir alle nicht tun – aber wäre es so, dann könnte einem diese Rumpel-Truppe von der Elbe ja fast leidtun. Denn die eigenen Fans durften sich über eine solide, ja fast schon starke erste Halbzeit freuen. Vor allem in den ersten zwanzig Minuten mussten wir Anhänger des schwarzgelben Lagers fürchten, mal wieder eine dieser klassischen Hamburg-Abenteuer zu erleben: Auf bittere Weise im Vorfeld fest eingeplante Punkte dämlich liegen zu lassen.
Denn überraschenderweise pressten die Gastgeber in der Anfangsphase auf Teufel komm raus und ließen keinen gezielten Spielaufbau unserer Borussen zu. Für die erste Hälfte der ersten Hälfte bot sich dem Zuschauer eine unterhaltsame, weil völlig offene Bundesligapartie an diesem Mittwochabend.
Aber noch mal ein Stück zurück. Englische Woche – die erste in dieser nach wie vor jungen Spielzeit. Das Volksparkstadion als angemessene Bühne für den Tabellenführer, wenn auch nicht ausverkauft. Die Gründe dafür erschließen sich mir in dieser Metropole nicht wirklich. Dank Video-Beweis wird der Fußball anscheinend immer mehr zum TV-Erlebnis. Nur mal so ins Blaue geraten…
Also ein nicht ganz ausverkaufter Volkspark und eine Heimmannschaft, die bisher noch nicht in die ihr sonst eigenen Kategorie „Relegationsplatz-Favorit“ zu stecken ist. Zwei Siege stehen schon so früh zu Buche, fast könnte das einem Respekt abnötigen. Aber wie bereits weiter oben erwähnt: nur fast.
Der HSV würdigte vor dem Anpfiff den kürzlich verstorbenen Ex-Präsidenten Wolfgang Klein – das Volksparkstadion applaudierte zu Ehren des Hamburger Funktionärs (Klein hatte sich vor seinem Tod gegen eine Schweigeminute oder ähnliches ausgesprochen).
Mit leichter Personalrochade ging der BVB als gegentorloser Tabellenführer (auch wenn man am Dienstagabend überholt wurde) ins Spiel. Nachdem die ersten zwanzig Minuten schadlos überstanden waren, forcierte die Borussia so langsam aber sicher das eigene Offensivspiel. Heraus kamen dabei eine Handvoll guter Abschlussmöglichkeiten. Erste Anspielstation in der Spitze war der erneut sehr stark aufspielende Yarmolenko, dem sich in dieser Phase mehr Räume boten als Aubameyang. Sinnbildlich für diesen Abschnitt des ersten Durchgangs war dann die schwarzgelbe Führung. Nach einem Freistoß landete der Ball durch Glück vor den Füßen von Shinji, der den Ball aus nächster Nähe in die Maschen kloppte – aber auch in dieser Szene wurde wieder die überragende Technik des Japaners deutlich, als er seinen Schuss noch eine Millisekunde verzögerte und so zwei Hamburger Verteidiger ein Müh zu zeitig grätschen ließ. Marke Duseltor, was die Entstehung anging. Aber die wichtige Führung war da.
Leider zeigten die Hamburger in der Folgezeit keine Einbrucherscheinungen und hielten weiterhin aktiv dagegen. Ein munteres Spiel bis zum Halbzeitpfiff. Allerdings hatten unsere Borussen bei zwei, drei Kontersituationen durchaus die Chance gehabt, nachzulegen und sich weiteren Pressing-Stress zu ersparen. Es fehlte so ein bisschen die Konzentration, sowohl beim letzten Passe, als auch bei den Abschlüssen. Pulisic, Aubameyang und Yarmolenke harmonierten zwar in Teilen blendend und attackierten in den richtigen Augenblicken, aber alle drei hatten entsprechende Möglichkeiten, Angriffe noch besser auszuspielen.
Ein Kampfspiel fand seine Pause und in Teilen musste sich unsere Truppe die Frage gefallen lassen, warum die Konter nicht immer optimal ausgespielt wurden und der Spielaufbau einige schwache Phasen erlebte. Denn eigentlich hätte uns die Spielweise der Hamburger ja enorm entgegenkommen müssen, denn endlich traf der BVB mal auf eine Truppe, die sich nicht nur hinten reinstellte, sondern ihr Heil durchaus in der Offensive suchte. In Anbetracht der Spielfrequenz der letzten Tage und der nach wie vor erschreckend langen Verletztenliste lässt sich die Antwort darauf ja aber vielleicht auch im physischen Bereich jedes einzelnen finden. Zumal es auch etwas von einem taktischen Kniff hatte, die HSV-Spieler erst einmal auspowern zu lassen und dann entstehende Konter in der zweiten Hälfte eiskalt auszunutzen. Wenn da mal nicht jemand die Bosz-Taktik dieses Spiels dekodiert hat…
Zweiter Abschnitt
Minute 46 bis 60 kann man sich eigentlich schenken. Bis auf Mittelfelfgeplänkel wurde nicht wirklich viel geboten. Das Ganze sah dann teils ansehnlich alla „box-to-box“ aus – ohne wirklich in die „Box“ zu kommen – und teils brutal antifußballerisch. Ein hoher Ball jagte den nächsten und das in Kombination mit technisch arg limitierten Hamburger Beinen. Aber tatsächlich: Der HSV wurde zunehmend müder, die Schritte zurück in die Defensive wurden anstrengender. Der BVB schaltete auf überfallartigen Konterfußball um. Denn die Abwehr um Sokratis und Toprak hatte den Laden im Griff und wollte die zu-null Serie unbedingt ausbauen. Da hat sich mittlerweile ein starkes Duo gefunden, denn auch die Abstimmung zwischen beiden wird immer besser.
Ein Sonderlob möchte ich an dieser Stelle an Linksverteidiger Zagadou verteilen. In den letzten Spielen war ich zugegebenermaßen nicht wirklich ein großer Fan des gelernten Innenverteidigers, denn zu oft bremste er gegen enorm defensiv eingestellte Abwehrketten unseren Offensivschwung über außen durch unnötige Rückpässe und fehlende Wege in die Schnittstellen. Doch an diesem Abend in Hamburg war sein Spielertyp absolut gefragt. Viele hohe Bälle, die er durch sein gutes Kopfballspiel top verteidigte, aber auch sein Stellungsspiel passte in nahezu jedem Zweikampf. Eine wirklich klasse Leistung, diesen jungen Spielers, der offensichtlich noch viel Potenzial bietet und unter Bosz und seinen erfahrenen Mitspielern den nächsten Schritt alsbald machen wird.
Wie gesagt, Konter lagen nun auf dem Silbertablett. Der ebenfalls starke Pulisic erkannte mal wieder die Lücke und schob in vollem Tempo rechts raus auf Yarmolenko. Sein schon jetzt bekannt-gefürchteter Übersteiger in Verbindung mit einem Abschluss. Ball abgefälscht. Aubameyang völlig frei quasi schon auf der Linie stehend. 2:0 aus Sicht des BVB. Wir unterstellen dem ukrainischen Zugang in dieser Szene einfach mal eine perfekte Übersicht und gönnen ihm den Assist. So oder so wieder ein bärenstarker Auftritt unserer Nummer 09.
Spätestens jetzt waren die Hamburger gebrochen und wollten die totale Klatsche verhindern. Eigentlich gelang ihnen das auch ganz gut. Wären da nicht noch der eingewechselte Dahoud und der nimmermüde Pulisic gewesen, die uns hinten raus einen dann auch in der Höhe verdienten Auswärtssieg bescherten. Erwähnenswert noch die 84. Minute, in der Jakob Bruun Larsen zu seinem Bundesligadebüt kam. Das wird ihm nach seiner schweren Verletzung in der vergangenen Saison sicherlich gut tun und motivieren im Profikader langsam Fuß zu fassen.
Drei Punkte in Hamburg also! Wieder und immer noch Spitzenreiter! Es gibt schlimmere Mittwochabende… und bald ist ja schon wieder Wochenende.
Die Tabelle jedenfalls sieht schick aus. Und das Torverhältnis erst: 13:0! Tschüß Hamburg…
Statistik-Gedöns
Ergebnis
HSV – BVB 0:3Torschützen
0:1 - Kagawa (24., Rechtsschuss, Toprak)
0:2 - Aubameyang (63., Rechtsschuss, Yarmolenko)
0:3 - C. Pulisic (79., Rechtsschuss, Dahoud)
Ballbesitz
46:54
Torschüsse
6:17Passquote
66% : 72%
Ecken
4:3
Zuschauer
Tim, 21.09.17