Spielbericht Profis

​Teuer erkaufter Punkt unter dem Bayerkreuz

03.12.2017, 12:54 Uhr von:  Redaktion

Mäßiger Auftritt des Gästeblocks

Borussia Dortmund hat am gestrigen Samstag in einem ereignisreichen Spiel einen Punkt gegen die derzeit starke Werkself geholt. Doch im Verlauf des Spiels verletzten sich Maximilian Philipp und Gonzalo Castro beide so schwer, dass man von einem teuer erkauften Punkt reden muss. Nach dem Foul an Castro flog zudem bereits in der ersten Halbzeit Wendell mit Rot vom Platz, so dass ein Punkt vielleicht sogar etwas zu wenig war.

Ausgangslage

Es war in den letzten Tagen in den Medien schon durchgedrungen, was am Samstag Realität wurde: Neven Subotic (Fußballgott) durfte mal wieder von Anfang an ran. Hatte er es in der Vorwoche gegen die Blauen aus dem Kaff westlich vor Herne noch nicht einmal in den Kader geschafft, so winkte ihm heute dank guter Trainingsleistungen der Platz in der ersten Elf. Diese Maßnahme sollte Stabilität in der Abwehr bringen und der Mannschaft einen zusätzlichen Leader. Bartra und Toprak blieben auf der Bank, so dass Peter Bosz eine Dreierkette aus Schmelzer, Sokratis und eben jenem Subotic in der Mitte aufbot.

Wieder in der Startelf: Neven Subotic

Im Vergleich zur Vorwoche stand erwartungsgemäß der wiedergenesene Roman Bürki im Tor, während Castro den im Derby verletzten Götze vertrat. Den durch die vermutlich sinnloseste Gelb-Rote Karte aller Zeiten gesperrten Aubameyang vertrat Maximilian Philipp in einem 3-4-3 in der Mitte der Dreierreihe.

Bei Leverkusen durften Wendell (nach abgelaufener Gelbsperre) sowie die zuletzt angeschlagenen Bailey und Sven Bender wieder von Anfang an ran. Vorweggenommen: Sven Bender in den gegnerischen Farben zu sehen, tut schon irgendwie weh. Manni wäre definitiv einer, den wir in unserer jetzigen Situation dringend gebrauchen könnten. Du bist und bleibst einer von uns!

Erste Halbzeit

Die erste Halbzeit begann von beiden Seiten zunächst einigermaßen druckvoll. Der BVB musste allerdings bereits in der 5. Minute das erste Mal wechseln, als Philipp in einem Zweikampf mit einem Leverkusener sich das Knie verdrehte. Schon beim Studium der Wiederholung konnte sich der fußballbegeisterte Hobby-Mediziner denken, was da los war: Rechts von seinem rechten Knie konnte man unter Spannung sehen, wie da irgendetwas auseinanderriss, was man als Kreuzband bezeichnet – das tat schon beim Hinsehen mehr als weh. Gute Besserung von dieser Stelle, Milli! Auf dass du schnell wieder zurückkommst!

Bitter: Maximilian Philipp musste vom Platz getragen werden

Für Philipp kam in der 8. Minute bereits André Schürrle in die Partie. Doch nach gut 10 Minuten verfiel der BVB wieder in sein altes, derzeit leidlich bekanntes Muster: Nach vorne wurde es zu kompliziert, Bewegungen in der Offensive Fehlanzeige und selbst simpelste Pässe landeten beim Gegner. Die Abwehr hingegen wirkte immer einen Schritt zu spät und Leverkusen konnte sich problemlos durch die Dreierkette kombinieren. Allein Roman Bürki, der gestern in absoluter Topform war, ist es zu verdanken, dass es zu diesem Zeitpunkt noch 0:0 stand. Gleich zweimal musste der Schweizer Keeper, der bei so manchen Fans aus welchen Gründen auch immer nicht beliebt ist, sein ganzes Können aufweisen und zu Glanzparaden greifen.

Die Pillendreher vom Bayerkreuz an der Autobahn waren in der ersten Halbzeit ganz klar die bessere Mannschaft und offenbarten ein ums andere Mal die aktuellen, eklatanten Schwächen des BVB im Aufbauspiel und vor allen Dingen in der Abwehr. Es war daher nur eine Frage der Zeit, dass Kevin Volland die „Werkself“ in Führung schoss: Neven Subotic, der bis dahin ein solides, aber nicht herausragendes Spiel machte, köpfte den Ball an der Mittellinie genau zu Harvertz, der Kevin Volland auf die Reise schicken konnte. Ein Pass, noch in der Hälfte von Bayer Leverkusen, reichte, um die komplette Abwehr zu überlisten. … und täglich grüßt das Murmeltier. Kevin Volland lief alleine auf Bürki zu, umkurvte ihn und schoss mit links ein. Wieder Rückstand.

Für den nächsten schwarzgelben Schock sorgte Gonzalo Castro

Leverkusen versuchte in der Folge nachzulegen. Doch Glück, der Latte und / oder Roman Bürki waren es zu verdanken, dass es beim 1:0 blieb. Gottseidank, denn ab der 41. Minute spielte Leverkusen nur noch zu zehnt: Wendell, der gerade erst seine Gelbsperre abgesessen hatte, rauschte völlig übermotiviert in Gonzalo Castro rein, der schmerzverzerrt liegen blieb. Schiedsrichter Robert Hartmann entschied zuerst auf Gelb und Freistoß für den BVB, nach Videobeweis korrigierte er allerdings seine Entscheidung und zeigte Wendell die völlig berechtigte Rote Karte. „Gonzo“ musste verletzt raus. Verdacht auf Bänderriss. Schöne Scheiße. Für ihn kam Kagawa rein.

Die Überzahl wusste der BVB in den folgenden Minuten aber noch nicht zu nutzen und so ging es mit einem Rückstand von 0:1 in die Pause.

Zweite Halbzeit

Im zweiten Durchgang zeigte sich der BVB stark verbessert. Dennoch hatte man nicht den Eindruck, dass hier 10 gegen 11 gespielt wurde, sondern dass der BVB fortan ein ebenbürtiger Gegner war, gegen den sich die Heimmannschaft nicht verstecken musste. Die Elf von Heiko Herrlich beschränkte sich zwar weitestgehend darauf, sich hinten reinzustellen, allerdings hätte es nach einigen verheißungsvollen Kontern das zweite Gegentor für den BVB geben können.

Andrej Yarmolenko sorgte für den Ausgleichstreffer

Borussia war nun darauf eingestellt, schnellstmöglich den Ausgleich zu erzielen und kam immer mal wieder verheißungsvoll in den Strafraum. Doch es hatte den Anschein, als wolle jeder Spieler die Krise selbst lösen: Häufig wurde der direkte Abschluss gesucht, obwohl ein besser postierter Spieler in der Nähe war. Immerhin stimmte der Einsatz nun, die Verunsicherung stand der Borussia dennoch weiterhin ins Gesicht geschrieben. Die Körpersprache sprach Bände, obwohl die Mannschaft nun etwas verbessert spielte. Es gibt im Team derzeit einfach keine Passsicherheit und selbst Nuri Sahin und Julian Weigl, die zu den passsichersten Spielern ganz Deutschlands gehören, hatten teils so eklatante Fehlpässe drin, bei denen man schon im Ansatz sehen konnte, dass sie beim Gegner landen.

In der 52. Minute gab es dann noch einen kleinen Aufreger, als Retsos Andrej Yarmolenko an der Schulter fasste und der Ukrainer für seine Physis etwas zu schnell zu Boden ging. Ein Kann-man-aber-muss-man-nicht-geben Elfmeter. Retsos zog zwar klar an der Schulter von Yarmolenko, der das allerdings auch dankend annimmt und direkt seine Balance verlor. Doch allen Protesten zum Trotz zeigte der Schiedsrichter nicht auf den Punkt, sondern entschied auf Abstoß.

Doch wer dachte, dass Leverkusen sich nun komplett auf die Defensive konzentriert, der wurde eines Besseren belehrt: Kevin Volland war auf einmal frei durch, aber Bürki hielt erneut überragend. Das wäre die Vorentscheidung gewesen. Doch knapp eine Minute später dann der Ausgleich: Schürrle spielte eine schöne Flanke auf Yarmolenko, der den Ball gefühlvoll annahm und zum Ausgleich ins Netz bugsierte. Endlich!

Shinji Kagawa sorgte für Schwung nach seiner Einwechselung

In der Folge lief der BVB an, ohne großartig gefährlich zu werden. Eine einzige nennenswerte Chance hatten sie noch, als Raphael Guerreiro den Ball nach einer unübersichtlichen Situation aufs Tor brachte. Doch es passt sinnbildlich in diese Zeiten, dass er den im Fünfmeterraum am Boden liegenden Schürrle anschoss und der Ball somit nicht den Weg ins Tor fand.

Fazit

Alles in allem ein Punkt, der in Ordnung geht. Leverkusen ist derzeit einfach gut drauf und schaffte es immer wieder, Gefahr für das Tor von Roman Bürki zu erzeugen. In der ersten Halbzeit konnte man als Borusse dem Fußballgott und Bürki danken, dass der BVB nicht höher in Rückstand geriet. Nach dem Platzverweis von Wendell war der BVB besser, war aber dennoch keine permanente Gefahr für das Tor von Bayer Leverkusen. Die Torschuss-Statistik (15:9 für Leverkusen) sagt alles. Ob man auf diesem Spiel aufbauen kann, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Mit etwas Galgenhumor könnte man behaupten, dass der BVB immerhin seit zwei Spielen ungeschlagen ist.

Ausblick

Da war mal wieder mehr drin

Der BVB muss schon am Mittwoch wieder gegen Real Madrid ran. Zieht man die erste Halbzeit gegen Leverkusen in Betracht, könnte einem Angst und Bange werden. Aber wer weiß, man hofft ja doch immer wieder darauf, dass der Knoten platzt und der BVB wieder so aufspielt wie zu Beginn der Saison. Am Samstag geht es dann zuhause gegen Werder Bremen. Gegen den Tabellenvorletzten sollten dann doch so langsam aber sicher wieder drei Punkte her, ansonsten wird es doch noch eng für Peter Bosz.

Stimmen

Peter Bosz: „Ich war nicht zufrieden mit der Anfangsphase, wir haben nicht richtig Fußball gespielt. Leider haben wir in der ersten Halbzeit zwei seriöse Verletzungen verkraften müssen. Es sieht nicht gut aus bei den Spielern. Mit etwas Glück hätten wir sogar gewinnen können. Wir wollten gerne gewinnen, aber wichtig war, dass wir die zweite Halbzeit gewonnen haben. Ich will immer gewinnen, für mich ist das immer zu wenig. Die Mannschaft hat nach den beiden schweren Verletzungen und dem Rückstand Mentalität gezeigt. Wenn wir so weitermachen, dann wird alles wieder gut.“

Heiko Herrlich: „Der Punkt fühlt sich nicht gut an. Nach dem Platzverweis haben wir weiter mit Dreierkette gespielt. Im zweiten Durchgang wollten wir

"Ich war nicht zufrieden mit der Anfangsphase, wir haben nicht richtig Fußball gespielt."

das 1:0 über die Zeit bringen und über Kontersituationen gefährlich bleiben. Am Ende sind wir froh, den Punkt mitgenommen zu haben, aber die Enttäuschung ist groß. Der BVB ist erst durch die Rote Karte ins Spiel gekommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten wir mit zwei Toren führen können.“

Neven Subotic: „Am Ende stehen wir alle auf dem Platz und müssen die Arbeit machen. Das müssen wir nicht an einer Person festmachen. Es geht nicht um den Trainer, sondern um die Mannschaft. Wir haben in einem sehr schweren Spiel gezeigt, dass wir ackern und bereit sind, uns in die Zweikämpfe zu werfen. Das wird auch in den nächsten Spielen entscheidend sein.“

Statistik

Bayer Leverkusen: Leno – Tah, S. Bender, Wendell, Henrichs (46. Retsos) – L. Bender, Aranguiz (62. Baumgartlinger), Bailey – Havertz, Brandt – Volland (78. Bellarabi)

Trainer: Heiko Herrlich

Borussia Dortmund: Bürki – Sokratis, Subotic, Schmelzer – Castro (42. Kagawa), Weigl (65. Dahoud), Sahin, Guerreiro – Yarmolenko, Philipp (5. Schürrle), Pulisic

Trainer: Peter Bosz

Gelbe Karten: Havertz – Subotic, Schmelzer, Sahin

Rote Karten: Wendell –

Torchancen: 15:9

Zuschauer: 30210 (ausverkauft)

Wiggy, 03.12.2017

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