Der kleine große Unterschied
Die Herbstdepression hat im Monat Oktober definitiv in Dortmund Einzug gehalten und war mit dem Spiel gegen Nikosia bestimmt nicht verschwunden. Acht Punkte in drei Spielen auf Bayern eingebüßt und jetzt kamen die Herren aus dem Süden persönlich vorbei, um die Punkte abzuholen. Die Stimmung auf der Tribüne war – zumindest da, wo ich mich befand – entsprechend pessimistisch. „Alles unter 0:5 ist gut“, hatte ich noch vor dem Spiel auf die Frage nach meinem Tipp geantwortet und kurz danach gab jemand auf dieselbe Frage die exakt gleiche Antwort. Weitere Tipps beinhalteten ein 1:5, 1:3 („ich bin optimistisch“) und so weiter. Diese negative Grundhaltung – die mich selbst eigentlich am allermeisten gestört hat und die ich trotzdem nicht ablegen konnte – zog sich wie ein Band durch die Tribüne und war wohl auch der Grund, weshalb statt der üblich aggressiven Stimmung gegen Bayern nie so was wie „Hass“ aufkommen wollte.
Dabei waren die Spieler auf dem Rasen eigentlich sehr gut dabei, erspielten sich riesige Chancen und versemmelten sie alle. Hinten sah es ebenfalls lange Zeit gut aus und als der Ball dann doch im Netz war, gab es auch nicht die sonst übliche deutliche Schuldzuweisung. Es war halt einfach gut rausgespielt, da konnte man nicht viel machen. Das 2:0 war dann sogar sehr unglücklich abgefälscht. In der Zwischenzeit hatte man vorne weitere
Chancen vergeben und Bayern setzte dann noch einen drauf. Wiederum war es kein klarer Fehler, sondern ein gut herausgespieltes Tor. Trotzdem schien es zu diesem Zeitpunkt fast, als hätte die Mannschaft eine ähnliche Haltung angenommen wie die Fans. „Das wird eh nichts“, konnte man irgendwie auch an einigen Körpern auf dem Platz ablesen. Auf der Tribüne war das zu diesem Zeitpunkt schon lange der Fall und man ergab sich seinem Schicksal. Ich will dabei niemanden anprangern, ich verstehe es sehr gut und es ging mir selbst auch so. Dennoch tragen wir alle in meinen Augen auch eine Mitschuld an dem, was gestern auf dem Platz passierte. Dass wir uns so kampflos aufgegeben haben, hat auf der Tribüne angefangen, nicht auf dem Rasen.
Die Kicker-Statistik weist aus, dass der BVB
15:10 Torschüsse
4:3 Ecken
112:110 km Laufleistung
417:416 angekommene Pässe
77:79 Fehlpässe
55%:45% Zweikämpfe gewonnen
hat. Dazu sind die Statistiken Ballbesitz (50:50) und Passquote (84:84) komplett ausgeglichen. Die einzige Statistik, abgesehen von den 494:495 gespielten Pässen und den Abseits und Fouls, die die Bayern gewonnen haben, ist die einzige, die entscheidet: die Tore.
Dass Bartra mit einem wunderschönen Treffer diese Statistik am Ende noch ein wenig aufbesserte und man tatsächlich noch gute Chancen zum 2:3 hatte, zeigt deutlich das Potential dieser Mannschaft.
Wenn wir aus diesem Spiel etwas Positives mitnehmen möchten, dann die Tatsache, dass wir den Bayern komplett ebenbürtig waren (bis auf die Chancenverwertung) und dass wir durchaus mit Selbstvertrauen in die nächsten Spiele gehen dürfen.
Das einzige, was man bis dahin irgendwie ändern muss, ist die Effizienz vor dem Tor. Der BVB war schon immer verschwenderisch mit seinen Chancen, aber was wir zur Zeit liegen lassen. ist das, was uns die Punkte kostet und zwar nicht nur – aber auch – im Spiel gegen die Bayern. Dieses Spiel hätte durchaus 4:3 ausgehen können.
Dabei dürfte man vielleicht auch mal darüber nachdenken, Aubameyang die eine oder andere Pause zu gönnen und Isak öfter spielen zu lassen, der gegen Magdeburg eine sehr gute Vorstellung abgeliefert hat. Und wer weiß, vielleicht kann ein unbekümmert aufspielender Junge, der diesen Druck noch nicht hat, mit ein paar Toren den Bann brechen, damit auch die Aubameyangs, Yarmolenkos, Kagawas und Castros wieder merken, dass es gar nicht so schwierig ist, das Ding im Netz zu versenken…
In dem Sinne: Kopf hoch, Borussia! Das wird schon wieder!
Unsere Fotostrecke zum Spiel gibt es wie gehabt auf unserer BVB-Fotoseite unter diesem Link.
Statistiken
Borussia Dortmund: Bürki – Bartra, Sokratis (42. Toljan), Toprak, Schmelzer – Weigl, Castro – Yarmolenko (80. Sancho), Kagawa (68. Götze), Pulisic
– Aubameyang
Bayern München: Ulreich – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba (74. Rafinha) – Martinez (80. Rudy) – Rodriguez (83. Vidal), Thiago – Robben, Lewandowski, Coman
Tore: 0:1 Robben (17., Rodriguez), 0:2 Lewandowski (37., Kimmich), 0:3 Alaba (67., Rodriguez), 1:3 Bartra (88., Castro)
Gelbe Karten: Schmelzer, Toprak – Alaba, Martinez
Zuschauer: 81.360 (ausverkauft)
Nadja, 05.11.2017