Vom Angstgegner zum Duell auf Augenhöhe
Borussia Dortmund gegen Real Madrid. Da denke ich an auf großartige Weise bewiesene „cojones” und legendäre Flutlichtabende im Westfalenstadion. Zu Zeiten, als die rosarote Fußballwelt noch nicht so viele rabenschwarze Farbkleckse vorzuweisen hatte.
In den letzten neun Jahren spielten der beim ersten Aufeinandertreffen frisch gebackene Weltpokalsieger und der Rekordmeister aus Spanien zehn Mal gegeneinander. Besonders bedeutend? Der Ballspielverein hat im heimischen Stadion davon kein einziges Spiel verloren! Allerdings konnte auch kein einziges Auswärtsspiel im Santiago Bernabéu gewonnen und nur ein Unentschieden errungen werden. In der Gruppenphase trafen die Mannschaften allerdings nur ein einziges Mal aufeinander, wobei die Borussia dieses Aufeinandertreffen für sich entscheiden konnte. Doch das sollte nicht das letzte Mal in dieser Saison sein, dass man nach Madrid reiste. Denn sowohl in der Vorrunde als auch im legendären Halbfinale, dem der Einzug in das große deutsche Champions-League-Finale folgte, ging es für die Borussen nach Spanien und umgekehrt.
Im Halbfinale dann das legendäre 4:1. Vier Mal schepperte es im spanischen Kasten, vier Mal hieß es „Torschütze der Spieler mit der Nummer 9, Roooobert...” Lewandowski spielte sich in einen Rausch, der die Tribünen mehr als wach rüttelte und vermutlich auch genauso effektiv wieder aufs Feld zurückgetragen wurde. Jeder, der bei der Aufforderung zum Hüpfen stehen blieb, wurde trotzdem von den Bewegungen des Bodens nach oben katapultiert. Der große Rekordmeister Madrid wurde schwindelig gespielt durch ganz ganz großen Fußball. Ach du scheiße, wir waren nach zwei grandiosen Meisterjahren im Finale!
Morgen, knapp zweieinhalb Jahre später, treffen wir ungewohnt früh auf den größten Gegner unserer Gruppe. Oder sollen wir eher sagen, den einzig ernstzunehmenden? Nein, das klingt definitiv zu abgehoben. Ich würde eher sagen, aus dem Angstgegner Madrid ist einer auf Augenhöhe geworden. Also Augenhöhe in seiner ursprünglichsten Form, nicht in der eines einflussreichen Mannes aus der Nachbarstadt. Und dieses Mal wird es ein anderer Name sein, denn Spieler kommen und gehen. Vielleicht ja der spanische Zauberjunge oder sein französischer Kumpel Dembélé? Doppelpack Auba? Vielleicht auch derjenige, dessen Umfeld vor drei Jahren, einen Tag vor dem wichtigen Spiel gegen selbigen Gegner, meinte, dass jetzt ein großartiger Zeitpunkt zur Veröffentlichung des Transferhammers sei. Wer erinnert sich nicht an die Schreckensmeldung am Tag zuvor, als sich einer gen Süden verabschiedete, der kurze Zeit zuvor sein Trikot noch inniger küsste als die eigene Freundin. Dass das erst der Anfang war und ihm auch der Mann des Abends, Robert Lewandowski, folgen würde, wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Aber zurück zum Thema. Wir werden es sehen. Das Wichtigste ist, dass die beachtliche Heimquote aufrechterhalten und im spanischen Fußballtempel nachgelegt wird. Denn die legendärsten Spiele wurden nicht mit einem 200 Millionen schweren Kader gewonnen. Nie.
Nach vier grandiosen Abräumern (21:2 Tore, eeeinundzwanzig zu zwei!) müsste der Selbstbewusstseinstank eigentlich aufgefüllt sein, um auch diesen Gegner in die Schranken zu weisen. Freunde, die Bude muss kochen. Brennen. In Flammen stehen. Madrid soll sich fürchten vor der Hölle Westfalenstadion! Also los, lasst uns gemeinsam für die drei Punkte kämpfen. Lasst uns das alte Gestein zum Beben bringen. Für die Mannschaft, für uns, für Dortmund.
Michi, 26.09.2016