Für (fast) 'n Zwanni nach Bad Cannstatt
Hallo.
Ich habe ein Problem. Mein Verein steht im DFB-Pokalfinale, ist Zweiter in der Tabelle der ersten Fußballbundesliga und der Vorsprung auf den Tabellendritten beträgt 20 Punkte. Da diese Begegnung also an Dramatik nicht-nicht zu überbieten ist, stellt sich mir die Frage: Was schreibt man da? In einem Vorbericht hat irgendwas mit Taktik und Statistik zu stehen, dazu fehlt mir allerdings das nötige Talent. Außerdem kann man die auch bei den gängigen Fußball(online)magazinen nachlesen - und von anderen abschreiben fand ich in der Schule schon uneffektiv. Man könnte stattdessen also den Gegner ein wenig bepöbeln. Das ist unseriös. Aber auch gut für das Selbstbewusstsein, habe ich mir sagen lassen.
An Stuttgart finde ich genau zwei Dinge schön. Da ist zum einen das große "Don't refuse Beer" Graffiti auf den Straßen der Bad Cannstätter Umgebung. Sieht ganz lustig aus, ist groß und bunt. Das zweit- und somit letztschönste an Stuttgart ist die Autobahnauffahrt, die uns zurück nach Hause führt. Ach. Halt, Stop. Ein drittes natürlich noch: Kevin Großkreutz. Der ist aber nicht da, genauso wie Neven Subotic, Ilkay Gündogan und Pierre-Emerick Aubameyang auf unserer Seite. Auf Stuttgarter Seite sitzt ein ehemaliger Bekannter, Mitch Langerak, auf der Bank. Ansonsten ist die Liste der Nicht-Anwesenden dort ordentlich gefüllt.
Aber zurück zu meiner eigentlichen Intention: Ich finde Stuttgart doof. Man kommt an, ärgert sich mit launigen Schwaben und Menschen rum, die einmal im Jahr zum Fußball fahren, denen aber automatisch der ganze Block gehört, weil sie Heimrecht haben und fährt irgendwann wieder nach Hause. Da kommt es mir ganz gelegen, dass die Freunde aus Cannstatt nur noch zwei Punkte Abstand auf den Relegationsplatz haben. Wobei ich sagen muss, dass ich an Stelle von Stuttgart sehr sehr sehr sehr ungern das Produkt aus dem fernen Osten Deutschlands in der Liga und erst recht im Westfalenstadion begrüßen würde. Mit Blick auf große Namen auf den Abstiegsrängen der ersten Bundesliga und einen umso kleineren auf den Aufstiegsplätzen der zweiten Liga wird mir einfach schlecht. Aber das ist ein anderes, ziemlich viel Futter fürs Meckern bietendes Thema.
Aber auch abseits des Geschehens auf dem Platz sind mir die Stuttgarter in einem anderen, fanpolitisch wichtigen Themenbereich negativ aufgefallen: Und zwar ist es die offensichtliche Neigung zu Komplexen seitens des Stuttgarter Fanausschusses. Was geht in den Köpfen der Menschen vor, die eine Aktion, aus der sie selbst positiven Nutzen ziehen könnten, als Provokation aufnehmen? Die Rede ist von einer geplanten Demonstration des Fanbündnisses "Kein Zwanni - Fußball muss bezahlbar sein!", die nach oben genanntem Vorwurf abgesagt wurde. Ich wiederhole mich gerne: eine Aktion, die im Sinne ALLER Fans ist, ob blau, grün, rot oder gelb, Sitzplatzbevorzuger oder Stehplatzfanatiker. Denn der VfB sieht es auch nach der letzten Protestaktion unsererseits im DFB-Pokal immer noch nicht ein, von seinen unmenschlichen Ticketpreisen abzusehen. Warum auch, die Idioten zahlen die 89€ für den teuersten Sitzplatz doch. Wenigstens kommt uns an dieser Stelle der eigene Verein entgegen, indem er von den 6€ Vorverkaufsgebühren absieht. Das ist löblich, bringt uns an dieser Stelle aber auch nicht weiter. Deshalb ist es unabdingbar, an den Protesten festzuhalten und gemeinsam für faire Ticketpreise zu kämpfen, bis man es auch in Stuttgart eingesehen hat.
Auch wenn es um nicht mehr viel zu gehen scheint, hoffe ich, dass jeder morgen motiviert ist, an die stimmungstechnisch guten Ansätze in Berlin am vergangenen Mittwoch anzuknüpfen und der Mannschaft den nötigen Schwung zum Sieg mit auf den Weg zu geben.
"Und ist das Spiel gewonnen, dann kann man es versteh'n..."
Michi, 22.03+1.2016