Übers Traumlos ins Halbfinale
Ach Liverpool, das Zuhause der Scouser, der Fußballträumer und Musikliebhaber – es gibt einen Haufen Gründe warum einem bei der Stadt im Nordwesten Englands, umschlungen von der Mersey, das Herz höher schlagen sollte. Klar, Liverpool, als alte Arbeiterstadt, ist nicht so schick wie London und nicht so sonnig wie Brighton, aber mit seinem Charme und seiner Ehrlichkeit seinem Gegner aus Dortmund ähnlicher als man im ersten Moment vielleicht vermuten mag. Daher überrascht es einen auch nicht, dass bei der Losung das Herz des gemeinen Fußballfans gleich den ortsansässigen Kardiologen in Unruhe versetzte.
Liverpool und Dortmund, da gibt es viel zu erzählen, in vielen Erinnerungen zu schwelgen. Dortmund und Liverpool - ja, es gibt nach der Perle Porto wahrlich schlechtere Lose. Neben der offensichtlichen Parallele, dass beide Städte als Städte des arbeitenden Mannes bekannt sind und die Menschen dort neben dem grauen Alltag schon früh dem Sport zugewandt waren, begann die gemeinsame Geschichte beider Vereine schon viele Jahre zuvor.
„Damals, 1966, in Glasgow…“, davon können vermutlich nicht allzu viele Fans aus eigener Erfahrung erzählen, und doch weiß doch eigentlich jeder, dass wir im Jahre 1966 Sieger des Europapokals der Pokalsieger waren. „Das Wunder von Glasgow“ - Borussia Dortmund nahm damals als DFB-Pokalsieger aus der BRD teil, der FC Liverpool hatte im selben Jahr den FA Cup gewonnen. Nachdem sich Dortmund bereits im Halbfinale gegen den englischen Titelverteidiger West Ham United durchgesetzt hatte, traf man im Finale im Hampden Park mit dem FC Liverpool abermals auf einen Verein aus dem Vereinten Königreich. Und dieser Verein war nicht irgendein Verein: Trainer vom FC Liverpool damals war kein geringerer als Bill Shankly, der mit seinem legendären Zitat „some people believe Football is a matter of life and death. I’m very disappointed with that attitude. I can assure you it is much more important than that.” sicherlich in dem einen oder anderen Augenblick schon einmal den Nerv eines jeden Fußballfans getroffen hat. Den Nerv unserer Borussen hatte er definitiv nicht getroffen als er wenig wertschätzend „Borussia Dortmund – wer ist das denn?“ herausposaunte. Wer Borussia Dortmund war, sollte er kurze Zeit später erfahren. Schaffte es Liverpool in der regulären Spielzeit noch den 1:0 Rückstand auszugleichen, schoss Reinhard Libuda die Schwarzgelben in der Verlängerung zum 2:1 Sieg. Ein großer Tag in der Geschichte des Ballspielvereins, der in Dortmund sicherlich mit literweise Pils gefeiert wurde.
In den darauffolgenden Jahren wurde es ruhiger um beide Vereine. Bis zum nächsten Aufeinandertreffen sollten fast 40 Jahre vergehen ehe man sich in der Gruppenphase der Championsleague 2001 wiedertraf. Diese Aufeinandertreffen waren allerdings von geringerem Erfolg gekrönt. So half auch das wunderbare Datum 19.09 nichts und der Ballspielverein trennte sich Zuhause vom FC Liverpool mit einem torlosen Remis. Auch an der Anfield Road blieben die Schwarzgelben glücklos. Die 2:0 Niederlage in Liverpool war mitunter ein Grund, warum Dortmund sich zum Winter aus der Championsleague verabschieden musste, dafür aber den Weg ins Uefa-Cup Finale antreten durfte. Es wäre schön, wenn der FC Liverpool auch diesmal nur eine Station auf dem Weg ins Finale darstellen würde, wenn auch bitte mit unterschiedlichem Ausgang: sowohl im direkten Duell als auch im potentiellen Finale.
Und dann ist da noch Liverpools aktueller Trainer: als Jürgen Klopp im April 2015 seinen Abschied aus Dortmund verkündete, blieb in Dortmund für einen Moment die Welt kurz stehen. Zu intensiv und zu schön waren die vergangenen sieben Jahre gewesen, um diesen Trainerabschied einfach so hinzunehmen. Sicher, die vergangene Saison war alles andere als optimal gelaufen und im Nachhinein war Klopps Entscheidung sicherlich die einzig Richtige. Und trotzdem bleibt da dieses komische Gefühl, wenn der vertraute Mensch, der mit seinen Sprüchen und Gesten viele BVB-Fans jahrelang verzückt hat, am Donnerstag plötzlich auf der anderen Bank im Stadion platznimmt. Ähnlich wie in Dortmunds erstem Jahr, schwächelt Klopps Liverpool momentan noch im Mittelfeld der Tabelle und ist aktuell sechs Punkte von einem (unrealistischem) internationalen Tabellenplatz entfernt. Für Liverpool ist der Gewinn der Euroleague neben der offensichtlichen Bedeutung also auch für eine zukünftige internationale Beteiligung von Wichtigkeit. Auf die leichte Schulter nehmen sollte man diese Begegnung also nicht.
Zum Schluss bleibt neben der offensichtlichen Erkenntnis, dass man Liverpool aus dem Stadion fegen muss, die recht hohe Gewissheit, dass da ein Verein ins Westfalenstadion kommt, der leidenschaftliche Fans mit sich bringt, die ihren Verein, der nach dem Gewinn der Championsleague im Jahre 2005 auf einen weiteren Titel wartet, bedingungslos unterstützen und sich auch in Sachen Fanpolitik in England für ihren Verein und ihre Liga starkmachen. Es gibt wahrlich schlechtere Voraussetzungen für einen glorreichen Abend auf europäischer Bühne.
So könnten sie spielen:
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Piszczek – Bender – Hummels – Schmelzer – Weigl – Gündogan – Reus – Castro – Mkhitaryan - Aubameyang
FC Liverpool: Mignolet – Clyne – Lovren _ Sakho – Alberto – Can – Hender – Lallana – Roberto – Coutinho - Sturridge
Schiedsrichter: Carlos Velasco Carballo
Westfalenstadion: ausverkauft
Ida, 06.04.2016