Langweile gegen Elend
Es gibt diese Saison als Fan von Borussia Dortmund wenige Beschwerden. Das eine Trainingslager in Dubai hier, standardmäßig erhobene Topspielzuschläge da, eine unnötige Niederlage hin und wieder gegen Hamburg oder Köln (alten Freunden muss man schließlich helfen). Ansonsten gibt es schöne Spiele, viele Siege und großartigen Offensivfußball, manchmal garniert mit einem Abwehrschnitzer, um die Spannung aufrechtzuerhalten.
Das einzig Nervige, das sich allerdings wie ein roter Faden durch die Saison zieht, ist die schleichend wachsende Langeweile. Platz eins ist zementiert von den Bayern. Ein professioneller Mafiamörder könnte keinen besseren Beton anrühren, als den, der die Bayern auf Platz eins festhält. Und dahinter, mit dem nötigen Sicherheitsabstand, folgt der BVB. Dann kommt sehr, sehr lange gar nichts. Und danach beginnt der Abstiegskampf, sozusagen. Womit wir bei unserem Gegner wären. Der befindet sich nämlich in der langen Liste der Vereine, die hinter dem BVB stehen, am weitesten entfernt. Und wäre das nicht schon schlimm genug, haben die Hannoveraner auch noch Kind und jede Menge Verletzungspech.
Gleich acht Spieler fehlen Schaaf, darunter auch bekannte Namen wie Kiyotake, Szalai, Andreasen, Almeida, Schulz und – wie passend – Sorg. Dazu kommt, dass die Niedersachsen mit einer vernichtenden Serie von sechs verlorenen Spielen nach Dortmund reisen und mittlerweile schon fünf Zähler hinter dem Relegationsplatz stehen. Es ist dunkel im Tabellenkeller und in Niedersachsen gehen langsam die Lichter aus.
Für den BVB bedeutet das vor allem eines: alles andere als ein hoher Sieg wäre eine Enttäuschung und wie schnell solche Spiele dann in die Hose gehen können, hätten wir beinahe beim letzten Heimspiel gesehen. Die Erwartungshaltung ist hoch, die Spannung ist gering und Unmut macht sich schnell breit, wenn es nicht läuft wie es sollte. Das ist kein Vorwurf an Mannschaft oder Fans, es ist eine sehr menschliche Reaktion, wenn es gefühlt um wenig geht. Dabei müssen wir uns eigentlich nur eines vor Augen führen: Es gab in nicht allzu ferner Vergangenheit Momente, da schien ein fünfter Platz wie ein Traum, dennoch beschweren wir uns kaum ein halbes Jahr später über den zweiten Platz, nur weil es kein erster Platz ist.
Es ist gerade einmal ein Jahr her, da hatten wir den Platz inne, den Hannover momentan so gerne abgeben würde. Vor der Fahrt nach Freiburg im Februar 2015 hatte ich noch gepostet „Wir fahren weit, wir fahren viel, wir verlieren jedes Spiel.“ Das könnte gefühlt gerade nicht weiter weg oder länger her sein. Seither haben wir die Europa League-Qualifikation noch geschafft, sind im Pokalfinale gewesen, fahren dieses Jahr wieder mindestens einmal extra nach Berlin und sind in der Europa League auch auf Kurs. Und in der Bundesliga haben wir diese Saison sogar mehr Tore gesehen als die Bayernfans! Vor allem die Offensive macht im Moment einfach unglaublich Spaß beim Zusehen und vielleicht sollten wir nur genau das tun: Unbeschwert genießen.
Volle Offensive, Spaßfußball, ein bisschen Selbstironie und Feststimmung auf den Rängen. Ein zweiter Platz ist immerhin ein zweiter Platz!
Ich fang dann schon mal an.
„Wer wird Vizemeister? BVB Borussia! Wer wird Vizemeister? Borussia BVB!“
So könnten sie spielen
Zukünftige Vizemeister: Bürki - Piszczek, Sokratis, Hummels, Schmelzer - Weigl - Gündogan, Castro - Mkhitaryan, Reus – Aubameyang
Kellerkinder: Zieler - Sakai, Milosevic, Felipe, Prib - Gülselam, Schmiedebach, Sané - Karaman, Bech - Sobiech
Schiedsrichter: Perl
Stadion: Westfalenstadion, fast ausverkauft
Nadja, 12.02.2016