Ein leichter Aufgalopp in Trier
Mittlerweile elf Jahre nach der letzten Erstrundenniederlage des BVB im DFB-Pokal lässt sich konstatieren: Der Nervositätsgrad vor der ersten Runde ist überschaubar. Das "erste Pflichtspiel der Saison" (so Thomas Tuchel in der ARD, mit der einzig richtigen Einstellung zum Supercup letzte Woche) dient eher einem letzten Test unter verschärften Bedingungen denn einer echten Standortbestimmung. Zu dominant tritt der BVB im Pokal auf, als dass sich der offensichtliche Qualitätsunterschied zwischen Bundesliga und Dritter Liga bzw. Regionalliga nicht deutlich manifestieren würde.
In Trier dauerte es dieses Jahr schlanke acht Minuten, ehe die Messe bereits gelesen war. Nachdem der erste zaghafte Angriff der Hausherren abgefangen war, wurde der agile Schürrle über links gen Strafraum geschickt. Sein präzises Anspiel auf Aubameyang wurde vermutlich von einem Trierer Abwehrspieler (ganz genau war es nicht zu erkennen) in Richtung Elfmeterpunkt geklärt, von wo aus der durchgelaufene Kagawa den Ball nur noch ins Netz schieben musste. Und die restlichen 82 Minuten sahen nicht anders aus: Bis zur Pause legte Borussia zwei weitere Tore nach, und auch wenn es am Ende beim Halbzeitstand von 3:0 blieb, waren die zweiten 45 Minuten eigentlich noch weitaus dominanter. Chance um Chance wurde herausgespielt, und insbesondere der glücklose Aubameyang traf am Ende dreimal Pfosten oder Latte.
Interessanter als eine Beschreibung, was in welcher Minute geschah, ist von daher, wie der BVB seine Dominanz auf den Platz brachte. Zu Beginn agierte Borussia bei Ballbesitz (also fast immer) in einem 3-4-3, in dem sich Rode neben den beiden Innenverteidigern Bartra und Sokratis um den Spielaufbau aus der letzten Reihe bemühte. Davor agierten auf Außen die Pärchen Schmelzer/Schürrle (links) bzw. Passlack/Dembélé (rechts) sowie zentral Kagawa und Castro. Ziel war offenbar aus einer sehr breiten Formation und durch viel Bewegung der Spieler ohne Ball Lücken im Trierer Abwehrverbund zu reißen. Sofern dies passiert war, reichte oftmals ein präziser Ball nach vorn, um eine gute Möglichkeit zu kreieren. Beim ersten Pfostenschuss Aubameyangs war dies ein Pass von Bartra, bei den beiden weiteren Toren waren es Pässe von Castro bzw. Dembélé in die Spitze, aus denen am Ende die Tore resultierten. (Beim zweiten Treffer ließ Schürrle intelligent für Kagawa durch, das 3:0 bereitete Aubameyang mit einer herrlichen Flanke auf Schürrle vor.)
Auf die Spitze getrieben wurde dieses Prinzip Mitte der zweiten Halbzeit, als Rode durch Mor und Dembéle durch Guerreiro ersetzt worden waren. (Kurz nach der Pause hatte Ramos bereits den Platz des angeknockten Schürrle eingenommen.) In der hintersten Linie waren nur noch Bartra und Sokratis zu finden, während sich davor bis zu sechs Mittelfeldspieler nach Belieben (abgesehen von Schmelzer und Passlack, die ihre Positionen auf außen hielten) bewegten. Insbesondere Mor sorgte dabei für auffällig viel Wirbel und bereitete auch gute Gelegenheiten für die beiden Stürmer Aubameyang und Ramos vor, wenn er sich mal vom Ball trennen wollte. Etwas weniger auffällig war der Europameister aus Portugal, wobei man durchaus erkennen konnte, dass Guerreiro nicht bloß als reiner Linksverteidiger eingeplant ist, sondern auch im linken Mittelfeld zum Einsatz kommen kann.
Dieser Variantenreichtum wird uns vermutlich auch in den nächsten Spielen erhalten bleiben. In verschiedenen Systemen mit verschiedenen Schwerpunkten zu agieren scheint vermutlich der beste Weg zu sein, um einen großen Kader bei Laune zu halten, auch wenn gegen Mainz am Wochenende mit keiner großen Umstellung zu rechnen sein dürfte. Die meisten EM- und Olympia-Fahrer werden eher eine untergeordenete Rolle spielen. Nach der Länderspielpause werden die Karten neu gemischt.