BVB in Saloniki: Oxi zur Krisen-Stimmung
Donnerstag Abend geht es für unseren geliebten Ballspielverein endlich wieder ums Wesentliche. Das hat der BVB nach den lächerlichen verbalen Scharmützeln der vergangenen Tage auch bitter nötig. Hummels meckert, Tuchel kontert, Großkreutz mischt sich auch noch ein und Watzke setzt einen oben drauf. Und das alles, weil sich die Borussia doch tatsächlich erdreistete nach fünf Siegen in Serie nun zwei Mal unentschieden zu spielen.
Doch all das ist am Donnerstag vergessen. Dann gibt es 90 Minuten Vollgasveranstaltung in Saloniki. Flutlicht. Hexenkessel. Es riecht schon förmlich nach einem dieser spektakulären Europapokalabende, die uns der BVB in den vergangenen Jahren regelmäßig bescherte. Mit einem Sieg würde Dortmund schon einen großen Schritt Richtung K.o.-Runde machen. Doch die Partie bei PAOK wird weder für die Fans noch für die Spieler ein Spaziergang. Während sich die Anhänger an strengste Sicherheitsvorgaben halten müssen, um von griechischen Vollidioten nicht unnötig zu kassieren, müssen sich die Dortmunder Spieler strengstens an die taktischen Vorgaben ihres Trainers halten, um vom griechischen Gegner nicht unnötig zu kassieren. Und da hilft es auch nicht gerade, dass Thomas Tuchel mit Mats Hummels, Papa Sokratis, Ilkay Gündogan, Shinji Kagawa und Pierre-Emerick Aubameyang fünf Leistungsträger mit Hinblick auf das anstehende Bundesliga-Spiel beim FC Bayern zuhause ließ. "Wir haben uns entschieden, diesen Schritt zu gehen, weil wir wissen, dass wir in beiden Spielen voll gefordert sein werden. Wir brauchen eine frische, eine topfitte Mannschaft in beiden Spielen", so Tuchel.
Wer ist eigentlich PAOK Saloniki?
Die zu Recht warnenden Vorberichte in Bezug auf die mangelnde Gastfreundschaft einiger PAOK-Fans haben mächtig davon abgelenkt, dass am Donnerstag in Saloniki auch noch Fußball gespielt wird. Und da stellt sich dem deutschen Fußballfan, der die griechische Liga nicht wirklich intensiv verfolgt, natürlich zwangsläufig die Frage: Wer ist eigentlich PAOK Saloniki?
Zunächst ein wenig Geschichtsunterricht: Die Abkürzung PAOK steht für Panthessalonikischer Sportklub der Konstantinopler. Denn im Jahr 1926 wurde der Verein von Flüchtlingen des damaligen Konstantinopel gegründet. Rasch entwickelte sich eine große Feindschaft zum Lokalrivalen Aris, die bis heute anhält. Die beiden Clubs aus Saloniki pflegen aber nicht nur Feind-, sondern auch Freundschaften. So sind die heißblütigen PAOK-Fans eng mit den Ultras von Partizan Belgrad befreundet, und die Ultras von Aris...nunja, ihr wisst schon.
In seiner 89-jährigen Geschichte gewann PAOK zwei Mal die griechische Meisterschaft und vier Mal den nationalen Pokal. Vor zehn Jahren geriet der Club in finanzielle Schwierigkeiten. Dank der Übernahme durch den russischen Investor Ivan Savvidis blieb PAOK jedoch konurrenzfähig. In der vergangenen Saison belegte das Team den 3. Platz und durfte schon ab der 2. Quali-Runde in die Europa League einsteigen. Nach Siegen gegen Lokomotiva Zagreb, Spartak Trnava (Slowakei) und Bröndby IF (ebenfalls Fanfreundschaft mit diversen Dortmundern...) erreicht PAOK die Gruppenphase. In der heimischen Liga liegt der Club nach zuletzt drei Siegen in Serie auf dem 3. Platz hinter Serienmeister Olympiakos Piräus und deren Erzfeind Panathinaikos Athen.
Viele bekannte Gesichter bei PAOK
Ein Blick in den Kader beschert ein Wiedersehen mit einigen alten Bekannten. Den Anfang macht der Trainer: Igor Tudor. Anfang der 2000er Jahre verbreitete der bullige Kroate als Defensiv-Allrounder bei Juventus Turin Angst und Schrecken bei allen Spielmachern und Stürmern Europas. Im Tor steht mit Robin Olsen ein junger Keeper, der mit soliden Leistungen den Sprung in die schwedische Nationalmannschaft schaffte.
Hinten spielt PAOK meist mit einer Dreier-Kette. Diese bilden der Ex-Frankfurter Giorgios Tzavellas, der Ex-Wolfsburger Ricardo Costa und Costas Landsmann Miguel Vitor. Davor spielen die beiden defensiv ausgerichteten Sechser Erik Sabo und Alexandros Tziolis, der 2009 kurz bei Werder unter Vertrag stand. Auf den Flügeln wirbeln die schnellen Garry Rodrigues auf links und Stelios Kitsiou oder Dimitrios Konstantinidis auf rechts. Bei Ballbesitz des Gegners übernehmen die Außenspieler oft den Part des Außenverteidigers. Im Sturm spielt der frühere Nürnberger Robert Mak an der Seite von Kapitän Stefanos Athanasidis. Athanasidis ist Publikumsliebling und so etwas wie der Star der Mannschaft. Der 26-Jährige stammt aus der PAOK-Jugend und hat in bisher 225 Spielen für den Verein 88 Mal getroffen.
Bei engen Partien bringt Trainer Tudor in der Schlussphase gerne seine Geheimwaffe: Dimitar Berbatov. Der Stürmer, der einst für Bayer Leverkusen und Manchester United auf Torejagd gegangen war, wechselte im Sommer vom AS Monaco zu Saloniki. Am vergangenen Wochenende bewies der 34-Jährige, dass er es immer noch drauf hat. Beim Stand von 0:1 wurde er in der 2. Halbzeit eingewechselt und trug mit einem Treffer dazu bei, dass PAOK noch 2:1 bei Atromitos Athen gewann. Vor dem Bulgaren warnte Tuchel besonders: "Er war schon immer ein schlauer Spieler. Ich fürchte, er ist noch schlauer geworden. Ich war immer ein großer Fan von ihm, als er bei Bayer Leverkusen war."
Der BVB ist klarer Favorit
Der Spielstil der Mannschaft von Trainer Igor Tudor ist der, den ihr der Trainer in seiner aktiven Zeit vorgelebt hat. Die Griechen spielen mit viel Kampf, Herz und Leidenschaft. Sie rennen bis zum Umfallen und sind der viel zitierte unangenehme Gegner. Doch mit der feinen Klinge wird bei PAOK selten gespielt, was nicht weiter wundert, wenn dort Spieler einen Stammplatz erhalten, die zuvor bei Frankfurt und Bremen ausgemustert wurden. Die sogenannten Highlights des 0:0 zum Europa-League-Auftakt beim FK Qäbälä zählen zum Traurigsten, was der Europapokal jemals hervorgebracht hat.
Also machen wir uns nichts vor. Bei allem gebührenden Respekt vor dem Gegner geht der BVB als Favorit in die Partie und will mit einem Sieg nicht nur das Tor zur K.o.-Runde sperrangelweit aufstoßen, sondern nach den Meckereien zuletzt auch ein wenig Balsam auf die Seele schmieren. Und da ist es auch egal, ob die eben bereits angesprochenen Leistungsträger nicht mit nach Saloniki fliegen. Wenn stattdessen Neven Subotic, Matthias Ginter, Gonzalo Castro, Jonas Hofmann, Adnan Januzaj oder Adrian Ramos auflaufen, bietet der BVB immer noch eine Mannschaft auf, die größte Chancen hat, PAOK zu besiegen. Thomas Tuchel freut sich jedenfalls "sehr, dass diese Chance jetzt da ist. Sie haben alle stark trainiert, jetzt gibt es die Gelegenheit, sich zu zeigen und sich zu beweisen."
So könnten sie spielen:
PAOK Saloniki: Olsen – Tzavellas, Costa, Vitor – Tziolis, Kace – Rodrigues, Pelkas, Konstantinidis – Mak, Athanasidis
Dortmund: Weidenfeller – Schmelzer, Subotic, Ginter, Piszczek – Bender, Castro – Mkhitaryan, Reus, Hofmann – Ramos
Ort: Toumba Stadion, Saloniki
Schiedsrichter: Anthony Taylor (England)