Das erste von zwei Endspielen
Es war ja wieder klar. Einfach kann ja jeder. Normal können ja die anderen. Mit bedeutungslosen Spielen die Bundesliga-Saison beenden? Nicht mit Borussia. Oder mal nur eine einzige Sache haben, die im letzten Spiel der eigentlich ja doch ziemlich verkorksten Bundesliga-Saison gegen Werder Bremen im Vordergrund steht? Nee, nicht mit dem Ballspielverein. Stattdessen erwartet den BVB-Fan wieder ein Wechselbad der Gefühle. Das letzte Heimspiel von Jürgen Klopp, der eine Ära in Dortmund prägte. Das letzte Heimspiel eines in den Worten dieses Jürgen Klopp großen Borussens, der nach 13 Jahren Ballspielverein nun auch sein verdientes Karriereende anstrebt. Reicht? Mit nichten. Stattdessen ist BVB – Werder auch noch eines von zwei absoluten Endspielen für Borussia. Es geht um nicht weniger als Europa. Klasse. Und wie kriegen wir das alles nun in einen einzigen Vorbericht? Versuchen wir es mal…
Zuerst: das Sportliche
Bringen wir den sportlichen Teil als erstes hinter uns. Jürgen Klopp sagte es schon sehr treffend auf der Pressekonferenz zum Spiel gegen Bremen: Wer hätte nach dem Auswärtsspiel bei Werder am 17. Spieltag erwartet, dass wir am Ende der Saison noch ein Endspiel um den Einzug in die Europa League im Westfalenstadion sehen werden? Auch, wenn man es häufig vielleicht vergessen mag: man hat es letztlich souverän und erstaunlich schnell geschafft, sich aus dem Abstiegskampf zu verabschieden. Bis letzte Woche hatte man sogar noch die Chance, vor den blauen Nachbarn zu landen. Klar, diese Spielzeit wird nicht mehr als die erfolgreichste der letzten Jahre in die Geschichte eingehen, aber manchmal wirkt es doch noch recht unwirklich, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass man vor gar nicht allzu langer Zeit doch schon mit einem mehr als mulmigen Gefühl auf die Tabelle blickte und sich Sorgen um den Verein machen musste. Diese Zeit ist jedoch schon länger vorbei und mit dem Erreichen der Europa League hat man nun die Chance, die Saison noch versöhnlich zu vollenden (zunächst einmal völlig losgelöst von einem eventuellen Titelgewinn in Berlin). Zwar gibt es sicherlich Pro- und Contra-Argumente, was die Europa League angeht, doch der Verfasser dieser Zeilen hätte schon Bock auf Europa League in der kommenden Saison. Der BVB hat zwei Endspiele, um seine Chance auf Europa zu wahren beziehungsweise den Einzug perfekt zu machen. Eines davon sollte man nun wirklich nutzen. Gegen Werder reicht dafür bereits ein Unentschieden, was deutlich im Bereich des Möglichen sein sollte. Auch die Werderaner haben ja durchaus eine beeindruckende Serie hingelegt und sich vergleichbar mit den Schwatzgelben von Platz 18 in Richtung Europa begeben. Eine Saison ohne Abstiegssorgen hatte man in Bremen schon lange nicht mehr. Das soll als Erfolgserlebnis dann aber auch reichen, es kann ja nicht immer direkt Europa werden. Wurde es bei uns damals in Mönchengladbach ja auch nicht. Vielleicht ja nächstes ja, ihr Werderaner.
Noch dazu: der Capitano streicht die Segel
13 Jahre spielte Sebastian Kehl für Borussia Dortmund. Durch sämtliche Höhen, durch sämtliche Tiefen. Ein großer Borusse, der sich immer den Fans gestellt hat und immer zum Verein gehalten hat. Dies mag teilweise ein wenig in der ganzen Euphorie um den Klopp-Abschied untergehen, doch wir alle werden diese Tatsache am Samstag nicht vergessen. Mit Sebastian Kehl geht ein Mann, der in einem Atemzug mit Leonardo Dede genannt werden kann. Dieser wurde bekanntermaßen ja kürzlich noch im Westfalenstadion gefeiert, ganz genauso sollte unsere Nummer 5 am Samstag auch behandelt werden. Es wird kein einfacher Abschied (einfach sind Abschiede ja ohnehin nie), aber wir waren ja drauf vorbereitet (als würde das irgendwas ändern). Sebastian Kehl wird bereits vor dem Spiel verabschiedet – losgelöst von Klopp. Zumindest so sollte ja wohl sicher gestellt werden, dass auch die Südtribüne „Kehli“ den Abschied spendiert, den er sich verdient hat. Der Aufruf kann also nur lauten: Feiert diesen Mann! Es kommt nicht mehr sehr häufig vor, dass ein Spieler dem Verein über 13 Jahre die Treue schwört. Sebastian Kehl hat dies immer getan und alle Borussen verdanken dem ehemaligen Kapitän einiges – und noch weitaus mehr als das Pokalfinale in der kommenden Woche, das wir ohne Kehls Siegtor in der Viertelfinal-Verlängerung vielleicht auch nicht erreicht hätten.
Und wo wir gerade bei den Spielern sind: auch Roman Weidenfeller wird am Samstag im Tempel in der Startformation stehen. Irgendwie durchaus überraschend, nachdem Mitch Langerak in den letzten Wochen immer noch den Vorzug vor der eigentlichen Nummer 1 erhielt. Riecht es hier auch nach Abschied? Möglich wäre es, war in den letzten Wochen doch immer mal wieder zwischen den Zeilen in diese Richtung zu lesen. Sicherheitshalber sollte man also auch Roman Weidenfeller noch einmal gebührend feiern, bevor man nicht mehr die Chance dazu erhalten sollte. Denn auch er kann sich durchaus in einem Atemzug mit Sebastian Kehl nennen lassen, was Vereinstreue, Identifikationsbereitschaft mit dem Verein und das Gehen durch dick und dünn angeht. Ach, was soll‘s... Feiert einfach alle Borussen, dabei aber bitte die genannten eben besonders.
Ja, es ist auch das letzte Heimspiel von Jürgen Klopp
Es macht ja doch keinen Sinn, es zu verschweigen. Natürlich wird es auch das letzte Heimspiel von Jürgen Klopp. Muss ich an dieser Stelle wirklich noch erwähnen, was dieser Mann für den Verein geleistet hat? Ich denke nicht und erspare mir und euch noch einmal die Vielzahl der Gedanken, die mir jetzt direkt wieder durch den Kopf gehen, die Erinnerungen, die man mit dem Übungsleiter K verbindet, die Erfolge, die wir in den letzten sieben Jahren mit ihm feiern konnte und die legendären Interviews, Kommentare und Aussagen, mit denen er uns motiviert, zum Lachen und zum Weinen (Hallo Abschieds-PK!) gebracht hat. Klopp mag zwar gesagt haben, dass er sich verabschieden wird, wenn es soweit ist. Aber auch er wird wissen, dass er das Westfalenstadion am Samstag nicht verlassen können wird, ohne sich einmal oder (wahrscheinlicher) mehrmals gefeiert haben zu lassen. Diejenigen unter euch, die näher am Wasser gebaut sind, sollten also durchaus an das eine oder andere Taschentuch denken…
UND DENNOCH UND ZULETZT: FUSSBALL!
Ich weiß, ich habe den sportlichen Teil als erstes abgehandelt und mich dann um die Abschiede gekümmert. Man darf aber eine Sache – bei aller Liebe für die Leute, die uns nun verlassen werden – nicht vergessen: Im Vordergrund steht noch immer eine Sache: der Fußball. Ja, es ist das letzte Spiel von Klopp und Kehl. Ja, dieser Abschied wird nicht einfach und ja, wir alle werden wehmütig an diesen Tag zurückdenken. Aber in erster Linie ist es noch wichtig, die letzten drei Punkte der Bundesliga-Spielzeit einzufahren und die Bremer wegzuputzen. Für Europa! Für Sebastian! Für Jürgen! Und für Borussia! Außerdem ist es erst einmal die letzte Gelegenheit, das Westfalenstadion von innen zu sehen. Genießt es also noch einmal, bevor die Sommerpause stattfindet. Gründe, den Tempel am Samstag aufzusuchen gibt es also nun wahrlich genug.
Voraussichtliche Aufstellungen:
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Durm, Sokratis, Hummels, Schmelzer - Kehl, Gündogan - H. Mkhitaryan, Kagawa, Reus - Aubameyang
Werder Bremen: Casteels - Gebre Selassie, Prödl, Vestergaard, Sternberg - Bargfrede - Öztunali, Bartels - Junuzovic - di Santo, Selke
Schiedsrichter: Gräfe (Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!)
Ort: Westfalenstadion (restlos ausverkauft)
Vanni, 22.05.2015