Abstiegskampf und dann noch in Freiburg
Als wenn Abstiegskampf nicht schon schlimm genug ist, geht es jetzt auch noch ins kalte Freiburg im Breisgau. Alle Jahre wieder wird über die beste Art und Weise darüber nachgedacht, wie man die Fahrt möglichst kurzweilig gestaltet. Autotouren samt Outlet, mit Übernachtung, Busfahrt, WET oder nach Basel fliegen, gefühlt wurde schon alles ausprobiert und kein Weg ist so recht befriedigend, um in den Scheißgau zu kommen. Dieses Jahr gibt es mal einen ganz neuen Ansatz und so rollt ein Sonderzug von Dortmund aus gen Schwarzwald. Man kann gespannt sein, ob sich diese Form der Reise bewährt.
Aus den letzten Erfahrungen kann man bei gutem Wetter aber auch wirklich die Tour mit Übernachtung empfehlen. Die Stadt Freiburg ist eigentlich ganz schön, die Kneipenkultur ist dank der Universität gut ausgebildet und es gibt hässlichere Ecken in Deutschland. Letztes Jahr wurde diese Tour einem nur damit verleidet, dass man schon am Abend vor dem Spieltag die eigenen „szenekundigen Beamten“ in einer Freiburger Lokalität antraf – soviel zu der gnadenlosen Überarbeitung unserer Beamten. Das schränkt dann die Kneipenwahl doch ein. Man möchte schließlich auch mal als unbescholtener Bürger ein Bier ohne Beobachtung trinken können.
Ansonsten ist aber Freiburg an sich erlebenswert. Im Freiburger Nachtleben entdeckt man dann auch Orte, die man sich als Gastfan eigentlich gar nicht vorstellen kann. Gedrungene Gestalten und Ordnungswidrigkeiten allen Ortens. Das passt so gar nicht zu den Spieltagserfahrungen, bei denen man immer wieder den unglaublichen Spagat der Scheißgauer zwischen grüner Weltanschauung und konservativster Lebensgestaltung bestaunen kann. Dass man als auswärtiger Fan nicht als Gast gesehen wird, ist man bereits aus Freiburg gewohnt. Bataillone von hochgerüsteten Polizisten empfangen die Gästefans – respektive Barbaren, um sie dann in einen der ungemütlichsten Gästeblöcke der Liga zu pferchen. Natürlich gilt dort auch dieses Jahr wieder, dass das Bier spritfrei ist, große Schwenkfahnen verboten sind und auch ein Megaphon nicht eingesetzt werden darf. Zur Ehrenrettung des Vereins SC Freiburg muss man feststellen, dass vor allem das Ordnungsamt und die Polizei hier Auflagen machen. Doch eventuell hat das Elend bald ein Ende, denn die Freiburger Bürger haben für einen Neubau gestimmt. Dann haben auch die örtlichen Spießbürger endlich Samstag um 15:30 Uhr ihre Ruhe, um sich an ihrer Kleinbürgerlichkeit zu ergötzen.
Immerhin konnte Deutschland die letzten Wochen lernen, dass kritische Fankultur in Freiburg generell verpönt ist und so auch die heimische Kurve unter absurden Bedingungen arbeiten muss. Den Höhepunkt leisteten sich wohl Polizei und Ordnungsamt mit Betretungsverboten und Meldeauflagen, die in dieser Form in Deutschland quasi „Neuland“ sind. Dabei ging man dermaßen weitreichend vor, dass selbst die Regionalpolitik das Verständnis dafür verlor. Jeder, der mal in Freiburg beim Fußball war, fragt sich sowieso, woher dieses Gefährdungspotential bei der hiesigen Fanszene herkommen soll.
Wir BVB-Fans selber fahren wohl mit sehr gemischten Gefühlen nach Freiburg. Nach der Niederlage gegen Augsburg ist viel geschrieben, vermutet, spekuliert und auch gestritten worden. Es bleibt festzuhalten, dass bis Mittwoch das Dortmunder Umfeld sehr ruhig geblieben ist und auch gegen Augsburg bis Abpfiff die Unmutsäußerungen kaum wahrnehmbar waren. Doch nach dem Spiel war dann eben die Geduld bei großen Teilen zu Ende. Dabei war das Auftreten von Teilen der Mannschaft in den letzten Monaten und Wochen sicherlich suboptimal und beförderte die Unzufriedenheit und den Frust. Dass dieses Verhalten auch durch handelnde verantwortliche Personen beim BVB befördert oder zumindest hingenommen wurde, darf dabei nicht vergessen werden. Zumindest die Phrase von den super bodenständigen Jungs kann ich persönlich nicht mehr hören. Es ist mir auch egal, solange jetzt irgendwie das Ruder herumgerissen wird.
Es ist der BVB, der immer schon zählte und nicht irgendwelche Personen. Alles in allem ist diese Saison wohl mehr schief gelaufen als ein paar verletzte und müde Spieler. Doch es bringt alles nichts, korrigieren lässt sich das kurzfristig nicht mehr. Der Abstieg muss mit dem vorhandenen Material irgendwie verhindert werden. Dabei gilt auch, Absteigen ist scheiße. Punkt aus. Gerade das Gefasel von einem „Reinigungsjahr“ zweite Liga ist einfach neben der Realität. Einmal nachfragen bei Kaiserslautern, Köln oder Nürnberg, wie cool doch zweite Liga gegen Sandhausen, Heidenheim oder Aalen ist. Danach sollten sich solche Hirngespinste erledigt haben.
In Freiburg selber erwarten uns Temperaturen unter dem Nullpunkt und zur jetzigen Lage würde noch Schneeregen passen. Vom Spielermaterial wird definitiv Großkreutz fehlen. Auch für Sebastian Kehl und Sven Bender kommt das Spiel wohl zu früh. Wie sehr uns im Abstiegskampf kopfballstarke Kämpfernaturen wie die beiden fehlen, konnte man gegen Augsburg erahnen. Die Freiburger selber spielen immer noch ihren gewohnten Stil und haben sich mit Petersen von Werder Bremen verstärkt. So stehen in der Rückrunde ein deutlicher Sieg gegen die SGE und eine knappe Niederlage in der Hauptstadt der Bauern in Mönchengladbach zu Buche. Nicht die schlechtesten Ergebnisse für den Verein mit seinen limitierten finanziellen Mitteln.
So könnten sie spielen:
Weidenfeller - Sokratis, Subotic, Hummels, Schmelzer - Sahin, Gündogan - Kampl, Reus, Aubameyang, Immobile
Bürki - Sorg, Höhn, Torrejon, C. Günter - Darida, Frantz - Klaus, Schmid - Petersen, Möller Daehli
mrg, 06.05.2015